Mullet Compact Cargo Bike - 24" & 27,5

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Lastenrad
Omnium Classic Gravel Edt.
Nach langer Zeit des stillen Mitlesens möchte ich mein Schweigen nun brechen :D

Was macht ein Cargobike eigentlich aus bzw. was unterscheidet es von einem normalen Fahrrad? Meiner Meinung nach dürfen sich all jene Drahtesel zu den Lastenrädern zählen, bei denen die Erbauer bei der Konstruktion Wert auf ein gutes Fahrverhalten mit zusätzlicher Beladung gelegt haben.
Bei manchen Rädern, wie dem Omnium oder dem Bullit sieht man das direkt, bei anderen Rädern, behaupten böse Zungen, seien es nur Citybikes mit Frontrack.
Mein Entwurf zählt zu eben diesen.

Vorab zu mir: Ich bin 21 Jahre alt, studiere Maschinenbau, habe einige Zeit in Fahrradläden gearbeitet und bin nun Werksstudent bei einer Fahrradmanufaktur. Ende letzten Jahres fiel mir mehr oder weniger durch Zufall ein WIG Schweißgerät in die Hände und so nahm das alles hier seinen Lauf. Ich habe keinerlei Vorerfahrung mit Schweißgeräten (von ein bisschen MMA/E-Hand Gebrutzel mal abgesehen) und das Schweißen ist für mich ein ständiger Lernprozess. Falls also Profis unter euch sind - immer her mit Ratschlägen!

Warum ich dieses Projekt gestartet habe:
...lässt sich schwer sagen, ich vermute es war eine Kombination aus massiver Unvernunft, Unzufriedenheit mit den am Markt befindlichen Bikes und vielem mehr. Ich bin mit meinem Omnium absolut happy, allerdings ist es für mich eigentlich völlig überdimensioniert. In der Familie war schon lange der Wunsch nach einem kompakten Lastenrad für den täglichen Gebrauch (Wocheneinkauf, Pendeln zur Arbeit etc.).

Vor circa einem halben Jahr begann ich damit, mein Lastenheft für das Rad auszuformulieren:
  • Komfort durch breite Reifen, keine Federgabel o.ä.
  • Scheibenbremse (Magura MT5, da schon vielfach verbaut und bewährt)
  • aufrechte Sitzposition
  • viele unterschiedliche Fahrer -> Vario-Sattelstütze
  • Trapezrahmen
  • Kettenschaltung
  • Lichtsystem (im Prototypenstatus zu vernachlässigen)
  • HR Gepäckträger Tubus Logo
  • Abstellmöglichkeit durch Zweibeinständer
  • Mullet Bauweise: 24" Vorderrad, 27,5" Hinterrad
Dann folgte auch schon die wichtigste Frage: Wie groß soll das Frontrack werden? Orientiert habe ich mich hier an einer absolut anerkannten Normlast von einer Kiste Bier ;) Die ist auf einem "normalen" Rad in meinen Augen der Endgegner für die meisten Fahrer.

Also ab an den PC und RattleCAD anschmeißen.
Screenshot 2023-06-10 220247.png


So sah der Entwurf am Ende dann aus. Mir ist klar, dass sich der Schwerpunkt der Last durch das 24" VR stärker nach oben verlagert als z.B. beim Omnium Mini, aber das ist zu verkraften, da die Rollfähigkeiten des größeren VR diesen Nachteil wieder ausgleichen.

zur Ladefläche:
Screenshot 2023-06-10 220555.png
Screenshot 2023-06-10 220610.png


Dabei will ich es erstmal für heute belassen, was sagt ihr dazu?
 
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Yes! Ein neues Eigenbauprojekt! Ich liebe solche Themen, denn das verspricht immer spannend zu werden! :D

Was die Radgröße angeht, denke ich das 24 Zoll durchaus eine gute (und von der Industrie vernachlässigte) Laufradgröße ist.
Bei den Posträdern mit denen ich von Berufs wegen zu tun habe, hat sich die Kombination 24/26 durchgesetzt. Die Räder rollen dadurch gut ohne bei jeder Bodenwelle abzuheben, bleiben dank dem 24er Vorderrad gleichzeitig sehr wendig.

Wenn das Steuerrohr massiv genug ausgelegt wird, kommt der Gepäckträger auch ohne zusätzliche Verstärkung/Abstützung aus.
 
Hallo und willkommen!

Wie groß soll denn die Fertigungstiefe so sein?
Rahmen selbst bauen oder vorhandenen ändern? Fertigen Träger anschweissen oder selber bauen?
Es gibt hier einige Faden zu Bilenkey/Omnium, Omniklon usw. Rädern.
Z.B.:
PS: Wieso heißt das Mullet Bike? Ich hab bei Google nur 29/27,5" MTB gefunden...
 
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Rahmen selbst bauen oder vorhandenen ändern?
PS: Wieso heißt das Mullet Bike?
Der Rahmen wird im Moment schon komplett selbst geschweißt, weitere Themen und Fotos folgen bald ;)

Mullet ist eigentlich falsch, da hast du recht, es müsste inverted Mullet heißen :D
 
So, weiter geht es im Thema. Zuerst danke für die netten Anregungen :)
Zum Thema Steuerrohr @Kaffeetanne : es kommt ein 46x1,1 Steuerrohr von Reset zum Einsatz. Dieses wird dann mit dem passenden Fräser im Bereich der Steuersatz Lagerschalen auf ein Innenmaß von 44mm gebracht. Ihr werdet im Laufe der nächsten Tage noch sehen, wie ich mir das mit dem Frontrack konkret gedacht habe...

Nach der ganzen Planerei ging es an die Auswahl der Komponenten, vieles hatte ich noch da, einiges musste aber auch bestellt werden. Ich hätte am liebsten auf eine "fertige" Gabel zurückgegriffen, allerdings gibt es keinen Hersteller von 24" Gabeln mit 15x100 Einbaumaß, extra langem 1 1/8 Schaft und Scheibenbremsaufnahme. Natürlich hätte ich auch eine 26" Gabel verbauen können, aber dann sähe es A: komisch aus und B: wäre die Einbauhöhe unvorteilhaft für meine Konstruktion.
Nach langem Überlegen fasste ich also den Plan, eine 26" Stahlgabel mit bei Reset bestellten Ausfallenden auf mein gewünschtes Maß zu bringen.
Himmelfahrtskommando? Vielleicht, aber ich habe extra eine "günstige" Gabel auf Kleinanzeigen rausgesucht, bei der die Gabelscheiden nicht konifiziert sind. Trotzdem bleibt es riskant und ich werde bei der ersten Fahrt wohl nur sehr zaghaft bremsen.

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alte Cant-Sockel runtertrennen, dann die verbliebenen Kanten ganz vorsichtig mit der Feile abtragen und am Ende noch ein wenig drüberschleifen. Fertig ist die absolute Ghetto 24" Gabel (im späteren Stadium soll wahrscheinlich auch die Gabel durch einen kompletten Eigenbau ersetzt werden...)

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Bremsscheibe (203mm) passt und schleift zum Glück nicht! Für alle, die bei der Vorstellung einer so großen Scheibe und der wackligen Gabel Schnappatmung bekommen: unter die IS2000 Aufnahme wird noch ein großes Verstärkungsblech kommen, damit es mir nicht bei der ersten Bremsung die Gabel halbiert...

Das solls für heute erstmal gewesen sein, beim nächsten Mal wird es vermutlich um das vordere Rahmendreieck gehen :)
 
Eigentlich ist Mullet hier schon absolut richtig, denn Mullet als Haarschnitt ist die Vokuhila, und das impliziert für mich beim Fahrrad kleines Rad vorne. Warum die Mountainbiker dann wieder alles umdrehen mussten muss man nicht verstehen :ROFLMAO:

Sehr schönes Projekt, 24 ist garantiert eine gute Größe für das Vorderrad. Bringt den Schwerpunkt runter ohne die Rolleigenschaften zu stark zu kompromittieren.

Zum Entwurf: statt das Sitzrohr auf Biegung zu belasten könnte man auch einen Mixte-Kreuzrahmen bauen, so ähnlich wie beim Cargo Carl von Portus Cycles:
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Zum Entwurf: statt das Sitzrohr auf Biegung zu belasten könnte man auch einen Mixte-Kreuzrahmen bauen, so ähnlich wie beim Cargo Carl von Portus Cycles:

Ich werde die Namensgebung in der Bikebranche wohl nie verstehen...seufz

Der Portus Denkansatz gefällt mir sehr gut, allerdings war die Forderung meiner Familie, es müsse ein Tiefeinsteiger werden. Da die Sattelstütze eine realitv große Einstecktiefe hat, ist die Belastung durch Biegung denke ich zu vernachlässigen (oder ggf. durch Verstärkungen abzufangen).

Zum Portus gibt es btw. auch eine sehr schöne Doku, sollte jeder Lastenradler mal gesehen haben:
 
Nach langem Überlegen fasste ich also den Plan, eine 26" Stahlgabel mit bei Reset bestellten Ausfallenden auf mein gewünschtes Maß zu bringen.
Himmelfahrtskommando?
Überhaupt nicht, wenn du das halbwegs ordentlich schweißt ist das doch vollkommen legitim. So wie deine Arbeit bis jetzt aussieht würde ich mich da sofort drauf setzen und losfahren. (y)

Endlich mal jemand der auch RattleCad benutzt. Schade das es so langsam weiterentwickelt wird. Und auch Schade, das es nur Standardfahrräder zeichnen (berechnen) kann.

Hast du einen 44er Fräser für den Steuersatz? Bei dem Steuerrohr von Reset Racing 46x1,1 löte ich zur Verstärkung immer noch einen Ring auf die Enden. Zufälligerweise hatte eine alte Kardanwelle von einem BMW 2002 das Maß 50x2. Daraus kann man wunderbar Verstärkungsringe anfertigen, dann verzieht es sich nicht ganz so beim Schweißen bzw. löten.

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Ich bin gespannt wie es weiter geht :love:
 
Endlich mal jemand der auch RattleCad benutzt. Schade das es so langsam weiterentwickelt wird. Und auch Schade, das es nur Standardfahrräder zeichnen (berechnen) kann.

Hast du einen 44er Fräser für den Steuersatz? Bei dem Steuerrohr von Reset Racing 46x1,1 löte ich zur Verstärkung immer noch einen Ring auf die Enden. Zufälligerweise hatte eine alte Kardanwelle von einem BMW 2002 das Maß 50x2. Daraus kann man wunderbar Verstärkungsringe anfertigen, dann verzieht es sich nicht ganz so beim Schweißen bzw. löten.
Vielen Dank für das Lob! Ich bin stets bemüht und für alles offen :D

Ich hab gesehen, du hast bei RattleCAD mal bei deinem GT Cargo ein Rohr nach vorne eingefügt, wie hast du das gemacht?

Ja, den Fräser habe ich mir gekauft, da das Rad (abhängig vom Fahrverhalten) in einer kleinen Stückzahl für Freunde und Verwandte gebaut werden soll. Das mit dem Ring ist eine tolle Idee, ich habe aber leider keine Löttechnik und bin noch auf der Suche nach einem netten Helfer, der mir das machen kann (und die Leitungsführungen natürlich noch auf die Rohre lötet).

Ich muss mich selbst ein wenig zurückhalten, um nicht zu viel zu spoilern ;)
 
Ich hab gesehen, du hast bei RattleCAD mal bei deinem GT Cargo ein Rohr nach vorne eingefügt, wie hast du das gemacht?
Das habe ich nicht in Rattlecad gemacht. Ich habe eine svg Datei aus Rattlecad exportiert und die fehlenden Rohre dann mit Inkscape "rein gemalt".

Schade das du so weit entfernt wohnst, sonst würde ich dir beim anlöten der Kleinteile helfen. Falls du niemanden findest der das kann, kommst du um eine kleine Lötausrüstung glaube ich nicht herum. Zumindest an meinen Rahmen sind immer relativ viele Kleinteile anzubringen. Und es ist immer ärgerlich wenn einem später irgendwo ein Zuggegenhalten, Schutzblechaufnahme, Kabelhalter ... fehlt. Vielleicht kann man sowas auch mit deinem WIG Gerät CUSI löten, das weiß ich aber nicht genau.
 
Ahh, das erklärt einiges...

Wenn es bei den Cable Guides geblieben wäre, hätte ich es wahrscheinlich mit WIG Löten probiert, aber so werde ich mich mal umhören, eigenes Lötequipment gibt mein Budget und meine Arbeitsumgebung leider nicht her :LOL:
 
Hi,
kann man nicht mit der Ladefläche tiefer kommen, indem man eine Einbuchtung in der Fläche für die Gabel in Kauf nimmt? Ich stelle mir eine dreieckige Konstruktion vor, die am Unterrohr anfängt und mit Verstrebung um die Gabel herum geht. Der Bierkasten käme dann davor, und links und rechts könnte man noch zwei weitere Fächer (Trinkflaschen, Werkzeug,...) schaffen. Die Ladeflächenhöhe sollte vergleichbar zum Omnium sein, nur der Schwerpunkt der Ladung liegt weiter vorne.
Screenshot 2023-06-10 220610.png
 
prinzipiell definitiv ein guter Ansatz, allerdings ist die Kombination aus breiten Reifen und schmaler Gabel wohl nur schwer umsetzbar. Außerdem hätte ich da Angst, dass der Reifen beim Einlenken an der Ladefläche anstößt. Für den ersten Prototypen wirds wohl zu spät sein, aber für den zweiten ist das sicherlich eine Idee, die man probieren sollte ;)
 
Zu später Stund geht es weiter im Text: die Gabel zu schweißen diente als Test, ob ich mit WIG klarkomme und ob das Ergebnis halbwegs gerade wird (Spoiler: perfekt ist es nicht, aber halten wird es).
Dann kam auch schon der erste Teil des Rahmens und mit ihm die Frage, wie ich ohne Rahmenlehre ein sauberes Ergebnis erzielen kann. Es wurde gekramt und gebastelt was das Zeug hielt, die optimale Lösung fand sich dann aber in Form eines einfachen Aluprofils (massiv genug für wenig Verzug ;)).
Also Bohrungen am Tretlager setzen (wie nennt man die eigentlich - Entlüftungsbohrungen?) und das Sitzrohr passend ausklinken. Genutzt habe ich dafür *Trommelwirbel* eine Feile und die Vorlagen von RattleCAD zum ausklinken. Das sind quasi Schablonen, die man einfach aufkleben kann und dann nach Augenmaß arbeitet. Das ist für den Anfang günstig, ausreichend präzise aber auch etwas langwieriger. Das Tool gibt es auch online KLICK.

So sah mein Arbeitsplatz dann aus (man beachte den "Rohrschraubstock" aus eine Stück Holz - Loch bohren mit Forstner und einen Schnitt setzen - hält bestens und hinterlässt keine Spuren).

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Bei allen anderen Rohren habe ich dann aber mit der Flex vorgearbeitet, um ein bisschen Zeit zu sparen.


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Mein Tretlager hat ein Maß von 73mm, witzigerweise hatte ich ein auf den Millimeter passendes Unterlegstück aus Metall parat (das Hochregallager lässt grüßen hehe).
Probehalten, notfalls noch anpassen, Schweißpunkte setzen (immer erst "vorne" und "hinten", um Verzug zu den Seiten zu minimieren) und dann durchschweißen.

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Geschafft! Verzug ist natürlich nicht vermeidbar bei solch primitiven Fertigungsmethoden, aber es hielt sich in Grenzen (genaueres kann ich erst sagen, wenn ich den Rahmen mal genauer vermessen habe.

Damit sind wir schon wieder am Ende eines weiteren Abschnitts meiner Reise zum fertigen Cargobike angekommen. Mit dem Zwischenstand bin ich höchst zufrieden und es macht sichtlich Spaß, dieses stählerne Ross wachsen zu sehen!
 
ich habe extra die Schokoseite abgelichtet, man muss ehrlich sagen, dass auf der anderen Seite ein kleiner Spalt von ca. 0,5mm war :p
Das war tatsächlich das erste Mal, dass ich in meinem Leben ein Rohr ausgeklinkt habe, kann diese Methode echt empfehlen. Wie löst ihr das sonst so?
 
Dann will ich euch mal nicht länger auf die Folter spannen: es geht weiter beim Mullet Cargo!

Vor jedem Schweißprozess stand immer die Frage im Raum, wie man effektiv arbeitet, regelmäßig nachmisst und ggf richten kann. Deshalb habe ich nicht an die vorhandene Baugruppe das Unterrohr angeschweißt, sondern erstmal Unterrohr und Steuerrohr verheiratet (wahrscheinlich eher verlobt, durchgeschweißt und geehelicht wird erst am Ende...).

Meine Installation sah dann folgendermaßen aus (Mac Gyver wäre wohl stolz):
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Übliches Prozedere: Punkten, Prüfen, Punkten.

Am Ende des Tages konnte ich es mir nicht nehmen lassen, den "Rahmen" schon ein wenig zu drappieren, um ein Gefühl für die Größe und Proportionen zu bekommen.

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(Ja, Hinterrad liegt falsch herum :cool: @Milan0 ich hoffe die Ventilausrichtung reicht fürs Erste ;))

Als nächstes könnt ihr euch auf das Einpassen des Oberrohrs freuen, und dann nähern wir uns in großen Schritten der ersten Probefahrt!
 
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