Voilà – da haben wir’s. Jedes Rad hat seine Grenzen.
Genau! Deswegen haben wir auch einfach mehrere.
Wir haben das ganze
evolutionär angegangen. Wir wussten nicht gleich alles (in Bezug auf Kinder- und Familien-Transportbedürfnisse) und mussten erst einmal in der Praxis herausfinden, was uns wichtig ist und was andererseits verzichtbar. Herausgekommen ist ein kleiner Fuhrpark. Zwei Trekkingräder, zwei Römersitze, ein Pedelec, ein Lastenrad Bullitt mit zwei Varianten Kindertransport-Aufbau im Wechsel, ein Kindertransport-Zweier-Hänger, ein Lasten-Hänger, eine Bahnhofsmöhre (Schrottrad zum mal stehen lassen an bei Dieben beliebten Abstellplätzen). Das zweite Lastenrad haben wir in den 5 Jahren Lernkurve mittlerweile wieder verkauft, da es nicht den Vorlieben meiner Süssen entsprach (der Verkaufserlös floß in das Pedelec).
Was uns
eigentlich fehlt, das ist ein guter heimischer, ebenerdiger, wettergeschützter Stellplatz. Hätten wir den, dann würde ich wahrscheinlich hinzukaufen wollen: Ein Gravelbike, einen
sehr langen Transportanhänger, ggf. vielleicht sogar ein Dreirad-Lasti no name, wie sie gelegentlich für kleines Geld bei Ebay-Kleinanzeigen auftauchen.
Derzeit bekommen wir alle Fuhren gut bewältigt. Wobei nicht unerwähnt bleiben sollte, dass der ÖPNV in Berlin auch recht gut ist und daher immer eine Rückfallebene existiert. Ausgerechnet zur KiTa ist der ÖPNV extrem unpraktisch, das aber ist ein anderes und sehr spezielles Thema.
Zurück zum thread, das Vorgenannte ist aber zum Verständnis wichtig. Für mich sind die 80cm (real 73cm bis zum "Knick" vorne) Ladefläche eines Bullitt (und vergleichbarer Lastenräder) gefühlt
Mittelmass. Ich würde mir angesichts unserer Fuhrpark-Alternativen kein 60cm- oder 40cm-Ladeflächen Lasti kaufen wollen. Mit zwei Kindern, Lastentransporten, Autoersatz-Funktion reichen die (knapp) 80cm gerade mal so hin. Mit einer 100cm langen Ladefläche würde ich gerne einmal experimentieren, weiß aber, dass ich mir damit jede Menge Nachteile im handling einfangen würde. Nur mal so, pars per toto: Aufzüge.
Aufzüge. Nach meiner Recherche sind die ÖPNV-Aufzüge in Berlin genormt. Es gibt die schmalen, dafür längeren, die beiderseits einen Ein- und Ausgang haben. Hier würde ein Rollstuhlfahrer nicht wenden müssen für den Ausstieg. Ist andererseits die Tür nur auf einer Seite vorgesehen und demnach ein Erfordernis gegeben, einen Rollstuhl wenden zu müssen, dann die sind die Fahrstühle breiter (dürfen dann aber etwas kürzer gebaut sein, Minimum wohl 2,10m). Glücklicherweise "schlucken" beide Bauarten mein Bullitt gut. Vorderrad etwas eingelenkt, das Rad diagonal gestellt. Die große Eurobox 80x60cm stellt kein Hindernis da, ebensowenig das Schutzblech und der Gepäckträger hinten. Viel Spielraum ist dann aber nicht mehr. Sollte es dennoch einmal erforderlich sein, das Bullitt zu heben und zu tragen (wir mussten mehrmals über einen Steg auf ein Schiff, oder aber das Rad über einen gestürzten großen Baum heben - beides auf Radreisen), so habe ich dafür vorgesehen: Eine Befestigung der Eurobox mit (vier)
Flügelschrauben. Geht ohne Werkzeug rasch abzunehmen und die Box hat praktische Tragegriffe.
Seilzuglenkung? Habe ich an einigen Rädern Probe gefahren und nicht gemocht. Aller Vorteile zum Trotz. Ein meiner Meinung nach höchst subjektives Thema. Ich will das niemandem schlechtreden, nur zu Probefahrten raten. Natürlich macht die Stangenlenkung das Rangieren des Bullitt etwas umständlicher. Andererseits sorge ich (zumeist) dafür, dass das Heck nicht so schwer beladen ist. Dann kann ich mit beherztem Griff an das Oberrohr das Rad hinten anheben und bequem über das Vorderrad verschwenken. Manches Mal beuge ich mich auch nach vorne zum Rahmen nahe der Gabel vor und hebe dort das Rad (Bordstein, Hindernis). Dieses bisschen "Agilität", handling des stehenden oder geschobenen Rades, möchte ich nicht vermissen. Die Fuhre sollte daher im Alltag auch nicht zu schwer werden. Ausnahmen gibt es natürlich, bei Radreisen ist das Ding gewichtsmäßig am Limit. Beim Lenken während der Fahrt reicht mir der Lenkradius der Stangelenkung für eine sichere und bequeme Fahrt aus. Drängelgitter habe ich bislang immer passieren können. Große Lenkeinschläge in Verbindung mit schwerer Ladung machen dann eh meist ein Absteigen und Schieben sinnvoll, dann kann ich zur Not auch mal beherzt das Rad hinten anheben.
Agilität. Von allen von mir getesteten Rädern gefielen mir das Bastiaen, das Bullitt, das Packster und das Douze (in ebenjener Reihenfolge) bezüglich Agilität am besten. Natürlich, wie Helmut ganz richtig bemerkte, die Art, Schwere und Höhe der Ladung machen da viel aus. Insbesondere Gewicht nahe der Vorderachse finde ich beim Bullitt unangenehm zu fahren und vermeide dies daher bestmöglich. Die These von cargomaniac zur Sinnhaftigkeit von Anhängern, um schwere Last eben, flach und damit möglichst Fliehkraft-neutral zu stauen, möchte ich ebenfalls unterstützen. Hänger sind, zumal gerade auch am Bullitt, oft eine sehr sinnvolle Ergänzung. Als Zugfahrzeug ist mir das Bullitt sogar gegenüber einem Trekkingrad lieber, es reagiert weniger sensibel auf Lastwechsel und fährt sich schön stabil. Außerdem spurt man die Kurven immer schön großzügig, auch dann, wenn man vielleicht mal eben den Hänger vergessen hat.
Unter dem Strich bin ich heute, nach Lernkurve, ein anderer Tippgeber als vor 5 Jahren. Und das wird sich auch weiterhin ändern und ich schätze unser aller Alltagssituationen sind nicht immer 1:1 vergleichbar. Den Austausch hier finde ich aber sehr schön. Angesichts der Schilderungen anderer zu Transportlösungen ging mir hie und da ein Lämpchen auf. Die Umsetzung von Ideen erforderte manches Mal Modifikation oder aber (wie geschildert) mehrspuriges Vorgehen. Unter dem Strich kam aber immer eine Bereicherung heraus. Zuletzt: Das Fahren mit jedwedem Rad unterliegt einem Gewöhnungseffekt. Schlimmstenfalls gewöhnt man sich an fahrphysikalische und ergonomische Mängel. Bestenfalls entdeckt man erst durch Gewöhnung sein Traumrad. Beim Bullitt und mir ist das Letztere der Fall gewesen. Für mich ist das Rad eine Art "Werkbank": Stabil, durchdacht, in der nötigen Weise einfach und gleichzeitig in der nötigen Weise kompliziert, in seiner klugen Grundkonstruktion zum Basteln einladend.