Fahrradschuppen mit extensiv begrüntem Dach bauen - Anleitung

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Hallo zusammen,
ich hatte angeboten, ein paar Hinweise zum Bau von extensiv begrünten Dächern zu geben, weil diese Bauweise sich gut für den Eigenbau und gerade auch für Fahrradschuppen und dergleichen eignet. So ein Dach ist hübsch anzusehen, bietet Nahrung für viele Insekten, bindet Feinstaub, speichert Wasser, kühlt die Umgebung, ist einfach zu bauen und sehr haltbar.
Was ich nicht beschreiben werde sind stärker geneigte Dächer oder extensiv begrünte Dächer, da ist noch mehr zu beachten.
So ein Gründach erfordert wenig spezielle Handwerkstechniken, man muss nur wissen wie ein guter Aufbau aussieht. Mein Erfahrung beschränkt sich dabei auf ein einzelnes Dach von 50m², das ich innerhalb eines Tages mit zwei Helfern aufbauend auf einer Holzschalung aufgebaut habe und das sich bald zwei Jahrzehnte bewährt. Amüsantes Detail dabei: Der eine Helfer war nicht schwindelfrei und der andere hat eine Wirbelsäule aus einem Stück und kann sich nur bewegen als hätte er einen Besen verschluckt!
Es gibt bei dieser Art der Dacheindeckung wenig "Zurück auf los"-Momente wie sie der Herstellung eines Pfannendaches schon mal drohen können.
Konkrete Bezugsquellen kann ich nicht nennen. Vlies und EPDM-Bahn hatten wir vom Dachdeckereinkauf, die Säcke mit dem Material wurden von einer Landschaftsgärtnerei geliefert, die Pflanzenschnipsel hat meine Frau als Rest am bewachten Tor einer Großbaustelle umsonst übergeben bekommen. Hat man erstmal zu wenig Pflänzchen ist das kein Problem, man kann nach einem Jahr Stücke von den Pflanzen abschneiden und wieder in das Substrat einsetzen, die wachsen dann an.
Diese Bauweise hier ist bewährt und gut umsetzbar, für ein kleines Dach bei reduzierten Anforderungen an die Haltbarkeit kann man den Aufbau vielleicht etwas vereinfachen.
Für ein Wohngebäude würde ich eine 8cm hohe Unterlüftungsebene darunter vorsehen, die Balken mit Pavatex Aufsparrendämmung mit verklebten Stößen abdecken, so dass man eine zweite wasserführende Ebene bekommt. So weit ich weiß gilt ein Gründach nur als "Harte Deckung" wenn es einen 50cm Kiesstreifen ringsum hat, das ist wichtig für die Gebäudeversicherung. Bei einem Fahrradschuppen würde ich das weglassen.

Materialien:
- Poyestervlies ca. 200g/m² (auch Geovlies genannt) zur Trennund von Lagen und zum Schutz der Abdichtung
- EPDM-Gummi-Bahn UV-beständig ausgerüstet, ca. 1,2mm dick (Es gibt auch andere Abdichtbahnen, aber da wird eine Durchwurzelung durch massiven Giftgehalt verhindert, micht kaufen) Die EPDM-Bahn gab es bis über 5m Breite, ein Kleben war für uns nicht notwendig.
- Drainage- und Speicherschicht, ein Material ähnlich kleineren Hydrokultur-Küglechen
- Pflanzsubstrat, ein körniges mageres Erdgemisch
- Ein Bisschen Holz für den Rand
- Ein Regenablauf der nach unten durch die Dachfläche führt, wird abdichtend mit der Dichtbahn verschraubt ("So fest anziehen wie der Akkuschrauber kann", stand da :giggle:)
- Zinkblech zum Abdecken des Randes
- Spenglerschrauben zum befestigen der Zinkblechabdeckungen
- Schalbretter als tragender Unterbau
- Geeignete Pflänzchen, es reichen Schnipsel, wie mit der Sichel abgeschnitten
- Ggfs. Kies für 50cm Kiesstreifen

Werkzeug:
- Kräftige Schere
- Handtacker mit 10mm-Klammern
- Blechschere
- Kanthölzer und Schraubzwingen zum Kanten der Zinkbleche
- Fuchsschwanz, Gestellsäge der so zum Zusägen der Hölzer
- Akkuschrauber
- Hobel zum Anfasen einiger Kanten
- Stichsäge für das Loch in der Schalung für den Dachgully

Aufbau:
- Leichte Dachneigung, 4° sind gut
- Das Dach bekommt an der Traufe und an den Seiten eine Kante die verhindert, das Wasser einfach so außen rüber läuft
- Für den Wasserablauf wird nahe der Traufe ein Loch in die Schalung gesägt, passend für den Dachgully
- Gully-Unterteil festschrauben
- Auf die Holzschalung und über die Kante hinweg wird Vlies als Schutzlage angebracht und festgetackert, keine Klammern verstreuen, scharfe oder pieksige Oberflächen entschärfen.
- Darauf wird die EPDM-Bahn faltenarm gelegt und über die Dachkanten hinweg geführt
- Ausschnitt für den Dachgully in der EPDM-Bahn erstellen
- Gully so montieren, dass zwischen Ober- und Unterteil nur die EPDM-Bahn geklemmt wird
- Regenrohr anschließen
- Auf die EPDM-Bahn wieder als Schutz eine Lage Vlies, diesmal nur bis zum Beginn der Dachkante
- Als UV-Schutz für die EPDM-Bahn an den Kanten Zinkabdeckungen kanten und anschrauben
- Darauf die Speicher- und Drainageschicht ca. 3cm hoch ausbringen, muss nicht allzu gleichmäßig sein
- Darauf eine dritte Lage Vlies (versprochen, die letzte:giggle:) als Trennlage legen
- Pflanzsubstrat aufbringen und verteilen
- Pflanzenschnipsel einsetzen
- Anfangs etwas wässern
-1x pro Jahr keine Bäume und dergl. ausreißen
- Bewässern ist später nicht mehr nötig
 
Kannst Du auch mal ein Bild vom Schuppen einstellen? Besonders die bewachsenen Details vom Rand.
 
Hört sich gut an die Anleitung, und wie stabil, tragfähig muss die Unterkonstruktion sein? Weil nach Regen wird die gesamte Dachfläche wohl einige Tonnen wiegen. Nicht dass die Dachfläche runterbricht.
Schon ein normales Flachdach kann nach Regenfall auf 50qm drei bis vier Tonnen Gesamtgewicht haben.
Gibt's dazu Berechnungen wie tragfähig die Unterkonstruktion zu sein hat.
 
Die 50 m² sind in unserem Fall ja eine Dachfläche unseres Wohnhauses, natürlich vom Statiker berechnet, bei ca. 5m Spannweite sind dabei Leimbinder 16x24 bis 20x24 rausgekommen, also schon sehr ordentlich. Brechen würde auch bei stärkerer Last nichts, aber die Decke würde weiter durchhängen als das für Wohnräume erwünscht ist.
Die Dachneigung verhindert, dass sich größere Wassermassen auf dem Dach bilden könnten. Die maximale Belastung ergibt sich daher aus dem Gewicht des trockenen Aufbaus (ca. 30 kg/m² bei 5cm Höhe) plus einer Wasserdurchtränkung des Substrats (ca. 30 kg/m² bei 5cm Höhe) plus Schneelast (in Deutschland 65-110kg/m² je nach Region).
Bei der Wahl der tragenden Konstruktion für einen Schuppen würde ich mich einfach an der Auslegung von Fertig-Carports orientieren. Die sind maximal holzsparend gerechnet, und mit leichtem Material gedeckt, also entweder deutlich kräftiger dimensionieren oder die Spannweite entsprechend reduzieren. Der Gesamtaufwand wird bei einem Fahrradschuppen nur moderat erhöht wenn man ordentliche Holzquerschnitte wählt.
Von den Seiten kann man so ein Dach mit einer Reihe Schiefer verkleiden, das sieht dann hübsch aus und ist haltbar.

Ein Foto reiche ich nach, muss dazu auf die Leiter krabbeln...
 
wie war noch gleich der spruch..ah, ja..:p
Diese These ist hier im praktischen Versuch: Durchtretendes Wasser würde über die zweite wasserführende Ebene zur Traufe geleitet werden und dort direkt vor den extra dafür installierten Fenstern duch Insektenschutzgitter heruntertropfen. Zwischenstand des Versuchs nach 18 Jahren - nix!
Reste der EPDM-Bahn sind hier an verschiedenen Stellen ohne zusätzlichen UV-Schutz frei bewittert im Einsatz und zeigen auch keine Schwächen. Unter Substrat bzw. Zinkblech sollte da also noch sehr lange nichts passieren. Beschieferte Schweißbahnen halte heute ebenfalls sehr lange, man sollte nur kein Wasser drauf stehen haben wie das in den 60ern und 70er gerne konstruiert wurde.
 
Mein Werkstattdach, vor 25 Jahren mit einer Polymer-Schweißbahn abgedichtet, ist immer noch dicht und hat sich selbst begrünt.
Das sieht inzwischen sehr schön aus! (Der Baum ist 50 Meter im Hintergrund)
Gründach_7367 2.jpegGründach_7368 2.jpeg
 
Das ist etwas was mit an dem Werkstoff Beton und an Betondachsteinen gut gefällt: Beton verliert unterhalb von 40% Feutigkeitsgehalt seine kapillare Leitfähigkeit und trocknet dadurch nur noch langsam aus. So kommt es dazu dass sich Flechten und Moose und allerlei Kleinzeug dort ansiedeln können, ohne echten Schaden anzurichten.
 
Hier ein paar Fotos. Aber wie gesagt: Für einen Fahrradschuppen kann man das sicherlich etwas einfacher bauen.

Gründach 1.jpg
 

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Ich merke mir das, bei uns wird das Asbest auf den Garagen immer undichter. Vielleicht dieses Jahr noch. Aber erstmal gucken wie ich da überhaupt eine Unterkonstruktion reinbekomme. Eine ganze Reihe vergammelter Stahlträger muss dann auch gleich raus. Da nicht beheizt und sonst Recht geschlossen möchte ich das etwas hochsetzen, sonst ist das so doof beim Alexargo aufstellen ;)
 
Wir haben einen an einer Längseite offenen Schuppen, der ist aus dem Material eines abgebauten Scheunenvordachs entstanden, mit Blechdach und -wänden. Nachteil daran ist, dass es etwas tropft, weil in bestimmten Situationen das Dach kälter als die umgebende Luft ist und Feuchtigkeit auskondensiert. Daher würde ich heute immer einen etwas besseren Dachaufbau wählen, um Rost an den eingelagerten Gegenständen zu verhindern. Das wäre mit einem Gründach gegeben.

Es ist auch heute so, dass Wald und Felder kaum noch Lebensraum für Insekten bieten und die privaten Gärten einen sehr großen Stellenwert bekommen haben. So ein Gründach bietet speziellen Pflanzen Lebensraum und ist somit besonders nützlich. Und es ist wirklich unglaublich pflegeleicht.
 
Eigentlich war einfach Blech mit dieser Vliesbeschichtung angedacht. Wenn man das Dach etwas hoch setzt und so für Lüftund sorgt, dann geht das auch. Lüsftung will ich eh machen. Ist wahrscheinlich konstruktiv auch einfacher.

Holz nutze ich natürlich auch aus Wiederverwendung ;)

Gründach reizt schon. Etwas Gefälle habe ich aber auch. Ist aber nicht viel.

Mal schauen wann ich in die Planung gehe, melde mich dann aber gaaaaanz sicher!
 
Das Blech müsste ich ja auch noch kaufen. Klar ist nur es ist nicht Dicht. Konstruktiv muss ich da auch noch etwas knobeln. Ist ganz beschissen gemacht.
 
Trapez

reicht aus. Darauf Noppenbahn aus Recycling-PE als Durchwurzelungsschutz, muss aber nicht sein.
Substrat in Kartoffelnetzsäcken aus je einem Teil Sand, Stroh, Rindenmulch, Ackerboden und Kompost ist auf unserem Dach gelandet.
Die hübschen Pflänzchen muss ich mal ansiedeln, bei uns trochnet Gras vor sich hin...
Gruß Krischan
Das waren ursprünglich verschiedene Steinbrechgewächse, mit der Zeit entwickelt der Lebensraum dann seine eigene Dynamik. Hinten im Garten baue ich für den bescheidenen Eigenbedarf Weihnachsbäume an, die haben alle ihr Leben auf dem Gründach begonnen. Aktuell wächst da aber kein einziger Baum, obwohl ich länger keine ausgerissen habe.
Die wenigsten Kunststoffbahnen sind so durchwurzelungsfest, dass sie für Gründächer für Wohngebäude bauaufsichtlich zugelassen wären, aber bei dem Fahrradschuppen um den es hier geht ist das ja auch kein Kriterium.
Von einem dauerhaft nassen Trapezblech würde ich mir eine recht endliche Haltbarkeit versprechen, die sind ja nur 0,6-0,8mm dick und ich hätte Befürchtungen, dass sie mir schnell durchrosten. Wie lange hält das bei Dir schon, @Krischan ?
Wenn man darauf achtet sieht man öfter Fahrradschuppen oder Mülltonnenunterstände mit Gründach, da kann man evtl. was von abgucken für vergleichbare Anwendungen, besonders wenn man die Leute noch beim Bau erwischt.
 
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