Eure Erfahrungen mit Kettenschaltungen am Lastenrad

Für ein Getriebe ist zunächst mal nur das Drehmoment entscheidend.*

Beim Nabengetriebe ist die Sache damit übersichtlich: Was der Fahrer auf die Pedale bringt, unterliegt natürlichen Grenzen und was davon am Getrieberitzel ankommen darf, limitiert der Hersteller durch die Angabe einer kleinstzulässigen Übersetzung (Kettenblatt/Ritzel). Wichtig zu wissen dabei: Wenn man diese kleinstzulässige Übersetzung unterschreitet, etwa um zu einem besonders kurzen ersten Gang zu kommen, überlastet man das Getriebe in allen Gängen, nicht nur im kleinsten.

Bei der Kettenschaltung befindet sich das halbe Getriebe an der Kurbel, der Rest an der Hinterachse. Wenn du 22:14 Zähne fährst, hast du die gleiche Übersetzung wie bei 44:28 Zähnen. Am Hinterrad, den Freilaufsperrklinken, kommt also in beiden Fällen das selbe Drehmoment an, aber die Zugkraft in der Kette ist beim kleinen Kettenblatt doppelt so hoch. Die Kette und Zahnräder werden dort also höherem Verschleiß unterliegen. Wer seiner Kettenschaltung was Gutes tun will, der treibt sich also bevorzugt auf den größeren Kettenblättern rum.

Wenn das Gesamtgewicht beim Lastenrad nun 200kg beträgt, statt 100kg beim Standardrad, benötigst du ein höheres Anfahrmoment, um die Fuhre in Bewegung zu setzen und hast in Fahrt einen größeren Roll- und Steigungswiderstand. Beim Anfahren mußt du dich halt ordentlich ins Zeug legen, um möglichst schnell auf eine stabile Geschwindigkeit zu kommen (wg. Gleichgewicht), aber so bald du in Fahrt bist, setzt wieder der "Motor" die Grenze. Mehr als vielleicht 150 Watt leistest du nun mal nicht auf Dauer. Deswegen wirst du in der Ebene einen Gang einlegen, den der MTBler erst bei einer leichten Steigung benötigt und eine Steigung wirst du in einer kürzeren Übersetzung und damit langsamer hochradeln als dieser. Insgesamt wird der gesamte Antriebsstrang dadurch schon höher belastet, wird auch schneller verschleißen, aber von einer Überlastung (Bruch irgendeines Bauteils) kann man da noch nicht unbedingt reden.

*Irgendwann ist das Getriebe natürlich auch mal mit der zu übertragenden Leistung überfordert und wird dann z.B. zu warm. Aber diese Grenze ist weitgesteckt. Wenn zwei Bahnradler mit baumstammdicken Oberschenkeln auf einem Tandem die Rohloff-Nabe grillen wollen, dürften sie jedenfalls gehörig ins Schwitzen kommen.
 
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Erst ein Mittelmotor verschiebt da die Verhältnisse.

Tut er. Aber warum werden Schaltungen, wie Nuvinci und Alfine8 auch mit Mittelmotor verwendet und halten das aus?
Ganz einfach: Der Mittelmotor entfaltet ein gleichbeibendes Drehmoment, während zwei Pedaleure auf einem Tandem im Wiegetritt immer pulsweise das Drehmoment in das Getriebe prügeln. Das sind viel höhere Lastspitzen, die eine Schaltung ordentlich belasten.

Was Naben an Lastenrädern allgemein angeht: Ich habe beste Erfahrungen mit einer Brave Monster Nabe!
Ich habe eine Deore-Nabe in einem Sommer geschrottet. (Lager begannen bei höheren Geschwindigkeiten zu "kreischen", weil Achse verbogen.)

Die Brave Monster läuft nun schon an die 10000km und läuft immer noch erstklassig.
Und ich nehme das Rad schon etwas härter ran. Bordstein runter mit 90 Kilo Beladung hinten ohne Rücksicht auf Verluste! Niedrige Bordsteine rauf ohne Abbremsen, solange ich sicher bin, keinen Snakebite zu riskieren. Und ich fahre dabei im Sommer 2.35 Reifen mit 4 Bar.

Grundsätzlich würde ich in einem Lastenrad IMMER Naben mit Scheibenbremsaufnahme verbauen. Dort ist das linke Lager üblicherweise schön nahe am Ausfallende, was das Biegemoment auf der Achse verringert.
Am besten wohl Downhill-Naben.

Oder eben Rohloff und sicherheitshalber in der Tandem-Version. So weit ich weiß hat die für 20 Euro mehr eine stärkere Achse drinne. Und auf die Achse kommt es ja beim Lastenrad an.
 
Snakebite=Schlangenbiß=Felgendurchschlag, etwa an einer Bordsteinkante. Der hinterläßt die typischen zwei Löcher im Schlauch, die wirklich aussehen wie ein Schlangenbiß.
 
Beim Nabengetriebe ist die Sache damit übersichtlich: Was der Fahrer auf die Pedale bringt, unterliegt natürlichen Grenzen und was davon am Getrieberitzel ankommen darf, limitiert der Hersteller durch die Angabe einer kleinstzulässigen Übersetzung (Kettenblatt/Ritzel). Wichtig zu wissen dabei: Wenn man diese kleinstzulässige Übersetzung unterschreitet, etwa um zu einem besonders kurzen ersten Gang zu kommen, überlastet man das Getriebe in allen Gängen, nicht nur im kleinsten.
Das Problem ist halt: bei einem Lastenrad ist die übliche minimal zugelassene Gesamtübersetzung, die incl. dem Nabengetriebe meist so knapp über 1:1 liegt idR viel zu dick. Schon moderate Steigungen sind ohne Motor kaum mehr fahrbar und mit Motor ist bei zweistelligen Steiungsprozenten so langsam auch schluss.

Die resultierende Gesamtübersetzung ist dann ungefähr so wie bei einem MTB, bei dem man das kleine Kettenblatt weglässt. Kann ja jeder mal probieren mit beladenem Anhänger auf dem mittleren Kettenblatt nen Berg hochzufahren. Steil oder lang darf das nicht sein.

Drum sehe ich das so, dass Nabenschaltungen am Lastenrad nur absolutes Flachland geeignet sind (Rohloff mal ausgenommen).
 
Bei der Kettenschaltung befindet sich das halbe Getriebe an der Kurbel, der Rest an der Hinterachse. Wenn du 22:14 Zähne fährst, hast du die gleiche Übersetzung wie bei 44:28 Zähnen. Am Hinterrad, den Freilaufsperrklinken, kommt also in beiden Fällen das selbe Drehmoment an, aber die Zugkraft in der Kette ist beim kleinen Kettenblatt doppelt so hoch. Die Kette und Zahnräder werden dort also höherem Verschleiß unterliegen. Wer seiner Kettenschaltung was Gutes tun will, der treibt sich also bevorzugt auf den größeren Kettenblättern rum.
Klingt plausibel. Danke für die Anregung. Das dürfte so natürlich auch auf Nabenschaltungen übertragbar sein.
Hinzu kommt, dass eine höhere Anzahl an Zähnen den geringeren Verschleiß abbekommt und das Ganze hält gleich noch länger.
 
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