Einleiten möchte ich mit der klassischen Ratsche/Knarre, da Sie eines der universellsten Werkzeuge darstellt, und definitiv in keiner Werkstatt bzw. Werkzeugkoffer fehlen darf!
Auf die grundsätzliche Funktionsweise werde ich an dieser Stelle nicht eingehen, auch werde ich die zugehörigen Stecknüsse in einem anderen Beitrag abhandeln, um nicht direkt den Umfang zu sprengen.
Im Fahrradbereich wird oft mit recht zierlichen Schrauben hantiert, deshalb dürften die meisten hier 1/4 Zoll Ratschen verwenden. Da ich häufig an Postfahrrädern arbeite, und hier öfter mal größere Schrauben/Muttern anzutreffen sind, hat sich bei mir die Größe 3/8 Zoll als Standard etabliert, um nicht ständig zwischen verschiedenen Vierkant-Aufnahmen wechseln zu müssen.
Aus diesem Grund finden sich in diesem Vergleich erstmal nur 3/8 Zoll Ratschen. Bei Interesse kann ich gerne auch noch die kleinen Brüder vergleichen.
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Alle Werkzeuge aus diesem, und den folgenden Vergleichen habe ich selbst gekauft, und über einen längeren Zeitraum verwendet. <-
3/8 Zoll Ratschen bzw. Knarren
Im Vergleich von links nach rechts: Lidl Parkside, 90er-Jahre NoName, Wesco, Wiha, Milwaukee, KTC Nepros.
Lidl-Parkside
Die Parkside-Ratsche von Lidl ist Teil eines 216-teiligen Steckschlüssel-Satz. Es handelt sich dabei um typische Großhandelsware aus Fernost, welche in jeweils leicht abgewandelten Varianten unter diversen anderen Markennamen wie Mannesmann, BGS, KS-Tools & Gedore-Red angeboten werden.
Zum Kaufzeitpunkt lag der Preis des gesamten Koffers bei 90€. Dies entspricht knapp 0,42€ je Teil!
Aktuell findet sich das exakt gleiche Set wieder im Lidl-Onlineshop zum Preis von 115€, was immer noch lediglich 0,53€ bedeutet.
Wie man zu einem solchen Preis Werkzeug herstellen, und dabei auch noch etwas verdienen kann ist mir ein Rätsel.
Ansicht vorn
Ansicht hinten
Kopf
Vierkant
Technische Details:
Die Ratsche ist etwa 19,5cm lang, und verfügt über einen Zweikomponentengriff aus Hartplastik mit einer Gummibeschichtung. Sie liegt bei mir (Handschuhgröße 7-8) gut in der Hand. Das Oberflächenfinish ist der Preisklasse entsprechend mäßig, es gibt aber keine scharfen Kanten, oder grobe Unebenheiten.
Der Kopf misst an der breitesten Stelle knapp 33mm, und hat eine tiefe (ohne Vierkant) von etwa 17mm. Das liegt im durchschnitt der anderen Ratschen aus dem Vergleich.
Der "Hals" hat eine deutliche Kröpfung. Je nachdem woran man gerade schraubt kann das Vor- wie Nachteile bringen.
Die Ratsche verfügt über einen leicht erhabenen Auswurfknopf, und hat 72 Zähne, welche deutlich hörbar zu vernehmen sind. Offenbar kommt sie ab Werk ohne jegliche Schmierung.
Abgesehen von der NoName-Ratsche aus diesem Vergleich, hat die Parkside zudem das Größte Spiel zwischen Vierkant und Ratschenkopf. Er wackelt also deutlich hin und her. Dafür stecken die Nüsse sauber ohne großes Spiel, und der Auswurfknopf funktioniert zuverlässig.
Der Richtungswahlhebel besteht aus Kunststoff, und hat keinen spürbaren widerstand. Es kann passieren das man im "Leerlauf" landet wenn der Hebel nicht ganz umgelegt wird.
Obwohl sich im Kopf zwei Schrauben der Größe TX10 befinden, ist es nicht möglich die Ratsche zerstörungsfrei zu öffnen, da sich auf der Abdeckplatte ein Niet befindet, der offenbar mit dem Umschalthebel verbunden ist.
Sollte Schmutz in das innere gelangen - was bei langjährigem gebrauch definitiv geschehen wird - ist eine Reinigung des Mechanismus, und/oder ein fetten unmöglich. Da ist mal wieder geplante Obsoleszenz am Werke.
Fazit:
Die Parkside-Ratsche von Lidl ist ein typisches Einsteigermodell. Sie tut ihren Job, und wer nur selten einmal etwas zuhause schraubt, und keine Oldtimer-Restauration plant, wird damit sein auskommen finden.
Negativ fällt auf, das es nicht möglich ist an die Mechanik im inneren zu gelangen, sowie die "trockene" Auslieferung ab Werk. Ein bisschen Schmierfett sorgt nicht nur für einen leichteren lauf, sondern beugt auch Verschleiß vor.
90er No-Name
Jedes Kind der 80er und 90er Jahre kennt dieses Teil!
Mal mit, und mal ohne Gelenkkopf, aber immer mit dem charakteristischen runden Kopf mit großen Kunststoff-Drehknopf in der Mitte. Sie hingen in jedem Baumarkt, waren teil jedes günstigen Budget-Werkzeugsets - und sind vermutlich alle irgendwo in der gleichen Fabrik in Fernost vom Band gefallen. Diese Ratschen waren die Pioniere der globalisierten Produktion, und mitunter verantwortlich für den zweifelhaften Ruf, der noch heute vielen asiatischen Produkten anhaftet.
Mein Modell war Teil eines Steckschlüssel-Sets welches mein Großvater mir hinterlassen hat. Eine Preisangabe ist aufgrund des alters nicht möglich.
Ansicht vorn
Ansicht hinten
Kopf
Vierkant
Innereien
Technische Details:
Die Ratsche ist ca. 26,5cm lang, was Sie zur zweitlängsten in diesem Vergleich macht. Das kann von Vorteil sein, wenn man eine richtig fest sitzende Mutter hat, da man durch den längeren Hebel mehr Drehmoment aufbringen kann. Bei beengten Verhältnissen stört der lange Arm dagegen schnell.
Sie verfügt zudem als einzige in diesem Vergleich über ein Gelenk am Kopf. Das kann praktisch sein wenn man an schlecht erreichbare stellen kommen möchte, vermindert aber die Belastbarkeit in der Regel, und konterkariert damit die Möglichkeit höheres Drehmoment mit dem langen Griff einzuleiten.
Das Griffstück ist aus Metall, und hat eine deutliche Rändelung welche bei der Handhabung etwas Halt gibt. Da der Griff allerdings sehr dünn ist, liegt er im allgemeinen nicht so sicher in der Hand.
Das Oberflächenfinish kann man als grobschlächtig bezeichnen. Am Schaft sind deutlich spuren vom abdrehen zu erkennen, die Chromschicht ist unregelmäßig, und an einigen stellen zeigt sich Rost, obwohl die Ratsche nur selten benutzt wurde, und nie direkter Feuchtigkeit ausgesetzt war.
Der Kopf misst an seiner breitesten Stelle etwa 34mm, und hat eine tiefe (ohne Vierkant) von etwa 22mm.
Die Ratsche verfügt über 42 Zähne, wobei immer nur 3 Zähne des Gegenspielers in die Verzahnung des Außenrings greifen.
Es befand sich ein wenig Schmierfett in der Mechanik im Kopf.
Bedingt durch die Konstruktionsweise der Ratsche - die gesamte Mechanik im runden Innenteil dreht sich im Kopfstück, statt nur der Vierkant selbst wie sonst üblich - wackelt hier alles wie ein Kuhschwanz. Die Vierkantaufnahme selbst ist Maßhaltig, und Nüsse sitzen spielfrei.
Der Richtungswahlhebel besteht aus Kunststoff, und man benötigt stets zwei Hände zur Bedienung, weil man man sonst nur den Vierkant dreht.
Das öffnen der NoName-Ratsche ist einfach möglich sollte dies notwendig werden. Man muss lediglich mit einem flachen Schraubendreher den Sprengring abhebeln.
Fazit:
Die berüchtigte NoName-Ratsche stellt ganz klar das Qualitätsminimum dar. Sie funktioniert zwar prinzipiell, aber die Frage lautet stets: Wie lang noch?
Das gute ist: Diese Art von billigst-Werkzeug findet sich heutzutage zumindest in unseren Gefilden praktisch nicht mehr. Selbst günstige Einsteigersets aus dem Baumarkt oder vom Discounter bieten akzeptable Qualität, wie man gut an der Parkside-Knarre sehen kann.
Fortsetzung folgt da Bilderlimit erreicht...