Moin zusammen,
ich hatte mich hier vor dem Kauf unseres Bakfiets.nl Long Cargo schlau gelesen und möchte als Dankeschön hier unsere Erfahrungen für immer in den Weiten des WWW festmeißeln. Meine Frage zur Elektrifizierung wurde mit Hinweis auf's Pedelecforum geschlossen. Das Thema Elektrifiziertes Lastenrad ist halt ein Grenzgänger. Hatte nur keine Lust, wieder einen Account für's andere Forum anzulegen, sorry an den Admin!
Die Auswahl
Wir suchten nach einer Möglichkeit, um drei Kinder mit dem Fahrrad zu transportieren. Da ich aus Holland stamme, war uns das Thema Bakfiets vertraut. Gemietet hatten wir schon ein Bakfiets.nl Long Cargo und ein Fietsfabriek Bakfiets Original. Hier in Flensburg wurde außerdem ein Bullit TNT angeboten. Da ich das Rad zumindest live anschauen wollte, standen die vielen anderen Modelle nicht zur Wahl, sonst hätten wir weit fahren müssen. Die Infos hier im Forum halfen exzellent zur Entscheidungshilfe. Die letztendliche Wahl ist ja immer ein Ergebnis aus Finanzen, Präferenzen und Anforderungen, deshalb hier unsere persönliche Meinung zu den Modellen:
Bullit
Stylisch, geil und mit erstklassigen Komponenten ausgerüstet. Läßt das Herz des Ingenieurs auf jeden Fall höher schlagen. Allerdings eeeecht teuer. Und für unseren familiären Alltagsbetrieb hätte man noch Schutzbleche, Gepäckträger, Beleuchtung und Kiste nachrüsten müssen. Das Gewicht ist natürlich eine feine Sache, allerdings relativiert es sich mit der Nachrüstung der aufgezählten Komponenten. Bei uns kam die Frage auf, ob die Gewichtsreduktion durch Kohlefaser-Sattelstütze und Lenker bei einem Lastenrad Sinn macht oder eher Fancy-Stuff ist.
Neben dem Preis sprach die mögliche Länge der Kiste sowie die Sitzposition gegen das Bullit. Meine Frau fährt lieber aufrecht.
Fietsfabriek
Die kurze Variante hatten wir eine Woche lang gefahren. Es ist ein bisschen günstiger als das Bakfiets.nl, allerdings spiegelt sich das auch in den Komponenten wieder. Alles ist etwas einfacher (was nicht schlecht sein muß). Ich habe es nicht nachgemessen, aber vom Gefühl her sitzt die Kiste höher, was man direkt am Fahrverhalten merkt. Zum Test habe ich immer meine Frau durch die Gegend gefahren. Ging mit dem Bakfiets.nl problemlos, mit dem Fietsfabriek war es etwas wackeliger. Was mir nicht gefällt, ist dass die Kiste nur mit Winkelprofilen verschraubt ist. Die verleimte Variante des Bakfiets.nl gefällt mir einfach besser (knarzt auch weniger). Gut schien uns der Reißverschluß im Zelt, durch den man die Kinder einladen konnte. Allerdings klemmte er schnell, wegen der kleinen Radien.
Bakfiets.nl
Das absolute Alleinstellungsmerkmal des Long Cargo ist die Länge seiner Kiste von 1 m, so daß man locker zwei Bänke hintereinander darin unterbringt. Die Kisten aller anderen Räder, waren mindestens 20 cm kürzer. Zum Transport von drei Kindern ist dies das alles entscheidende Kriterium.
Preislich liegt es zwischen Fietsfabriek und Bullit. Mit Zelt, Upgrade auf die stärkeren Rollenbremsen und der 8Gang-Premium-Nabe kamen wir auf 2.000 EUR. Das ist eine Stange Geld, allerdings werden die Räder komplett in Belgien und den Niederlanden gefertigt, was ich cool finde. Die Qualität merkt man an durchdachten Details, die den Alltag erleichtern. Dass der Schnellspanner am Sattelrohr als Extra gilt wunderte uns, aber das Ding ist einfach praktisch (wenn man den Sattel dauernd verstellen muss), da der Hebel extra lang ist. Positiv auch solche Details wie das Zelt, was kein bißchen stinkt, wie es solche transparenten Folien häufig tun.
Das Gewicht sehe ich inzwischen relativ. Daß ein Bullit schon allein wegen seiner Konstruktion leichter ist, ist logisch, allerdings relativiert sich der Unterschied, wenn man vom Bakfiets die Kiste (12 kg), Schutzbleche, Beleuchtung und Gepäckträger (2 kg?) abzieht.
Die Haltung ist klassisch aufrecht. Clever ist das stark geneigte Sattelrohr, wodurch der Abstand Lenker/Sattel in Relation gleich bleibt, egal ob kleine oder große Menschen drauf sitzen. Diese Konstruktion erlaubt in meinen Augen auch die extrem lange Kiste, da der Fahrer hierdurch sehr weit hinten sitzt (fast über dem Hinterrad).
Kauf
Aufgrund des Preises suchten wir zunächst nach gebrauchten Rädern, allerdings gibt es einen Markt dafür nur in Holland. Gebrauchte Bakfiets.nl Räder gibt es bei http://marktplaats.nl für ~1000 EUR, allerdings sind sie häufig recht sparsam ausgerüstet. Also nur mit der einfachsten 3Gang-Schaltung, den einfachen Rollenbremsen usw. Auch werden immer wieder Räder mit einem Bakfiets.nl Foto angeboten, entpuppen sich dann aber als China-Nachbau. Wegen dieser Risiken und der Transportkosten (Anhänger/Transporter mieten, lange Fahrt) relativierte sich der Preis und der Neukauf gestaltete sich einfacher als gedacht: Wenn Euer Händler mitmacht, muss er sich blos mit seinen gewerblichen Daten bei Bakfiets.nl anmelden und kann bestellen. Bezahlt wird vor dem Versand des Rades.
Elektrifizierung
Flensburg hat keine Berge, allerdings viele Hügel mit schnell mal 10% Steigung und bis zu 40 m Höhendifferenz. Um da gut durch zu kommen sollte das Rad elektrifiziert werden, wozu wir bei Ebike-Solutions ein Plug&Drive System (250 W Motor, 11,6 Ah Akku) bestellten. Bakfiets.nl bietet inzwischen zwar auch elektrifizierte Räder an, allerdings zu einem stolzen Preis, weshalb wir uns zum "Eigenbau" entschieden.
Zur Sicherheit bestellten wir mit dem Fahrrad die schwarze Vordergabel mit Cantilever-Sockeln, allerdings paßte am Ende auch der Bafang-Motor mit Rollenbremse in die Gabel, die dazu um 1 cm geweitet werden muß (das macht Bakfiets.nl bei seinen Pedelec-Bakfietsen auch). Die Ausfallenden muß man für die dickere Welle etwas ausfeilen und die Drehmomentenscheibe auf der einen Seite muß innerhalb der Gabel montiert werden, damit der Motor nicht daran scheuert.
Als Akku nahmen wir das Wasserflaschemodell, da es über seine Halterung einfach unter der Bank in der Kiste montierbar war. Dort findet auch der Controller problemlos Platz.
Fahrfreuden
Nachdem die Kiste lackiert und die Elektrik montiert war hat sich das Rad schon jetzt nach 3 Wochen Nutzung voll rentiert. Es herrscht bei uns ein regelrechter Run auf das Fahrrad, die normalen bleiben überwiegend im Schuppen stehen. Schnell fallen Ausreden wie "klar brauche ich das Bakfiets um das Päckchen von der Post zu holen", Lastenrad fahren ist einfach der größtmögliche Spaß. Wenn man gerne tritt, kann die Elektrik in der Ebene ausgeschaltet bleiben, doch an Steigungen weiß man sie schnell zu schätzen. Sitzen unsere Kindern in der Kiste, begegnen einem nur grinsende Gesichter und sollte einem an der Ampel einer dieser Hightech-Radler mitleidige Blicke zuwerfen, clickt man sich unauffällig auf Stufe 5 hoch, die Ampel wird grün, es mach zwoooooooooooooosch und weg ist man. So schnell wird man zum Proll.
Zum Thema Vorder- oder Hinterradantrieb scheint es ja alle Meinungen zu geben, doch ich empfinde den Motor im Vorderrad bisher als Vorteil. Gerade auf schwierigen Strecken (z.B. matschiger Waldweg) ist es ein gutes Gefühl, dass da vorne jemand das Fahrrad in die richtige Richtung zieht. Schlupf war bisher nie ein Problem.
Bei 0°C sind wir letztlich 40 km geradelt. In der Kiste saßen unsere beiden Kinder (10 und 15 kg). Dazu noch etwa 5 kg Gepäck. Gefahren ist meine Frau, die im 6. Monat schwanger nicht gerade die leistungsfähigste ist. Auf mittlerer Stufe (3/5) waren wir mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ~16 km/h unterwegs, von Teer- bis matschigen Waldwegen war alles dabei und obwohl die letzten 5 km mit höchster Stufe (5/5) zurückgelegt wurden, war der Akku am Ende noch nicht leer. Finde ich bei den Temperaturen gut.
Fazit
Jedem, der sich Gedanken über den Kauf eines Lastenrads macht kann ich nur empfehlen: Mach' es, es lohnt!
ich hatte mich hier vor dem Kauf unseres Bakfiets.nl Long Cargo schlau gelesen und möchte als Dankeschön hier unsere Erfahrungen für immer in den Weiten des WWW festmeißeln. Meine Frage zur Elektrifizierung wurde mit Hinweis auf's Pedelecforum geschlossen. Das Thema Elektrifiziertes Lastenrad ist halt ein Grenzgänger. Hatte nur keine Lust, wieder einen Account für's andere Forum anzulegen, sorry an den Admin!
Die Auswahl
Wir suchten nach einer Möglichkeit, um drei Kinder mit dem Fahrrad zu transportieren. Da ich aus Holland stamme, war uns das Thema Bakfiets vertraut. Gemietet hatten wir schon ein Bakfiets.nl Long Cargo und ein Fietsfabriek Bakfiets Original. Hier in Flensburg wurde außerdem ein Bullit TNT angeboten. Da ich das Rad zumindest live anschauen wollte, standen die vielen anderen Modelle nicht zur Wahl, sonst hätten wir weit fahren müssen. Die Infos hier im Forum halfen exzellent zur Entscheidungshilfe. Die letztendliche Wahl ist ja immer ein Ergebnis aus Finanzen, Präferenzen und Anforderungen, deshalb hier unsere persönliche Meinung zu den Modellen:
Bullit
Stylisch, geil und mit erstklassigen Komponenten ausgerüstet. Läßt das Herz des Ingenieurs auf jeden Fall höher schlagen. Allerdings eeeecht teuer. Und für unseren familiären Alltagsbetrieb hätte man noch Schutzbleche, Gepäckträger, Beleuchtung und Kiste nachrüsten müssen. Das Gewicht ist natürlich eine feine Sache, allerdings relativiert es sich mit der Nachrüstung der aufgezählten Komponenten. Bei uns kam die Frage auf, ob die Gewichtsreduktion durch Kohlefaser-Sattelstütze und Lenker bei einem Lastenrad Sinn macht oder eher Fancy-Stuff ist.
Neben dem Preis sprach die mögliche Länge der Kiste sowie die Sitzposition gegen das Bullit. Meine Frau fährt lieber aufrecht.
Fietsfabriek
Die kurze Variante hatten wir eine Woche lang gefahren. Es ist ein bisschen günstiger als das Bakfiets.nl, allerdings spiegelt sich das auch in den Komponenten wieder. Alles ist etwas einfacher (was nicht schlecht sein muß). Ich habe es nicht nachgemessen, aber vom Gefühl her sitzt die Kiste höher, was man direkt am Fahrverhalten merkt. Zum Test habe ich immer meine Frau durch die Gegend gefahren. Ging mit dem Bakfiets.nl problemlos, mit dem Fietsfabriek war es etwas wackeliger. Was mir nicht gefällt, ist dass die Kiste nur mit Winkelprofilen verschraubt ist. Die verleimte Variante des Bakfiets.nl gefällt mir einfach besser (knarzt auch weniger). Gut schien uns der Reißverschluß im Zelt, durch den man die Kinder einladen konnte. Allerdings klemmte er schnell, wegen der kleinen Radien.
Bakfiets.nl
Das absolute Alleinstellungsmerkmal des Long Cargo ist die Länge seiner Kiste von 1 m, so daß man locker zwei Bänke hintereinander darin unterbringt. Die Kisten aller anderen Räder, waren mindestens 20 cm kürzer. Zum Transport von drei Kindern ist dies das alles entscheidende Kriterium.
Preislich liegt es zwischen Fietsfabriek und Bullit. Mit Zelt, Upgrade auf die stärkeren Rollenbremsen und der 8Gang-Premium-Nabe kamen wir auf 2.000 EUR. Das ist eine Stange Geld, allerdings werden die Räder komplett in Belgien und den Niederlanden gefertigt, was ich cool finde. Die Qualität merkt man an durchdachten Details, die den Alltag erleichtern. Dass der Schnellspanner am Sattelrohr als Extra gilt wunderte uns, aber das Ding ist einfach praktisch (wenn man den Sattel dauernd verstellen muss), da der Hebel extra lang ist. Positiv auch solche Details wie das Zelt, was kein bißchen stinkt, wie es solche transparenten Folien häufig tun.
Das Gewicht sehe ich inzwischen relativ. Daß ein Bullit schon allein wegen seiner Konstruktion leichter ist, ist logisch, allerdings relativiert sich der Unterschied, wenn man vom Bakfiets die Kiste (12 kg), Schutzbleche, Beleuchtung und Gepäckträger (2 kg?) abzieht.
Die Haltung ist klassisch aufrecht. Clever ist das stark geneigte Sattelrohr, wodurch der Abstand Lenker/Sattel in Relation gleich bleibt, egal ob kleine oder große Menschen drauf sitzen. Diese Konstruktion erlaubt in meinen Augen auch die extrem lange Kiste, da der Fahrer hierdurch sehr weit hinten sitzt (fast über dem Hinterrad).
Kauf
Aufgrund des Preises suchten wir zunächst nach gebrauchten Rädern, allerdings gibt es einen Markt dafür nur in Holland. Gebrauchte Bakfiets.nl Räder gibt es bei http://marktplaats.nl für ~1000 EUR, allerdings sind sie häufig recht sparsam ausgerüstet. Also nur mit der einfachsten 3Gang-Schaltung, den einfachen Rollenbremsen usw. Auch werden immer wieder Räder mit einem Bakfiets.nl Foto angeboten, entpuppen sich dann aber als China-Nachbau. Wegen dieser Risiken und der Transportkosten (Anhänger/Transporter mieten, lange Fahrt) relativierte sich der Preis und der Neukauf gestaltete sich einfacher als gedacht: Wenn Euer Händler mitmacht, muss er sich blos mit seinen gewerblichen Daten bei Bakfiets.nl anmelden und kann bestellen. Bezahlt wird vor dem Versand des Rades.
Elektrifizierung
Flensburg hat keine Berge, allerdings viele Hügel mit schnell mal 10% Steigung und bis zu 40 m Höhendifferenz. Um da gut durch zu kommen sollte das Rad elektrifiziert werden, wozu wir bei Ebike-Solutions ein Plug&Drive System (250 W Motor, 11,6 Ah Akku) bestellten. Bakfiets.nl bietet inzwischen zwar auch elektrifizierte Räder an, allerdings zu einem stolzen Preis, weshalb wir uns zum "Eigenbau" entschieden.
Zur Sicherheit bestellten wir mit dem Fahrrad die schwarze Vordergabel mit Cantilever-Sockeln, allerdings paßte am Ende auch der Bafang-Motor mit Rollenbremse in die Gabel, die dazu um 1 cm geweitet werden muß (das macht Bakfiets.nl bei seinen Pedelec-Bakfietsen auch). Die Ausfallenden muß man für die dickere Welle etwas ausfeilen und die Drehmomentenscheibe auf der einen Seite muß innerhalb der Gabel montiert werden, damit der Motor nicht daran scheuert.
Als Akku nahmen wir das Wasserflaschemodell, da es über seine Halterung einfach unter der Bank in der Kiste montierbar war. Dort findet auch der Controller problemlos Platz.
Fahrfreuden
Nachdem die Kiste lackiert und die Elektrik montiert war hat sich das Rad schon jetzt nach 3 Wochen Nutzung voll rentiert. Es herrscht bei uns ein regelrechter Run auf das Fahrrad, die normalen bleiben überwiegend im Schuppen stehen. Schnell fallen Ausreden wie "klar brauche ich das Bakfiets um das Päckchen von der Post zu holen", Lastenrad fahren ist einfach der größtmögliche Spaß. Wenn man gerne tritt, kann die Elektrik in der Ebene ausgeschaltet bleiben, doch an Steigungen weiß man sie schnell zu schätzen. Sitzen unsere Kindern in der Kiste, begegnen einem nur grinsende Gesichter und sollte einem an der Ampel einer dieser Hightech-Radler mitleidige Blicke zuwerfen, clickt man sich unauffällig auf Stufe 5 hoch, die Ampel wird grün, es mach zwoooooooooooooosch und weg ist man. So schnell wird man zum Proll.
Zum Thema Vorder- oder Hinterradantrieb scheint es ja alle Meinungen zu geben, doch ich empfinde den Motor im Vorderrad bisher als Vorteil. Gerade auf schwierigen Strecken (z.B. matschiger Waldweg) ist es ein gutes Gefühl, dass da vorne jemand das Fahrrad in die richtige Richtung zieht. Schlupf war bisher nie ein Problem.
Bei 0°C sind wir letztlich 40 km geradelt. In der Kiste saßen unsere beiden Kinder (10 und 15 kg). Dazu noch etwa 5 kg Gepäck. Gefahren ist meine Frau, die im 6. Monat schwanger nicht gerade die leistungsfähigste ist. Auf mittlerer Stufe (3/5) waren wir mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ~16 km/h unterwegs, von Teer- bis matschigen Waldwegen war alles dabei und obwohl die letzten 5 km mit höchster Stufe (5/5) zurückgelegt wurden, war der Akku am Ende noch nicht leer. Finde ich bei den Temperaturen gut.
Fazit
Jedem, der sich Gedanken über den Kauf eines Lastenrads macht kann ich nur empfehlen: Mach' es, es lohnt!
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