"Berlin autofrei"

Die Frage ist, wie man diese Verkrustung aufbrechen kann? Denn zu warten, bis vor allem meine Generation (50+) + die noch älteren aus dem Berufsleben wächst oder wegstirbt, dauert zu lange. Die Zeit haben wir nicht.
Ich denke, wir werden es schon irgendwie hinbekommen.
Die Unwetterkatastrophe in Ahrtal und co hat mit ihren Zerstörungen und Unsummen die für den Wiederaufbau notwendig sind gezeigt, wohin es geht.
Noch ein Ahrtal werden wir nicht bezahlen können. Selbst wenn, hätten wir nicht die Materialien, es wieder zu errichten.

Wir haben die kaskadierenden Effekte an der Backe.
 
Genau beim Geld seh ich auch das Problem. Bis jetzt haben unsere Regierungen versucht, unbequeme Entscheidungen den Leuten mit Geldgeschenken schmackhaft bzw. erträglich zu machen. Das wird nicht mehr funktionieren. Die Schulden der Katastrophen aus den letzten beiden Jahren bzw. aktuell lassen das nicht mehr zu.

Heißt Einschränkungen für die Mehrheit der Bevölkerung. Nur traut sich bis jetzt kaum einer unserer Politiker, das auszusprechen und mal Tacheles zu reden. Ich bin also gespannt …
 
Mittelfristig werden wir alle unser Reiseverhalten ändern müssen. Die jetzigen Krisen werden dies beschleunigen. Individuell mögen wir uns ja einschränken können was Urlaubs und Freizeitreisen angeht. Pendler dagegen haben richtige Probleme.
Wie ein Bekannter mal meinte: das schöne billige Haus auf dem Land und die Fahrten zur Maloche noch subventionieren lassen, das geht gar nicht.
Inzwischen sind im Landkreis mit Bahnanschluss die Immobilien auch teuer geworden.
Unser Wohlstand hier in D beruht auf exportierten Industriegütern, da ist bald der Ofen aus. In wieweit wir es uns noch erlauben wollen (können) die Augen vor dieser Tatsache zu verschließen .... ???
 
Danke für die vielen Beiträge! :cool:
Hatte den Faden schon fast aufgegeben ... ;)
Aber gut Ding will Weile haben.

In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen bin ich inzwischen auch ganz klar der Meinung: einfach mal machen!

Ich fahre jeden (Nicht-Homeoffice) Tag meine fast 13 km one-way von Tegel in den Gesundbrunnen und zurück. Und mach auch sonst alle Besorgungen in Berlin mit dem (Lasten-) Rad. Ich möchte es nicht missen! Das Auto ist kaum schneller und macht keinen Spaß. Hab zwar noch eins, kann aber eigentlich schon längst weg. Ist eher Bequemlichkeit/Faulheit, mich drum zu kümmern.

Und Mitte wäre ohne Autos ein richtig lebenswerter Ort, bzw. könnte es sein. Z.B. der Bereich um den Alex. Diese riesigen asphaltierten Flächen. Was könnte man dort für schöne Grünanlagen gestalten...

Was mich ärgert sind genau die geschilderten Hindernisse. Diese massive Zentrierung auf den MIV und den Fetisch Auto in der ganzen Gesellschaft ist eine gewaltige Hürde. Die Frage ist, wie man diese Verkrustung aufbrechen kann? Denn zu warten, bis vor allem meine Generation (50+) + die noch älteren aus dem Berufsleben wächst oder wegstirbt, dauert zu lange. Die Zeit haben wir nicht.
Ich habe knapp ein Jahr in der Stockholmer Innenstadt gelebt - da ist der Autoverkehr ja auch schon deutlich zurückgedrängt und es ist toll, wie angenehm das den Alltag macht. Bei uns im Viertel (Gamla Stan) durfte man nur bis 11:00 Uhr einfahren, danach nur noch mit Sondergenehmigung. Wenn wir mal was mit dem Auto transportieren mussten, war das umständlich: 40 Minuten aus der Stadt raus, Auto holen, dann wieder in die Stadt, dann Zeitslot für Einfahrt beantragen, Ausladen, schnell wieder raus und zurück ins Parkhaus, dann wieder 40 Minuten zurück. Der Preis war hoch. Macht man dann selten. Aber der Gewinn an Lebensqualität ist so hoch, dass ich das jederzeit wieder so machen würde. Zumal man sehr schön mit dem Rad zum Auto fahren konnte, also sogar noch Bewegung bekommen hat :cool:

Das kam ja auch nicht ganz automatisch. Man hat z.B. die Innenstadtmaut (Trängselskatt) erst zur Probe eingeführt, später dann die Menschen in der größeren Innenstadt befragt und knapp entschieden dass das Konzept weitergeführt wird. Der ÖPNV ist gut und wird massiv ausgebaut, die Radwege sind auch schon sehr ordentlich. Ein Auto in der Innenstadt abzustellen ist hingegen enorm teuer.
In den Aussenbezirken gibt es Parkhäuser, die man mit Monatskarten kostenlos nutzen kann, direkt an U-Bahnhöfen.
Mittlerweile hat Göteborg das auch eingeführt.

Also eine Mischung aus hohen Kosten, Beteiligung, Belohnung durch mehr Lebensqualität und guten Alternativen.
Man fühlt sich mit dem Fahrrad und als Nutzer des ÖPNV dort viel willkommener als z.B. hier in Bonn. Da fühle ich mich schon unwohl in der Nacht, und ich bin männlich und 1,90m.
Man muss den Menschen zeigen, dass sie willkommen sind, dass sie sich sicher fühlen können, auf dem Rad und im ÖPNV.

Ich habe ja die Hoffnung, dass die Berliner da in Deutschland ein wenig Vorbild werden.
 
Ich will mal was loswerden. Es steht in krassem Kontrast zu dem, was man sich unter Verkehrswende vorstellt.

Gestern habe ich mit dem Lastenrad eine Fahrt nach Pankow Kirch / Florakiez gemacht, war dienstlich unterwegs.

Die Straßen Breite-Straße Ecke Berliner Straße komplett zu. Die Straßenbahn steht drei Ampelphasen mitten auf der Kreuzung. Keine Bewegung bei den Pkws. Stillstand.
Ich habe das für ein zufälliges und selten seltsames Vorkommnis gehalten…bis ich in der Florastraße angekommen bin.
Vollstau - nichts bewegte sich

Dann habe ich unser Büro aufgesucht…Fahrrad in den Hof gestellt, abgeschlossen..hoch, Drucker geholt..eingepackt und Ladung gesichert…

Auf der Straße…Vollstau… ich hatte Glück, dass ich durch eine Lücke auf die andere Fahrspur gelangen konnte.

Ein anderes Büro um die Ecke aufgesucht…
Ich bin letztlich nicht am Fließverkehr auf die Fahrbahn gekommen, musste bis zu einer Fußgängerfurt schieben und nochmals warten…

Es war die krasseste Verkehrserfahrung, die ich in dieser Gegend gemacht habe.

Und das lange Lastenrad war für diese Situation nicht die richtige Wahl.

Verkehrswende sollte anders aussehen.

Mir wurde heute bestätigt, dass es wohl sehr oft so in Pankow Kirche zugeht.
 
Ich finde die Breite Straße ist für Radfahrer echt gut/"schön" geworden.
Um Welten besser als noch vor 10 Jahren, als ich noch in Pankow gewohnt habe.
Für Autos zwar ein Nadelöhr in beide Richtungen, aber da wollen wir mit der Verkehrswende doch eigentlich hin, oder nicht?
Also das Autofahren in Städten unattraktiver machen.
Ich war jedenfalls bedient als ich letztes Mal dort durch musste.
Aktuell kann man aber auch nicht von der Pasewalker Richtung Innenstadt abbiegen. Die müssen jetzt alle dort lang. Das Verkehrsaufkommen dürfte dort momentan 2 - 3 mal so hoch sein wie üblich.
It is how it is, wie der Franzose sagt. ;)
 
Ich finde die Breite Straße ist für Radfahrer echt gut/"schön" geworden.
Um Welten besser als noch vor 10 Jahren, als ich noch in Pankow gewohnt habe.
Für Autos zwar ein Nadelöhr in beide Richtungen, aber da wollen wir mit der Verkehrswende doch eigentlich hin, oder nicht?
Also das Autofahren in Städten unattraktiver machen.
Ich war jedenfalls bedient als ich letztes Mal dort durch musste.
Aktuell kann man aber auch nicht von der Pasewalker Richtung Innenstadt abbiegen. Die müssen jetzt alle dort lang. Das Verkehrsaufkommen dürfte dort momentan 2 - 3 mal so hoch sein wie üblich.
It is how it is, wie der Franzose sagt. ;)
Du meinst, diese Stausituationen sind gewollt und sollen das Autofahren in der Stadt unattraktiv machen?
 
Was mich ärgert sind genau die geschilderten Hindernisse. Diese massive Zentrierung auf den MIV und den Fetisch Auto in der ganzen Gesellschaft ist eine gewaltige Hürde. Die Frage ist, wie man diese Verkrustung aufbrechen kann? Denn zu warten, bis vor allem meine Generation (50+) + die noch älteren aus dem Berufsleben wächst oder wegstirbt, dauert zu lange. Die Zeit haben wir nicht.
Wundert's dich?
Es heißt ja immer, Adolf hat Deutschland in den Ruin getrieben und das Land verwüstet - aber dafür gab er uns den Volkswagen und die Autobahn! Das ist ein Stück weit Aufarbeitung bzw. Verdrängung der Geschichte.
 
Du meinst, diese Stausituationen sind gewollt und sollen das Autofahren in der Stadt unattraktiv machen?
Nee, sowas ist eher historisch gewachsen und letztlich ein Ergebnis der autogerechten Stadt -> Mehr Autos, mehr Stau, mehr Infrastruktur (wo es geht -> wo es nicht geht -> Nadelöhr) -> mehr Autos -> ....
Dahinter steht das Denken: One more lane will fix it. Funzt nur einfach nicht, nirgendwo.
Gab dazu mal ne gute Studie aus den USA, find ich grad nicht mehr... Tenor: Je mehr Spuren, desto mehr Stau.

Aber grundsätzlich trifft der Punkt von @JanJan genau ins Schwarze: Je attraktiver, bequemer, subventionierter etc. Autofahren, desto mehr wirds gemacht. Mobilitätswende geht halt nur mit Push&Pull.
 
Hallo miteinander
Ich persönlich bin mehrfach in den Allerwertesten gekniffen.
Brauche ein Auto um mit allem was für mehrere Monate eben notwendig ist nach Frankreich zu fahren.
Zahle Kfz Steuer auch in der Zeit wenn das Auto nicht in Deutschland ist.
Ich stehe nicht im öffentlichen Verkehrsraum, wenn in Deutschland weil ich einen Stellplatz auf Privatgrund gemietet habe.
Ich fahre deutlich mehr Kilometer im Jahr mit dem Rad als mit dem Auto.
Gerecht und gut für die Umwelt wäre eine umverteilende Mobilitäts Steuer.
Fußgänger und und Radler bekommen für ihre Wege was raus ÖNPV Nutzer zahlen ein wenig und Autofahrer eben mehr pro Kilometer ein.
Genau so könnte das Parken auf öffentlichen Flächen mit einfließen.
In meinem Fall bekähme ich was raus wegen der deutlichen mehr Km mit dem Rad.

Gruß Fripon
 
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