Es gibt einer ganze Reihe von Ursachen für Rechtsabbiegeunfälle:
- Mangelndes Gefahrenbewusstsein der Verkehrsteilnehmer
- gepaart mit "Eile"
- Nicht fehlerverzeihende oder gar fehlerprovozierende Verkehrsinfrastruktur
- mangelhafte techn. Ausstattung; z.B. das Fehlen von "Warnern", tiefe Seitenfenster LKW
Wer der Meinung ist, dass die Radfahrer halt einfach aufpassen sollten, hat schlichtweg NULL Ahnung davon, wie so Unfälle ablaufen bzw. deren Ursachen und klammert die Betriebsgefahr, die vom LKW Fahrer und seinem Verhalten ausgeht, komplett aus.
Hohe Strafen gegen einen LKW Fahrer der einen Unfall verursacht hat, werden kaum einen Einfluss darauf haben, ob er einen solchen noch einmal verursacht, wohl aber eine "Abschreckungswirkung" ggü. anderen, die z.B. glauben, dass Radfahrer einfach aufpassen sollten und dann mit z.B. Nichtsetzen des Blinkers und/oder mit Nichteinhaltung der Schrittgeschwindigkeit abbiegen. Durchaus ein Rechtsgrund für "abschreckende" Strafen.
Aber, primär ist Aufklärung und eine Änderung in den Köpfen der Menschen notwendig ... und zwar massiv. Wenn ich sehe wie gedankenlos und abgelenkt viele Kraftfahrzeuglenker unterwegs sind und ihrer Verantwortung, die mit dem Lenken eines tonnenschweren Fahrzeugs einhergeht, nicht nachkommen, sehe ich da große Defizite. Notorische Handynutzung, selbst bei Berufskraftfahrern ... oder allg. verkehrsgefährdendes Verhalten kann sich nur etablieren, wenn nicht geahndet wird - und zwar BEVOR etwas passiert. Und da gibt es in der deutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung große Defizite ... muß man sich nur die lächerlich niedrigen Strafen betrachten bei z.B. großen Geschwindigkeitsüberschreitungen oder zweifelsfrei vorsätzlichem Verhalten wie der Handynutzung; gar nicht zu reden von der geringen Kontrolldichte, für die tlw. aber auch die vielen Vorschriften ursächlich sind und auch der fehlenden Halterhaftung.
Und das schafft dann eben auch eine Gesellschaft die so denkt:
- Wenn sich ein Motorradfahrer um den Baum wickelt hagelt es Beileidsbekundungen. Ich habe da noch nie gehört ... wieso ist der auch so schnell unterwegs? Selber Schuld?
- Wenn Infrastruktur für Autofahrer verbessert wird (Leitplanken, Unterfahrschutz, ....) habe ich noch nie gehört ... wieso fahren die halt nicht einfach anständig
- etc.
Aber, wenn ein Radfahrer von einem rechtsabbiegenden LKW Fahrer tot gefahren wird heißt es mehrheitlich in etwa "wieder Vorfahrt erzwungen", "wieso passen die nicht auf" und "toter Winkel". Da kommt nichts wie "ist der LKW Fahrer auch mit Schrittgeschwindigkeit abgebogen", "toten Winkel gibt es bei LKW >= 7.5t gar nicht mehr", "wieso Kurvenradien die so hohe Abbiegegeschwindigkeiten zulassen" oder "wieso Konfliktschaltung". Und ja, so lange wir auch Staatsanwälte haben die Verfahren einstellen mit "der Radfahrer hat mit dem schnellen(!) Anfahren (und Abbiegen) des LKW nicht gerechnet" brauchen wir uns nicht zu wundern.
Befeuert und zementiert wird der Status Quo dann von der Berichterstattung in der Radfahrer von Autos gestreift werden (und dann sterben) oder Radfahrer plötzlich unter einen LKW geraten.
Die Statistik spricht eine klare Sprache. Bei Unfällen zwischen Fahrradfahrern mit Kraftfahrzeuglenkern ist zu einem Großteil der Kraftfahrer schuld (Kfz 75%, bei LKW noch deutlich mehr 9x%). Da kommt dann aber der Stammtisch und behauptet, dass der Autofahrer ja immer die Schuld bekommt. Kfz ins gute und Radfahrer ins schlechte Töpfchen. Das da aber die mangelhafte Infrastruktur auch ihre Ursachen hat .... wird kaum bis gar nicht thematisiert. Es gibt, nach meiner Einschätzung und Erfahrung, kein Verkehrsmittel (Motorrad kann ich nicht beurteilen), dass mehr Aufmerksamkeit verlangt als das Fahrradfahren ... um die Gefahren durch den mangelnden Schutz einer umgebenden Karosse und die mangelhafte Infrastruktur auszugleichen (Ein- und Ausfahrten, Radwege oder Schutzstreifen in der Dooringzone, uneinheitliche Führungen, Konfliktgrün, etc. pp.). Das ist für junge Menschen und für unerfahrene Radfahrer, die vom Auto nur das "Fahren nach Vorfahrt" (besonders ausgeprägt in DE) kennen ein Problem. Auch ich musste das erst lernen und hatte nach 4 nicht verursachten Unfällen (die ich zum Glück ohne grösseren Schaden überstanden habe), alle auf "Radwegen", kapiert (und das obwohl ich ein sehr vorsichtiger Mensch bin). Auto fahre ich seit 30 Jahren unfallfrei, punktefrei und das einzige Knöllchen was ich erhalten hatte war eines wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von < 10km/h.
Sehr traurig.