Unfassbar: Alfine 11 – Centerlock Aufnahme abgeschert – Bremsscheibe dreht durch – Sollbruchstelle auf Ansage?

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Lastenrad
Bullitt custom – Alfine 11 mit Loch da wo mal Centerlock war :D
Naja, zugegeben, mein Bullitt hat jetzt schon 12 Jahre auf dem Buckel und ich bin auch schon der dritte Besitzer, der wie ein wahnsinniger die herrliche Alfine 11-Gang quält. Das Getriebe lief bis zuletzt aber quasi ohne Probleme. Ich bin an meinem Tourenrad eigentlich Rohloff gewöhnt und echter Fan, aber die Alfine hat mich mit dem Rapidfire-Schalthebel, dem leisen Lauf und dem knackigen Schaltgefühl wirklich sehr überzeugt.

Jetzt ist folgendes passiert: Ich habe mal (nicht spektakulär) kräftig gebremst und plötzlich schien die Bremse hinten nicht mehr zu greifen. Nach Ausbau des Hinterrads war der Fehler schnell klar. Die Bremsscheibe lies sich mit wenig Kraft gegen die Nabe und damit gegen das Hinterrad verdrehen.

Ich habe wie ein Schwein ins Uhrwerk geguckt, schraube die Centerlock-Arretierung ab, nehme die Scheibe ab, versichere mich, dass der Centerlock-Vielzahl noch existiert, mache die Scheibe (und den Spacer!) wieder drauf, schraube die Arretierung fest und: Scheibe dreht immernoch durch.

Die Ursache ist unfassbar. Die Centerlock-Aufnahme ist gebrochen und von dem Nabengehäuse abgeschert. Die Scheibenbremse ist damit im Lastfall einem Totalausfall unterlegen. Ich bin unheimlich froh, dass mir das nicht bei einer wichtigen Vollbremsung passiert ist. :oops:

Ich habe ein bisschen recherchiert und es scheint ein paar wenige bekannte Fälle zu geben. Den am besten dokumentierten Fall liefert Dr. Bob Wittig in seinem sehr lesenswerten Blog, wo es an einer wesentlich jüngeren Nabe passiert ist. Er bezeichnet die Konstruktion der Centerlock-Aufnahme nach eingängiger Analyse der Wandstärken als "Sollbruchstelle". Dort zeigt er auch ein Bild des Bruchs, der sichtbar wird, wenn man den Konus löst und damit die Hülse der Centerlock-Aufnahme herausnehmbar ist:
image.jpg


Ich habe meinen lokalen Fahrrad-Dealer des Vertrauens auf den Weg geschickt bei Paul-Lange nachzuhaken, ob das normal sei und wie man mir helfen könnte. Ich hatte schon vorher ein schlechtes Gefühl bei der Sache, denn das Nabengehäuse ist das einzige Bauteil, was auf der Explosionszeichnung der Nabe von Shimano ohne Ersatzteilnummer geführt wird. :X3:
Und meine Befürchtungen wurden nicht enttäuscht. Paul-Lange gab an, dass man da nichts machen könne und weder Reparatur durch Shimano noch die Lieferung eines Nabengehäuses möglich sei. Außerdem sagte der Mitarbeiter von Paul-Lange wohl, dass Alfine sowieso nicht für Schwerlast geeignet sei. Als er hörte dass es an einem Lastenrad passierte, machte er daran die Ursache des Fehlers fest. Ich bat an, meine Nabe über den Fachhändler einzuschicken, um eine Analyse und Verbesserung der Nabe zu ermöglichen. An dem defekten Nabengehäuse hätte man aber laut Paul-Lange kein Interesse. Der Fehler sei uninteressant.

Jetzt habe ich drei Anliegen:
  1. Seid alle herzlich gewarnt, wenn ihr am Cargobike mit Alfine fahrt oder gerne mal die Bremse benutzt. Es handelt sich um ein Spiel mit dem Leben, wenn man sich im Zweifel drauf verlässt das die Bremse tatsächlich bremst. Der Fehler taucht bei Naben jeden Alters auf und Shimano ist nicht daran interessiert. :mad:
  2. Gibt es noch mehr Leute, bei denen dieser wahnsinnige Fehler aufgetreten ist? Ich bin interessiert an Fallberichten und würde sammeln. Vielleicht schließe ich mich mit Dr. Bob Wittig zusammen und wir machen bei Shimano ein bisschen Stress. Wenn es nennenswerte Anzahl Fälle unter Cargobikes gibt, dann wäre es auch einen Hinweis an die Cargobike-Hersteller wert.
  3. Was soll ich nun mit meiner Nabe machen? Das Getriebe ist noch tiptop. Finde ich jemanden der ein kaputtes Getriebe hat und mir sein Nabengehäuse gibt? Warum gibt es das nicht als Ersatzteil? Schließlich wird es doch auch mal jemanden geben bei dem ein Speichenloch am Flansch ausreißt und wo man mal fix die Dose tauschen muss? Ich glaube ich bin von Rohloff verwöhnt :cry:
Wie immer gilt: Wer bremst verliert!

#wosinddiecantisockel
 
Bei der aktuellen SG-S7001 sieht das Gehäuse rund um die Centerlockaufnahme gegenüber der SG-S700 überarbeitet aus, hoffentlich ist diese Schwachstelle damit behoben.
 
"Ich
und das heißt: Ich tanze mit dem Tod..."
Hinterradbremse bringt 10% Leistung bei einer Gefahrenbremsung. Nicht nix, im seltensten Fall lebensrettend,
Der Rest: Schade, Shimano eben. Toll, dass sie solange gehalten hat. Ein Alurahmen fängt in dem Alter an zu brechen, das ist evtl lebensgefährlicher. Wobei, man stirbt nur einmal (außer die Reinkarnist:innen ;) )
Viel Erfolg bei der Reparatur,
Gruß Krischan
 
"Ich

und das heißt: Ich tanze mit dem Tod..."
Hinterradbremse bringt 10% Leistung bei einer Gefahrenbremsung. Nicht nix, im seltensten Fall lebensrettend,
Der Rest: Schade, Shimano eben. Toll, dass sie solange gehalten hat. Ein Alurahmen fängt in dem Alter an zu brechen, das ist evtl lebensgefährlicher. Wobei, man stirbt nur einmal (außer die Reinkarnist:innen ;) )
Viel Erfolg bei der Reparatur,
Gruß Krischan
Ne, das ist so nicht richtig. Beim Long John (es geht um ein Bullitt!) wird das Hinterrad wesentlich stärker belastet, das Entlasten bis hin zum Anlupfen wie beim normalen upright ist deutlich schwächer. De facto wird ein signifikanter Anteil der Bremskraft über das Hinterrad übertragen. Einige Hersteller (R&M etwa) bauen hinten sogar größere Scheiben als vorne an; auch ich habe das bei unserem Bullitt so gemacht und das Bremsverhalten damit wesentlich verbessert.

t.
 
Naja, @Krischan, was die Beteiligung von Hinterradbremsen an Bremsvorgängen angeht, gebe ich dir nur halb recht. Bist du schonmal Bullitt mit wenig Ladung auf der Fläche gefahren? Selbst das Leergewicht des LvH Canopy + Sitz reicht bei mir nicht, um beim echten Bremsen die notwendigen Vertikalkräfte am Vorderrad zu haben, damit dort gescheit gebremst würde.

Bei normalen Radln gibt es einen ordentlichen Hebeleffekt beim vorne Bremsen, das ist klar. Aber beim Lastenrad ohne Ladung reicht vorne der Anpressdruck nicht und die Horizontalkräfte lassen das Vorderrad über den Asphalt hüpfen/schrubbern.

Klar ist die Vorderbremse immer mit dabei, aber im Leerzustand ist es lebensgefährlich sich auf die zu verlassen!
 
  1. Was soll ich nun mit meiner Nabe machen? Das Getriebe ist noch tiptop. Finde ich jemanden der ein kaputtes Getriebe hat und mir sein Nabengehäuse gibt? Warum gibt es das nicht als Ersatzteil? Schließlich wird es doch auch mal jemanden geben bei dem ein Speichenloch am Flansch ausreißt und wo man mal fix die Dose tauschen muss? Ich glaube ich bin von Rohloff verwöhnt :cry:
Unsere Nabe ist umgekehrt dahin: Das Getriebe ist verbraucht, einige Gänge klingen übel oder rutschen. Ich hätte daher Interesse an den brauchbaren Innereien deiner alten Nabe. Wenn das für dich interessant ist, die Naben wirklich baugleich sind (und damit der Tausch 1:1 möglich ist) und du das ganze irgendwie halbwegs sauber verpackt bekommst, kommen wir da bestimmt überein.

t.
 
Ach @tjm., Jetzt warst du auch noch schneller... (y)

Noch zu ergänzen: ich hab genau so einen wie von @tjm. beschriebenen Fall: wohlweißlich hat ein Vorbesitzer hinten XT und vorne Deore Scheibenbremsen installiert. Ist bisschen nervig was die Lagerhaltung der Beläge angeht, aber hat sich bewährt. ;)
 
@tjm., ich suche dir meine Seriennummer raus und alles weitere per PM. Dein Angebot ist zwar invers zu meinem Wunsch nach einem Nabengehäuse, aber mit nem Obulus als Schmerzensgeld kann ich mich vielleicht doch zu einer weiteren Rohloff durchringen :LOL:
 
Oha, sowas will man ja nicht erleben, zum Glück ist es dir in einer unkritischen Situation passiert.
Gut, nach 12 Jahren kann man an der Nabe nimmer viel meckern.
Mir sind an einem Schauff-Rahmen nach ca. 5 Jahren mal die Cantisockel hinten abgebrochen, das war auch nicht so prickelnd.
Zur Abgrenzung, kannst noch die Modellnummer festhalten?
 
Welche Nabe genau und welchen Bremsscheibendurchmesser hast Du verwendet? Es sind in die Herstellervorschriften zu beachten.
 
Spannendes Thema... Ich habe bei Kleinanzeigen eine Alfine Suche am laufen, und da habe ich vor 2-3 Wochen auch eine Nabe gesehen, deren Centerlockaufnahme abgeschert war. Vielleicht finde ich sie noch wieder...
 
Ich denke nicht, dass es eine Garantie auf Dauerhaltbarkeit sicherheitsrelevanter Teile gibt. Rahmen, Gabeln, Vorbauten, Lenker Sattelstützen, Bremshebel usw. haben ja auch nur eine endliche Zeitfestigkeit. Wenn das Rad in den über 10 Jahren ordentlich bewegt wurde, ist die Bremsscheibenaufnahme durch die höhere Belastung am Longjohn-Lastenrad sicherlich schon über das hinaus beansprucht worden, was die Konstrukteure als Grundlage für ihre Auslegung der Komponenten annehmen. Man muss ja auch bedenken, dass viele Fahrräder nur wenige Hundert oder Tausend km gefahren werden, bis sie im Schrott landen.
Was man für sich daraus lernen kann: Bei besonders stark und lange belasteten Rädern immer mal gucken, ob bestimmte Komponenten nicht vielleicht sicherheitsrelevant sind und sie austauschen, bevor sie brechen. Oder das Rad so lange es noch in gut verlässlichem Zustand ist an jemandem mit gemäßigterem Nutzungsprofil verkaufen und selber das nächste Rad schinden.
 
Grundsätzlich bin auch der Meinung, dass so eine Nabenschaltung nach 10 Jahren Dienst kaputtgehen darf. Allerdings würde ich das nur auf das Innenleben beziehen. Die Bremsaufnahme darf einfach nicht reißen.
Wie will man das denn auch regelmäßig kontrollieren? Bei dem Schadensbild kann ich mir nicht vorstellen, dass es erst ein bisschen lose ist und dann ganz abreißt. Da geht es doch sofort von Funktioniert super über zu Bremst gar nicht. Ich hoffe, Shimano hat da wirklich nachgearbeitet.
 
Ich kann @vnweit da nur zustimmen. Schaut euch mal den bereits erwähnten Blog von Dr. Bob Wittig an. Dort ist der selbe Fehler bereits nach 15.000 km aufgetreten.

Wenn mir das Getriebe zerfallen, oder ein Speichenloch am Nabenflansch ausgerissen wäre, dann hätte das bei mir nicht mal für die Motivation einer Randnotiz hier im Forum gereicht. Aber der vorliegende Schadensfall ist einfach inakzeptabel.
 
Alle Artikel 1000km den Flansch Blank machen und mit Farbeindringverfahren auf Risse überprüfen. :X3:
 
Nun, ich habe mir gemerkt,
dass die (supergeniale) Alfine11 weder für Tandems, noch für Lastenräder zugelassen ist.
 
Das ist ja sicherlich ein Gussteil, das übergedreht wurde. Der Riss endet genau in der Ecke zwischen planer und zylindrischer Fläche. Ob da vielleicht ein scharfer Übergang statt einem Radius war und so ein Startpunkt für den Riss vorgegeben war? Das wäre dann konstruktiv nicht gut gelöst gewesen.
 
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