Auf diesen Thread habe ich gewartet!
Habe aber etwas Zeit gebraucht, meine Gedanken mal zusammen zu schreiben...
Klasse wäre es, wenn wir hier nicht nur schreiben, sondern vielleicht auch einen Weg finden, sinnvolle Dinge an geeignete Stellen weiter zu geben (z.B. Presse oder Politik).
Kürzlich hatte in einem anderen Thread jemand geschrieben, dass wir uns nicht darauf konzentrieren sollten, uns „nur“ als Radfahrer zu sehen, da die allermeisten von uns wohl ebenso ab und zu zur Gruppe der Fußgänger, der ÖPNV-Nutzer oder eben auch zur Gruppe der Autofahrer gehören.
Das halte ich für sehr wichtig!
Das Auto und den Autofahrer per se zu stigmatisieren bringt uns nicht weiter.
Daher bin ich der Meinung, wir sollten nach Möglichkeiten suchen,
- wie man den vorhandenen Verkehrsraum fairer verteilen kann,
- wie man sicheren Verkehrsraum schaffen kann,
- und natürlich, wie man erreichen kann, dass KfZ-Nutzer ihr KfZ ab und zu mal stehen lassen
Denn jeder einzelne Meter, der nicht mit dem KfZ gefahren wird, sorgt für mehr Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer.
Und je größer die Sicherheit wird, desto eher lässt auch der nächste sein Auto gelegentlich stehen und traut sich wieder zu Fuß oder mit dem Rad auf die Straße...
Erster Schritt wäre aus meiner Sicht die Fortsetzung des 9-Euro-Tickets, da der ÖPNV viel zu teuer ist und die Tarifstrukturen viel zu kompliziert sind.
Dabei könnte man eventuell zwei verschiedene Tickets umsetzen:
- ein 9-Euro-Ticket, das nicht an Werktagen von 6:00 - 9:00 Uhr gilt, um den Berufsverkehr nicht zusätzlich zu belasten
- ein 12- oder 15-Euro-Ticket, das rund um die Uhr gilt
Meiner Meinung nach ist es völlig unsinnig, dass der ÖPNV und die Bahn auf wirtschaftliche Ergebnisse orientiert arbeiten müssen.
Spätestens, wenn es darum geht, auch irgendwo in der Provinz zu fahren, sind Subventionen notwendig.
Dann kann man auch o.g. 9-Euro-Ticket subventionieren.
Das Geld ist vorhanden, wenn man sofort die Kaufprämie für E-Autos und die Subventionen für Dienstwagen abschafft.
Außerdem brauchen wir ganz schnell eine ganz große Reform der KfZ-Steuer.
Die wird seit 100 Jahren nach Hubraum berechnet (anfangs auf dem Umweg über Steuer-PS, die aus dem Hubraum errechnet wurden), was heute absolut antiquiert ist.
Grundlage müsste das Leergewicht betriebsbereit (bei E-Autos also inklusive größtmöglichem Akku) sein, die Verkehrsfläche (Länge × Breite) und die Stirnfläche (Breite × Höhe).
Das ganze dann mit einer sehr starken Progression, damit ein Anreiz geschaffen wird, endlich wieder zu „normalen“ Fahrzeugen zurückzukehren, mit „normalem“ Gewicht und „normalen“ Dimensionen.
Autofahren mit „normalen“ Autos sollte meiner Meinung nach absolut bezahlbar bleiben, weil es Menschen gibt, die darauf angewiesen sind; Autofahren mit nicht mehr zeitgemäßen Dinosauriern kann von mir aus sehr gerne sehr teuer werden.
Einen 2-Tonnen-PKW durch einen 2,5-Tonnen-E-PKW zu ersetzen, bringt ganz sicher nichts für die dringend notwendige Verkehrswende.
Weiter muss sich (wie auch schon von anderen geschrieben) unbedingt etwas in den Köpfen der Menschen ändern.
Viele nehmen das Auto, weil es „eh da ist“, oder weil „die paar Meter bis zum Bäcker machen doch für den Klimawandel gar nichts“ etc.
Da wird eben nicht nachgedacht.
Dazu kommt natürlich, dass das Auto mit seinen Knautschzonen und Airbags Sicherheit suggeriert.
Dann kann man in einem Auto sein Hab und Gut mit sich führen, sicher verwahrt in einem abgeschlossenen Kofferraum (der ja tatsächlich sicherer ist, als eine Box am Fahrrad, weil man ja auch das ganze Fahrrad inklusive Box klauen könnte).
Da müssten die Leute also mal drüber nachdenken, welches Hab und Gut sie tatsächlich mit sich führen müssen, und ob dieses nicht zu Hause noch viel sicherer verwahrt ist.
Der Gedanke mit der Sicherheit könnte auch zuende gedacht werden: wären da keine Autos, bräuchte man keine Knautschzonen und keine Airbags, könnte also absolut problemlos zu Fuß gehen oder Rad fahren.
Gar keine Autos ist natürlich völlige Utopie, aber halb so viel Autos wären auch schon halb so gefährlich, siehe mein Satz weiter oben:
Und je größer die Sicherheit wird, desto eher lässt auch der nächste sein Auto gelegentlich stehen und traut sich wieder zu Fuß oder mit dem Rad auf die Straße...
Meiner Meinung nach tut sich aber bereits ein kleines bisschen was in manchen Köpfen...
Während es vor 20-30-40 Jahren völlig normal war, sofort mit dem 18. Geburtstag den Führerschein haben zu müssen, und nach Möglichkeit natürlich auch ein eigenes Auto, kenne ich heute relativ viele junge Leute, die gar nicht daran denken, einen Führerschein zu machen.
Wäre Klasse, wenn das so bleibt!
Wenn wir es dann noch schaffen, dass es den Leuten peinlich ist, in einem SUFF gesehen zu werden, wäre wohl schon einiges erreicht...
Und generell gilt natürlich, dass das Auto endlich kein Statussymbol mehr sein sollte, das man glaubt, ständig vorzeigen zu müssen.
Das Corona-Jahr 2020 und der damit verbundene Fahrrad-Boom war meiner Meinung nach ein guter Schritt in die richtige Richtung.
Da hätte man ganz schnell für die notwendige Infrastruktur sorgen können bzw. müssen, damit die Leute, die das Radfahren neu für sich entdeckt haben, auch beim Radfahren bleiben...
Vielleicht ist es dafür ja noch nicht zu spät, da vermutlich viele der 2020 angeschafften Fahrräder noch fahrbereit sind und nun im Keller verstauben...
Mancherorts wurde natürlich auch etwas gemacht, was bis heute geblieben ist (und hoffentlich weiterhin bleibt, bis irgendwann eine bessere Lösung realisiert wird).
So wurde z.B. hier in der Nähe ein Abschnitt einer Staatsstraße auf 40 Km/h beschränkt, um das Radfahren sicherer zu machen.
Weiter:
was könnte der Gesetzgeber / die Politik unternehmen?
Meiner Meinung nach brauchen wir dringend ein Gesetz, das vorschreibt, dass an jeder Straße, die umgebaut, ausgebaut oder neu gebaut wird, ein ordentlicher Radweg gebaut werden muss.
Ausnahme könnte sein, wenn ADFC, ADAC und Polizei einstimmig der Meinung sind, dass an dieser Straße kein Radweg notwendig ist.
Da kenne ich bis heute nur eine Straße, bei der nicht erwartet wurde, dass sie von Radfahrern genutzt wird, die nun aber doch relativ stark frequentiert ist.
Dann müssten alle Landkreise verpflichtet werden, ein Radwegenetz aufzubauen, ähnlich wie sie Kreisstraßen bauen.
Eckpunkte für diese Verpflichtung müssten verbindlich definiert werden, ein Zeitplan vorgeschrieben werden.
Ein Radwegenetz muss unbedingt sowohl Alltagsradler berücksichtigen, als auch Freizeitradler, somit natürlich auch Familien mit (kleinen) Kindern und Senioren.
Auch ein autofreier Sonntag pro Monat könnte vermutlich für Bewegung sorgen (wobei es nicht ausreichen würde, wenn dieser freiwillig wäre).
Und insbesondere jetzt im Winter: Städte, Gemeinden und Kommunen sollten verpflichtet sein, für saubere und benutzbare Geh- und Radwege zu sorgen!
Es kann wohl wirklich nicht sein, dass der Schneepflug Tag für Tag den Schnee von der Straße auf den Gehweg schiebt, der dann natürlich nur noch für äußerst sportliche Menschen benutzbar ist.
Jetzt sollte ich mich möglichst bald noch durch die anderen Beiträge in diesem Thread durchkauen, da da vermutlich noch etliches Sinnvolles zu lesen und zu kommentieren ist, manches vielleicht auch sinnvoller als mein Beitrag.