Unberechenbar ist allerdings der Einfluß durch "Fachpersonal". Von der Zweiradfachausbildung in Fahrradwerkstätten halte ich vergleichsweise wenig, weil oft zu nachlässig gearbeitet wird. Schrauben werden zu lose (selten) oder zu fest (häufiger) angezogen. Montagemittel wie Gewindesicherung, Keramik- oder Kupferpaste sind unbekannt. Ein Industriemechaniker lernt besser mit Werkzeug umzugehen. ...Ich höre jetzt besser auf.
Exakt dafür sind Prozesse da. Platt gesagt: Um das Fehlverhalten von menschlichen Einflussfaktoren zu minimieren.
Wenn die Automobilindustrie da besser ist als die fahrradbranche, wieso wirft Google 183.000 Ergebnisse aus, wenn ich „Rückrufaktion Auto„ eingebe?
Das hatte ja Michael auch kommentiert. Allerdings sind es nicht nur die Anzahl der Teile. Wahrscheinlich haben verschiedene Bauteile-/Gruppen eine höhere Komplexität als ein gesamtes Rad. Ich komme ursprünglich aus der Sitzentwicklung. So ein Sitz hat, je nach Hersteller alleine >300 Teile. Diese aus allerlei unterschiedlichen Werkstoffen (Metall(e), Kunststoff, Schäume, Textilien...) die aufeinander abgestimmt werden müssen. Homologiert werden die Komponenten im Normalfall global, als auch dass sie konstruktiv so ausgelegt werden, dass sie für eine maximale Anzahl an Passagieren (Größe / Gewicht) unter Temperaturen zwischen -40 und +100 °C funktionieren. Weiterhin werden die meisten sicherheitsrelevanten Bauteile (wie z.B. Lenkung) redundant ausgelegt.
Ich stimme Dir aber auch zu, dass die Anzahl der Rückrufaktionen sicher kein Ruhmesblatt ist. Die Dunkelziffer ist wesentlich höher, da alles was nicht Leib und Leben kostet normalerweise unterm Radar -entweder durch aktive Ansprache des Kunden- oder im Rahmen einer Inspektion abgefrühstückt wird.
Ja, Jahr 1 und 2 nach Serienanlauf sind verlängerte Entwicklung.
Und Rückrufe veranlasst das Kraftfahrtbundesamt, das machen die Hersteller nicht freiwillig.
Größtenteils. Meist aber durch Selbstanzeige des Herstellers. Das KBA ist dann nur die verlängerte Werkbank.
Das Fahrrad läuft halt immer noch unter "Freizeitprodukt". Das ist alles vom Verschleiss ja eher auf ein paar Wochenendtouren ausgelegt, aber nicht auf tausende Kilometer im Jahr.
Aber so isses nun mal - je höher das Gefahrenpotential, desto strenger die Richtlinien. Fängt beim Tretroller an und endet beim Verkehrsflugzeug. Da es eh keinen TÜV gibt, wäre das ja eh recht müßig, weil man die Verkehrstauglichkeit nicht regelmäßig überprüft.
Ja, die finale Konsequenz wäre dann ein TÜV für alles was im Verkehr mit schwimmt und Menschen transportiert. Wo fängt man an, wo hört man auf?
Konstruieren wir mal einen Fall. Frau/Mann mit 2 Kindern unterwegs auf gut ausgebautem Radweg, zügig unterwegs, Lenkung reagiert nicht mehr, gerät ins Trudeln und gerät in den Gegenverkehr. Was wäre dann auf einmal los?
Mir geht es darum, dass scheinbar ein Rahmenbruch, solange er nicht unmittelbar zu einem schweren Unfall führt eher "normal" ist. Selbst an einem >5.000 € Rad.
Mich interessiert halt, ob der Konstruktion solcher Räder irgendwelche fundierten, technischen Grundlagen, gerade was die Dauerhaltbarkeit angeht, zugrunde liegen.
Beispiel aus meiner Praxis: Ich statte ein Auto mit Beschleunigungssensoren aus und fahre als Beispiel Strecke x, eine Mischung aus Stadt, Land, etwas Feldweg, irgendwas was zum Auto passt (also kein Offroad mit einem Polo). Hieraus erstelle ich ein Profil für einen sogenannten Shaker Test. Dann wir die neu entwickelte Karosserie dynamisch simuliert, ob sie den Anforderungen fü x-100.000 km standhält, später folgt der hardware test auf dem Shaker. Das ganz stark komprimiert. Macht sowas irgendein Radhersteller / Entwickler?
@Nespresso und andere. Es gibt einen DIN Standard mit Prüfverfahren und Sicherheitsanforderungen für Cargobikes. Und auf europäischer Ebene wird gerade eine EN für Cargobikes entwickelt. Ich erlaube mir mal, das Interview zu posten, dass ich dazu geführt habe:
https://www.cargobike.jetzt/interview-europaeische-norm-fuer-cargobikes-wieso-und-wann/
Danke, sehr interessant.
Du stellst das hier so dar, als wäre ISO 9001 die Lösung aller Probleme. Dem ist aber nicht so. Bei der Zertifizierung nach ISO 9001 wird im Wesentlichen auf das Vorhandensein von Prozessbeschreibungen und das Einhalten dieser geachtet. Ob diese umsetzbar, sinnvoll oder auch nur richtig sind, wird nicht hinterfragt. Wenn man nur nachweisen kann, dass man seine Prozesse eingehalten hat, ist alles in Ordnung.
Entsprechend sagt die Zertifizierung nur etwas darüber aus, wie bei einer Firma gearbeitet wird, aber nichts über das Arbeitsergebnis.
Da stimme ich Dir teilweise zu. Ja, man kann einen Betrieb sicherlich in gewissen Grenzen nur auf eine Zertifizierung bürsten. Allerdings finden diese Zertifizierungen ja jährlich als Re-zertifizierung statt. Ein guter Auditor findet das heraus.
Ich glaube
@Michael.Rumsbums hat die ISO als Beispiel angezogen. Steilvorlage kam von mir.
Es ist jedem Unternehmen freigestellt eigene Verfahrensanweisungen zu erstellen die zum Ablauf im Unternehmen passen und sinnvoll sind. Auf diese kann dann im Audit hingewiesen werden, bzw. werden die Dokumente explizit aufgeführt.
Den Sinn, Zertifizierungen als Ganzes in Frage zu stellen halte ich für eine Argumentation von der Biertheke weg. Natürlich leben Prozesse von den Menschen und Unternehmen die sie ausführen. Sie müssen gelebt werden. Und leider sind bei verschiedenen Zertifizierungen sicherlich 20% nicht im ersten Moment sinnvoll. Es ist aber Aufgabe des Unternehmens sicherzustellen, dass nach den Vorgaben gearbeitet wird.
Als Beispiel von oben: Selbst wenn der Azubi nur Azubi ist. Er braucht eine unmissverständliche Checkliste was zu machen ist und eine vernünftige Unterweisung. Dann ist es am Meister, evtl. stichpunktartig zu überprüfen.
Erst einmal muss im Rahmen der Entwicklung sichergestellt werden, dass die Komponente die Anforderungen die an sie gestellt werden, über Lebenszeit x erfüllt. Weiterhin muss dabei sichergestellt sein, dass diese bezahlbar und in gewünschter Menge und den geplanten Kosten produzierbar hergestellt werden kann.
Dann kommt die Qualitäts-
sicherung ins Spiel. Die hat zur Aufgabe, dass die Vorgaben der Entwicklung über den Produktionszeitraum sichergestellt bleiben. Dazu gehören statistische Prozesskontrolle, Wareeingang, Bauteilmaße, serienbegleitende Prüfungen, etc.
Was leider die meisten Leute nicht verstehen ist, dass eine gute und im sinnvollen Umfang geführte Qualitätssicherung /-management hilft Probleme frühzeitig zu entdecken, Optimierungspotentiale auszumachen und andere (Lieferanten / Kunden) bei Haftungsfragen mit ins Boot zu nehmen. Nicht zuletzt -und das ist einer der wichtigsten Punkte- im Falle des Falles den Schaden zu begrenzen. Aus dem Grunde rufen normalerweise Autohersteller klar abgegrenzte Bereiche von Fahrgestellnummern zurück da sie nachweisen können, wo es (wahrscheinlich) zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Wenn Du das nicht kannst, hast Du ein Problem, da greift keine Versicherung mehr.