Ein Lastenrad ohne elitären Anspruch

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In den letzten Jahren hat sich bei mir ein ungutes Gefühl breit gemacht. Ich muss leider weit ausholen. In Hamburg gab es eine Lastenradförderung an der wir mit unserem Ersparten teilnehmen wollten aber leider keinen "Platz" bekamen. Wir nahmen das Geld in die Hand und kauften ein zwei Jahre altes Bakfiets in Düsseldorf und holten es nach Hamburg. Die Eigentümer erzählten stolz keinen Verlust durch die Förderung gemacht zu haben (wir haben2600€ bezahlt und in Düsseldorf gab es wohl 50% dazu). Zudem bräuchten sie es wenig, da sie es nur bei gutem Wetter dem Auto vorgezogen wurde. Es hatte kanpp 2500km auf der Uhr, was wir dann in einem Halben Jahr verdoppelt haben. Zuletzt habe ich ein Bakfiets Trike Narrow Steps für 350€ gekauft, wo die Werkstatt von unglaublichen Reperaturkosten von 1400€ sprach. Mich hat die Reparatur vielleicht 30€ gekostet.(Derzeit kostenlos verliehen- da es jemand mehr brauchte)Aber da es ja so billig durch die Förderung war und sie sich schon das nächste über JobRad holen konnten haben sie sich nicht selbst kümmern wollen. Es stand ein Jeep und ein E-Mini vor der Tür. Wenn ich nun in sozialen Brennpunkten unterwegs bin sehe ich keine Lastenräder. Es ist naiv. Aber nachdem ich auch hier Diskussionen über die Geräusche der Reifen, Rohloff Schaltungen die den Wert meines Rades übersteigen usw gelesen habe - habe ich das Gefühl als würden sich im Mittelalter Leute über die Legierung ihrer Hufeisen unterhalten und ja-Gold ist bestimmt am besten. Aber darum soll es hier nicht gehen. Erstmal brauchen die Leute Pferde. Was braucht ein Lastenrad um eine extreme Langlebigkeit, Alltagstauglichkeit und einen Preis, der der durchschnittliche n Förderung entspricht zu haben? Daher möchte ich gern eure Meinung hören wie ihr euch soein Fahrrad vorstellt. Beispielsweise......StahlRahmen LongJohn-Trapez-mit den üblichlen Bohrungen für Standard Komponenten, "normales Tretlager"(keine Bindung an Bosch,Shimano usw--Bafang etc nachrüstbar)Schaltung:HeavyDuty3GangShimano,Andra40 Felgen mit PickUp, einfache Gabel mit allen Bremsaufnahmen. Vielleicht eine Aufnahme um zwei RömerJockey sitze nebeneinander zu befestigen?! Die Verdecke verschleißen und kosten ein Vermögen (beim Narrow 400€ :-D ). Kann nicht inzwischen mal jemand außer Clarijs sowas machen?! Ortlieb vielleicht ;-) . Auch die Reperaturkosten müssen irgendwie gedrückt werden. In Hamburg kostet die Inspektion 134€ und soll nach den ersten 200km und zwei Mal im Jahr erfolgen. Es ist kein Wunder das zB ein alleinerziehendes Elternteil mit geringem Einkommen jeden Morgen die Karre zur Kita schieben muss. Kann es soein Rad überhaupt geben? Im Hamburger Osten baut Stevens seine Räder und ist mit seiner Marktposition zufrieden und ist daher erstmal nicht zu bewegen an dieser Stelle Verantwortung zu übernehmen. Warum auch-wenn ihre SuV-Räder über die Förderungen für 5000€ in den HamburgerWesten gehen. (Ein rein subjektives und wahrscheinlich nicht richtiges Empfinden) Aber eventuell muss der Rahmen nicht immer aus Vernost oder Amsterdam kommen. Was habt ihr für Ideen und Meinungen zu dem Thema?
 
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Es ist sicherlich so, dass das aktuelle Angebot an neuen Lastenrädern mit seinen Preisen vielfach Leute mit etwas Geld anspricht und Leute, die einen guten Durchblick haben was Förderungsmöglichkeiten angeht. Die Nutzungsintensität ist dann vielleicht auch nicht so hoch, wie sie bei anderen Leuten wäre. Wohnt man in einem Mietshaus und hat keinen ordentlichen Abstellplatz, ist ein Fahrrad schon ein Problem und ein Lastenrad erst recht. Lastenräder sind auch ein Markt, der erst entsteht und sich zurechtruckeln muss, mit Gebrauchtangebot und so. Bei den Autos ist es derzeit so, dass das Angebot im unteren Preissegment rapide abnimmt - mit größeren Modellen lässt sich mehr verdienen. Das dürfte sich auf Lastenräder übertragen lassen, wodurch der Anreiz gering ist, ein schlichtes und dauerhaftes Modell ohne Schnickschnack anzubieten. Aus meiner Sicht wäre das aber genau das, was das Angebot wesentlich bereichern würde. Robust wie ein Hammer und ausgelegt für Entfernungen von 5-10km am Stück.
 
Recht hast du....aber darauf zu hoffen, dass sie irgendwann nach unten " sickern" wird den Menschen kaum gerecht oder? Es geht dabei um Mobilität und am Ende sozialer Anerkennung. Vor besagten Mietshäusern stehen dann Statussymbole um ihrendwie Anerkennung zu bekommen oder zu fühlen. Und die Tageszeitung schreibt "Woher haben sie hre teuren Autos?". Das schafft wieder soziale Unruhe. Ich weiß, sehr weit hergeholt. Aber erstmal die Genossenschaften, den größten Wohnungseigentümer (die Stadt bzw SAGA) verpflichten einen kleinen Teil der Tiefgaragen für Lastenräder frei zu machen- erstes Problem gelöst.
 
@SteffenHamburg
Danke für deine Einschätzung. Ich kann deine Ansichten voll nachvollziehen. Für den Großteil der hier aktiven Mitglieder ist das Fahrrad ein Lebensgefühl oder Hobby. Da spielt Geld oder Sinnhaftigkeit eine untergeordnete Rolle. Ich habe schon sehr viel Geld in dieses Hobby gesteckt. Mir macht es einfach Spaß, einen Rahmen mit Teilen zu garnieren, welche ich schön oder passend finde.
Die einfachen Lastenräder sind ja noch relativ preiswert, dafür schwer und unhandlich. Die sind natürlich auch kein Statussymbol. Erst durch das Bullitt hat sich da der Markt geändert. Das Bullit hatte nichts mehr mit dem Mutti oder Ökofahrrad zu tun. Auf einmal war es Hip, Lastenrad zu fahren. Natürlich werden dann auch solche Kühe gemolken. Alle möglichen aber auch teilweise sinnfreien Dinge mit zum Produkt verkauft und die Preise ziehen nach oben. Das ist jetzt aber kein Alleinstellungsmerkmal für Lastenräder.
Ein gutes, haltbares und günstiges Lastenrad wird es von der Stange nicht geben. Da haben die Hersteller bisher in allen Lebensbereichen mit Absicht versagt.
Ohne deine Nutzungsbedingungen zu kennen, ist es auch nicht möglich dir ein Lastenrad oder Komponenten dafür zu empfehlen.
 
Es gibt zwar wenige, da wie hier schon geschrieben wurde bei hochpreisigen Rädern mehr Marge dran ist, aber fragst du nicht nach einem Bertus?

 
Die Nutzungsbedingungen soll euren Alltagserfahrungen entsprechen und den meisten Lebenssituation in Ballungsräumen abdecken. ;-) Ich kenn auch das Bedürfniss entsprechend aller Individuellen Wünsche usw etwas zu entwickeln und bin auch dafür jemandem der eine kleine Auffahrt hat das Lovenz zu empfehlen, da es durch die so tolle Zuglenkung einen kleinen Wendekreis hat. Aber der hat ja ne eigene Auffahrt ;-) Unser Lastenrad soll mit einer stabilen Gabel lenken können. Durch die extrem breite Abdeckung soll eine extrem breite Nachfrage entstehen. Das Bakfiets hat sich ewig nicht verändert und wäre allein durch eine TrekkingSitzposition nicht mehr "Ökomuddi".
 
Probleme sind da sicher sehr vielschichtig. Mein Anspruch ist speziell und ich kann und will mir Dinge leisten. Natürlich ginge das auch mit einem günstigeren Rad, aber würde ich es dann auch so konsequent umsetzen?

Hier sind schon sehr interessierte Teilnehmer im Forum Ich gehe davon aus, dass diese auch gebildeter sind als der Durchschnitt der deutschen Bevölkerung. Es sind hier halt Menschen die sich, mal intensiver mal weniger, mit diesem Thema befassen. Im Schnitt also Menschen mit einem relativ guten finanziellen Auskommen.

Das führt dazu, dass hier viel das Thema ist ein Auto zu ersetzen, das setzt ja alleine schon Kapital frei.
Klar wäre es schön wenn man Menschen helfen könnte ihre Mobilität zu erweitern. Nur sind da oft ganz andere Dinge wichtig. Mobilität ist schon auch für viele Luxus.

In Deutschland, bzw in Europa , ist es halt so, dass man beim Gewerbe Recht viele Steuern zahlt.

Wenn ich jetzt sehe so ein Bertus kostet 1400€, kann ich da pauschal die MwSt rausrechnen, dann bleiben ca 1150€ übrig. Das dann für einen Artikel der viel Lagerfläche braucht und noch lange kein Durchlaufposten ist. Dazu kommt das nicht ganz einfache Handling, ich brauche also Platz. Es ist auch kein Artikel der sich gut versenden lässt, also ein sehr eingeschränkter Käuferkreis.

Dann muss ich, wenn ich günstig unterwegs sein will eigentlich die Wartung selber machen. Du hast das Beispiel mit der Wartung selbst genannt, wobei der Preis wirklich hoch ist. Aber ich habe dann ein Rad für 1400 mit der mindestausstattung und werde, wenn ich es nicht selber kann, in spätestens 5 Jahren Werkstattkosten in Kaufpreishöhe verursachen.

Mir fällt günstig auch nichts anderes ein. Jedenfalls nichts was man marktgerecht produzieren und verkaufen kann.

Was man machen kann ist gebrauchte oder selbstgebaute Räder verleihen oder verschenken. Geht auch mit Lastenrädern.

"BummelHummel" "Hilfsaktion mit dem Schwerpunkt Fahrrad" sind 2 Themen wo ich etwas dazu berichte.
Ein Thema gibt es noch "günstigster LongJohn" oder so ähnlich. Das ist so ein Chinakracher und man sieht gut, was mit den Dingern so passieren kann wenn die zu billig gebaut werden. Solche Schäden sind ohne ambitionierte Hobbyosten einfach nicht wirtschaftlich und haftungstechnisch zu reparieren.
Kann ich auch nur an jemanden geben, der sich zu helfen weiß, kleine Familie mit wenig Geld und ohne handwerklichen Background erlebt mit dem Rad einen Alptraum.

Also sehr individuell und immer unterschiedliche Möglichkeiten mit unterschiedlichen Lösungen.

Fahrrad ist für mich auch ein wunderbares Hobby, ich habe schon sehr viel Geld beschissen ausgegeben als für Fahrräder und Teile ;)
 
In den letzten Jahren hat sich bei mir ein ungutes Gefühl breit gemacht. Ich muss leider weit ausholen. In Hamburg gab es eine Lastenradförderung an der wir mit unserem Ersparten teilnehmen wollten aber leider keinen "Platz" bekamen.
Das ist doch das eigentliche Problem. In den Genuss der Förderung kommen hauptsächlich Menschen, die gut informiert sind und/oder sich bereits mit Lastenrädern beschäftigt haben. Manche Förderungen waren innerhalb von Stunden weg. Das ist eine Lotterie. So kann man den Kauf eines benötigten Alltagsfahrzeugs nicht planen. Dazu kommt, dass meist unklar ist, wann es die nächste Förderungswelle geben wird.
Bei anderen geförderten Dingen (E-Auto, Heizung, ...) sind die Informationen dagegen transparent und ist das Erhalten der Förderung dort kein Glücksspiel.

Wir nahmen das Geld in die Hand und kauften ein zwei Jahre altes Bakfiets in Düsseldorf und holten es nach Hamburg. Die Eigentümer erzählten stolz keinen Verlust durch die Förderung gemacht zu haben (wir haben2600€ bezahlt und in Düsseldorf gab es wohl 50% dazu). Zudem bräuchten sie es wenig, da sie es nur bei gutem Wetter dem Auto vorgezogen wurde.
Das fühlt sich natürlich unfair an. Im Endeffekt scheint es aber wohl trotzdem ein gutes Geschäft für euch gewesen zu sein (sonst hättet ihr vermutlich nicht ein Lastenrad von Düsseldorf nach Hamburg überführt). Ein Geschäft, das es ohne die aktuellen (intransparenten, unfairen, ...) Förderungen nicht gegeben hätte.

Randnotiz: Müssen die von der Stadt Düsseldorf geförderten Lastenräder nicht eine Zeit lang gehalten werden? In Hessen sind es 5 Jahre. Verkauft man es vorher, muss man die Förderung zurückzahlen.

Zuletzt habe ich ein Bakfiets Trike Narrow Steps für 350€ gekauft, wo die Werkstatt von unglaublichen Reperaturkosten von 1400€ sprach. Mich hat die Reparatur vielleicht 30€ gekostet.
Ein Bakfiets Lastenrad für 380€ - ist das nicht ein Grund zur Freude? Vielleicht ist ja doch nicht alles so schlecht? ;)

Wenn ich nun in sozialen Brennpunkten unterwegs bin sehe ich keine Lastenräder. Es ist naiv. Aber nachdem ich auch hier Diskussionen über die Geräusche der Reifen, Rohloff Schaltungen die den Wert meines Rades übersteigen usw gelesen habe - habe ich das Gefühl als würden sich im Mittelalter Leute über die Legierung ihrer Hufeisen unterhalten und ja-Gold ist bestimmt am besten. Aber darum soll es hier nicht gehen. Erstmal brauchen die Leute Pferde.
Der Preis sollte eigentlich kein Hinderungsgrund sein. Elektrische Lastenräder fangen bei 2000€ an (abzüglich Förderung, in Düsseldorf -50%, in Hessen -1000€). Selbst mit Reparaturkosten dürfte es damit (deutlich) günstiger sein als jedes Kfz.
 
Schade ist halt, darum geht es sicher auch, dass so ein Rad meist ähnlich viel kostet wie ein altes Auto. Damit für viele unerschwinglich.
 
Der Ansatz Mobilität einfach und günstig zu machen hat halt schon eine Zielgruppe, nur kann der Markt sie nicht bedienen.
 
@paschda. Ich habe natürlich ein schlechtes Gewissen. Vielen fehlt wie schon benben sagte der Background. Das darf und kann aber doch nicht die Vorraussetzung sein um in den himmlischen, lebensverändernden Genuss eines Lastenrads zu kommen. Die Angst vor den Werkstattkosten und den Mangelnden Abstellmöglichkeiten (Tiefgarenstellplatz 90€=1,5Jahre nochmal das Rad gekauft) hält vielleicht noch einige ab. Nochmal ganz naiv: wäre es besonders unfair wenn man in den nächsten Förderrunden zB das Bertus mit Mittelmotor und Akku (2200€) verschenkt? (+3Jahre Inspektion) Wäre ebenso eine Lotterie, weil begrenzt. Besser als jemandem die gleiche Summe zuzuzahlen und dann ist das Rad nur ein schickes Extra. Inzwischen wird beim Lastenradhändler von der Versicherung bis zum GPS Sorglospaket alles verkauft. Die laufenden Kosten eines Load75, das in Hamburg sicher steht übersteigt die Leasingrate eines Autos. Ich habe nach der Erfahrung mit dem Narrow einfach Angst dass das "Durchsickern" nicht klappt. Die Werkstatt bat tatsächlich an das Rad zu verschrotten. Ich fühle.mich an die Autoindustrie erinnert....wie RasendeBadewanne schon sagte- es lässt sich viel aus der Autoindustrie auf diese Prozesse übertragen. Aber muss das so kommen? Das man pauschal 1000€ dazu gibt, wie in Hessen, finde ich super.
 
Danke @SteffenHamburg, dass Du dieses für eine Verkehrswende äußerst wichtige Thema ansprichst!

Aber erstmal die Genossenschaften, den größten Wohnungseigentümer (die Stadt bzw SAGA) verpflichten einen kleinen Teil der Tiefgaragen für Lastenräder frei zu machen- erstes Problem gelöst.

Auf diese Idee bin ich auch erst kürzlich gekommen...
Wir haben eine „Stellplatz-Verordnung“, die vorschreibt, wieviele Kfz-Stellplätze bei einem Neubau vorgesehen werden müssen, aber keine für Fahrrad- und Lastenradstellplätze...
Mit vernünftigem Menschenverstand kann das doch eigentlich gar nicht sein...

Der Preis sollte eigentlich kein Hinderungsgrund sein. Elektrische Lastenräder fangen bei 2000€ an (abzüglich Förderung, in Düsseldorf -50%, in Hessen -1000€). Selbst mit Reparaturkosten dürfte es damit (deutlich) günstiger sein als jedes Kfz.
Die Förderung ist von Bundesland zu Bundesland uneinheitlich, und sogar von Kommune zu Kommune.
Für E-Autos ist sie bundesweit einheitlich.

Schade ist halt, darum geht es sicher auch, dass so ein Rad meist ähnlich viel kostet wie ein altes Auto. Damit für viele unerschwinglich.
Man darf es dann aber auch gern immer wieder gegen die laufenden Kosten eines Autos gegenrechnen. Bleibt günstiger.
Ist günstiger, wenn man auf das Auto verzichtet.
Die Allermeisten rechnen aber mit „so oft wie möglich auf das Auto verzichten“, das heißt, dass das Auto bleibt, und weiterhin nahezu die gleichen Kosten verursacht, und die Kosten für das Fahrrad da noch oben drauf kommen.

Der Ansatz Mobilität einfach und günstig zu machen hat halt schon eine Zielgruppe, nur kann der Markt sie nicht bedienen.
Der Markt will sie meiner Meinung nach auch gar nicht bedienen, weil an einem 7.000.-€-Rad wesentlich mehr verdient ist, als an einem 1.200.-€-Rad.
Hier könnte meiner Meinung nach ein erster Schritt sein, die Förderung von prozentual auf pauschal umzustellen.
Außerdem natürlich dringend bundesweit einheitlich.
 
Ich weiß jetzt schon das ich mich hier gleich extrem unbeliebt mache, aber sei's drum.

Wenn ich nun in sozialen Brennpunkten unterwegs bin sehe ich keine Lastenräder.
In sozialen Brennpunkten sieht man oft auch kaum normale Fahrräder. Selbst Kinder fahren meist keines und das, obwohl gebrauchte Kinderräder auf z.B Kleinanzeigen vielerorts praktisch verschenkt werden. Geld ist da meist gar nicht nicht der Hinderungsgrund.
Die Realität außerhalb eurer Fahrrad-Bubble sieht halt so aus, das viele Menschen in diesen Vierteln gar kein Interesse an Fahrrädern haben und erst recht nicht an Lastenrädern. Die sind dort nicht cool - erst recht nicht bei den jungen Leuten. Die wollen einen Daimler oder BMW, denn das sind nach wie vor Statussymbole mit denen man demonstrieren kann, das man es zu etwas gebracht hat.

Im Hamburger Osten baut Stevens seine Räder und ist mit seiner Marktposition zufrieden und ist daher erstmal nicht zu bewegen an dieser Stelle Verantwortung zu übernehmen.
Warum sollten die auch eine irgendwie geartete 'Verantwortung' übernehmen? Das ist ein Unternehmen und kein Wohlfahrtsverein.
Es ist Aufgabe des Sozialstaats die gesellschaftliche Balance zu halten und dafür zu sorgen das auch die weniger begüterten noch ein auskommen finden. Dafür nimmt insbesondere der deutsche Staat horrende Steuern von Bürgern, wie Betrieben und leistet sich eine Sozialbudget von mitlerweile fast 1,2(!) Billionen Euro jährlich.
Will damit sagen:Geld wäre theoretisch mehr als genug da, wenn es nur mal dort eingesetzt würde wo man es tatsächlich bräuchte.
Statt dessen versackt ein nicht unerheblicher Teil dieses Geldes in ineffizienten Verwaltungsstrukturen und unsinnigen Spaßprojekten ohne Mehrwert für die Bevölkerung.

Es geht dabei um Mobilität und am Ende sozialer Anerkennung.
Mobil ist man auch mit einem einfachen alten Drahtesel. An letzterem kann man mit etwas handwerklichem Geschick dann auch alles selbst reparieren im Gegensatz zu vielen modernen eBikes bei denen im Falle eines Motorschadens oder Elektronikprobleme meist Game-Over ist.

Vor besagten Mietshäusern stehen dann Statussymbole um ihrendwie Anerkennung zu bekommen oder zu fühlen.
Du glaubst doch nicht etwa ernsthaft, das wenn man denen jetzt super günstig Lastenräder hinstellt, oder gar schenkt, dann kaufen die sich keine Statusautos mehr? Oh my sweet summer child.

Aber erstmal die Genossenschaften, den größten Wohnungseigentümer (die Stadt bzw SAGA) verpflichten einen kleinen Teil der Tiefgaragen für Lastenräder frei zu machen- erstes Problem gelöst.
Man kann der Bevölkerung nicht einfach eine Lebensweise aufzwingen. Indem man versucht den Menschen mit Verpflichtungen oder Verboten eine bestimmte Haltung aufzuzwingen erntet man nur erst recht widerstand. Das müssen aktuell auch so einige politische Akteure in Berlin lernen.
Als jemand der sich im libertären Spektrum sieht sage ich euch: Wenn man den Leuten das Rad fahren schmackhaft machen will, dann indem man es attraktiver gestaltet, nicht indem man Autofahren teurer macht oder komische Verbote erlässt. Es gilt das Gebot der positiven Verstärkung.

Ich habe natürlich ein schlechtes Gewissen.
Viele Menschen dieser Tage fallen auf dieses 'Guilt tripping' herein und lassen sich einreden eine unmittelbare Mitschuld daran zu tragen das es anderen nicht so gut geht wie ihnen.
Es ehrt dich natürlich das du dir Gedanken machst wie man anderen weniger gut situierten Menschen helfen kann. Das solltest du aber nicht aus irgendwelchen diffusen Schuldgefühlen heraus tun die dich zu etwas verpflichten, sondern weil du gerne anderen etwas gutes tun möchtest.
 
@Kaffeetanne ich sehe es sehr ähnlich und denke nicht, dass man sich mit Argumenten unbeliebt machen kann. In sozialen Brennpunkten wird zu wenig Rad gefahren? Stimmt! Wieder Radführerscheine an Schulen usw einführen! Radkurse für Eltern / Auffrischung usw. Selbstwirksamkeit schafft auch Status. Man sollte nur die Barrieren erkennen und beseitigen. Stevens als Beispiel weil sie in einem HamburgerBrennpunkt produzieren und noch kein Lastenrad dabei ist. Natürlich soll Stevenz gewinnbringend handeln. Wie das mit soeinem Rad möglich ist wäre die Frage. Das ein Vergleich zwischen einem BMW und einem Fahrrad im Bezug auf den Komfort blöde ist, das ist mir klar. Für Person XY geht es darum Mobil zu sein und hat von seinem "Influencer-Helden" gesehen wie er Lastenrad fährt und kauft sich eins. Anschließend überdenkt er seinen Kredit den XY fast für den BmW aufgenommen hätte und leiht sich abundzu ein MilesTesla. Wenn dieses Szenario nur in einem von 100 Fällen, wie in meiner "sweeetSummerChildVorstellung", passiert, ist schon etwas gewonnen. Das Lastenrad, nach dem ich hier fragte soll auf keinen Fall die Möglichkeit des Game-Over bieten. Wie gesagt, auf Kompatibilität ausgelegt. So wie es derzeit ist hast du aber absolut Recht. Das uns auch der Autoverkehr aufgezwungen wurde steht historisch außer Frage und ist mit unzählingen Verboten und Geboten verbunden. (Stellplatz-Verordnung). Gibt es derzeit nicht viele Aufgezwungen Lebensweisen, die nicht immer nur staatlich verordnet sind? (Wozu das Bundeskartellamt ?)Vieles halte ich dabei für destruktiver als Stellplätze für Lastenräder. Auf einen PKW Stellplatz würden 4 Lastenräder passen und der Vermieter verlangt nur 1/3 des Preises.Da wäre evtl dein genanntes Gebot erfüllt ;-) Guilt Tripping macht wahrscheinlich unglücklich und ist wohl selten zielführend. Ich danke Dir für diese Fremdwahrnehmung und lasse sie in meine Selbstwahrnehmung einfließen. Ich fühle mich zumindest in dem Maße schuldig, dass ich hier Mal darüber plaudern wollte um zu vermeiden in irgendeiner Blase gefangen zu sein. Mir geht es bei dieser Plauderei vorrangig um konstruktive Kritik am Lastenradmarkt, Förderung usw.
 
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Hufeisen aus Gold sind in der Tat hervorragend wenn es um Geräuschdämpfung geht. Bei der Reichweite versagen sie wohl.

Der Trend zum Lastenrad statt Auto funktioniert eben nur durch SUVsierung der Lastenräder. Darum Omnium und Bullitt. Nach wie vor schlichte, taugliche Räder die Spaß machen und ein top Design haben, ganz ohne Pizzabox und Bullshit. Bei Bedarf kann man aufrüsten, nachrüsten oder ab Werk ne bessere Ausstattung wählen. Darum wird es für mich auch nie was anderes geben.
 
Sorry, aber hier muss ich einmal reingrätschen. @Kaffeetanne , das ist mir zu pauschalisiert. Ich hab die letzten Jahre im DaZ-Zentrum gearbeitet, in einer Kleinstadt. Den Kids dort blieb und bleibt gar nix über außer Rad zu fahren und zwar genau mit den Mühlen die auf Kleinanzeigen verschenkt werden. Die weniger Privilegierten waren dann auch die, die auch im Winter noch mit mir am Fahrradständer standen.
@SteffenHamburg die „Fahrradführerscheine“ sind eigentlich in fast alles Bundesländern noch vorgesehen. Häufig scheitert es aber an der Infrastruktur und daran, dass ein Polizist alles Schulen der Stadt abdecken muss…
 
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