Vor- und Nachteile verschiedener Laufradgrößen beim Lastenrad - wo ist der "sweet spot"?

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Lastenrad
FaVe 42 Kistenfahrrad, Workcycles FR8
Für Long-John Lastenräder ist die Kombination 20/26 ja quasi Standard. Das kleine Vorderrad ist ja wahrscheinlich wohl einfach der Notwendigkeit geschuldet, die Ladung tief, das Rad kurz, und den Rahmen stabil zu halten. Für das Hinterrad hätte man mehr Freiheiten, aber fast alle Räder auf dem Markt haben hinten 26 Zoll.

Vor kurzem habe ich das Video von @Radelbande über das Yuba Supermarche gesehen, das vorne und hinten 20 Zoll Räder hat. Und was mir wirklich in Erinnerung geblieben ist war dass das Rad wohl extrem flott beschleunigt. Mit dem 20-Zoll Hinterrad ist der "Hebel" für den Antrieb wohl günstiger, und zusätzlich ist das kleine Rad leichter und durch den geringeren Durchmesser auch leichter in Rotation zu versetzen (bei gleicher Masse hat ein Rad mit geringerem Durchmesser ein geringeres Trägheitsmoment). Davon ausgehend habe ich weitere Vor- und Nachteile für kleine Hinterräder zusammengetragen.

Für die Bergtauglichkeit kann ein kleineres Rad auch Vorteile haben, im Vergleich zum 26-Zoll-Rad zum Beispiel bringt die gleiche Übersetzung von der Schaltung 23% weniger Entfaltung, man hat also fast zwei Gänge nach unten gewonnen, ohne dass man für eine Nabenschaltung Probleme mit dem zulässigen Eingangsdrehmoment bekommt wie beim Tausch der Primärübersetzung zum Erzielen des gleichen Effekts. In letzter Zeit gab es hier ja mehrere Anfragen wo ein Rad für bergiges Gelände gesucht wurde.

Für die Stabilität soll ein kleines Laufrad auch von Vorteil sein, habe schon mehrfach gelesen dass sich kleine Laufräder stabiler bauen lassen. Der steilere Speichenwinkel hilft da wahrscheinlich, allerdings kann man weniger Kreuzungen einbauen. Bin da aber nur am Mutmaßen...

Dem gegenüber steht der geringere Komfort, ein kleineres Laufrad ist anfälliger für Schlaglöcher und Hubbel, über die ein großes Rad noch rüber rollt. Mit modernen Ballonreifen fällt das allerdings nicht mehr so stark auf wie mit den früher üblichen schmalen Reifen. An meinem Helios Triplet habe ich auch vorn und hinten 20 Zoll Laufräder, es ist damit vielleicht ein wenig hoppelig (der lange Radstand hilft aber dagegen), aber die Big Apple Reifen tun schon ihren Dienst (auch wenn ich mir schon überlege noch ein wenig dickere Reifen aufzuziehen, 2.3 Zoll sollte noch gehen).

Und für's Schnellfahren muss man bei einem kleinen Laufrad bei einer Nabenschaltung eine recht große Primärübersetzung wählen, wenn man nicht gerade eine Rohloff im Rad hat. Kann sein dass man dann keinen passenden Kettenschutz mehr findet, hat aber sonst höchstens einen optischen Nachteil.

Bei einer Kettenschaltung hat man eventuell auch noch das Problem, dass ein moderner langer hinterer Umwerfer für einen 10- oder 11-fach-Kranz bei einem 20-Zoll Hinterrad schon bedenklich nah an den Boden kommen könnte.

Lastenradspezifisch kann man noch anführen, dass man bei einem kleinen Laufrad hinten auch noch eine weitere Plattform mit relativ niedrigem Schwerpunkt anbauen könnte.

Wenn man nun die möglichen Laufradgrößen für das Hinterrad durchgeht, 20 - 24 - 26 - 27.5 - 28 Zoll, dann hätte man einen kontinuierlichen Übergang in den oben angeführten Eigenschaften: Beschleunigung, Stabilität, Bergtauglichkeit (mit Nabenschaltung) nehmen ab, Komfort, Schnellfahren (mit Nabenschaltung) und Bodenfreiheit nehmen zu wenn das hintere Laufrad größer wird.

Ist 26 dann vielleicht einfach der "sweet spot"? Oder würden die Vorteile eines kleineren Laufrads vielleicht doch beim Lastenrad zum Tragen kommen? Andererseits wurde 27,5 Zoll bei neueren Entwürfen auch gerne verwendet, zum Beispiel beim Packster und beim Cago, und das größere Laufrad schien etlichen hier durchaus zu gefallen. Wie würdet ihr den trade-off sehen, sollte man einfach bei 26 Zoll hinten bleiben, oder kleine oder größere Räder ausprobieren?
 
Du hast einen Punkt vergessen: die Größe der Laufräder schlagen sich auch auf die Gesamtlänge des Fahrrades nieder.
Stimmt, 20 Zoll könnte gegenüber 28 allein beim Hinterrad 20 cm kürzer sein. Und wenn die Kettenstreben gleichlang sind um Fersenfreiheit zum Gepäckträger zu erhalten sind es immer noch 10.


Meta-Ebene: Deine englischen Worteinsprengsel wirken obercool.
Tschuldigung, mir fällt nur auf Deutsch nix für sweet spot ein... Sonst habe ich doch eigentlich nix eingesprengselt, außer Long John, und langer Johannes hat hier noch niemand für die Bauform benutzt :ROFLMAO:
 
:LOL: Ich muss jetzt erst mal challengen, wo bei diesem pitch der trade-off des sweet-spots genau liegt!

sorry, couldn’t resist...
 
Bei einer Kettenschaltung hat man eventuell auch noch das Problem, dass ein moderner langer hinterer Umwerfer für einen 10- oder 11-fach-Kranz bei einem 20-Zoll Hinterrad schon bedenklich nah an den Boden kommen könnte.

Da würde ich noch den Schräglauf bei Kettenschaltung und kürzerem Hinterbau als Negativpunkt ergänzen wollen.
 
Ich versuch auch noch mal nen ernsthaften Beitrag...

Neben den mehr oder weniger objektiven Kriterien, die durchaus für kleinere Laufräder sprechen könnten, denke ich an solche Aspekte wie Ästhetik und unsere (Seh-) Gewohnheiten.

Es gibt ja durchaus noch andere Lastenfahrräder wie das Muli, die deutliche kleinere Laufräder als die üblichen 20/26" Kombination haben, aber zumindest mir gefällt das garnicht, sieht für mich irgendwie "verwachsen" aus.

Rein von der Ästehik her würde ich sogar auf größere Laufräder gehen, aber da überwiegen dann die diversen Nachteile, so ist die Kombination 20/26" vielleicht einfach nur ein Kompromiss, der gut zu unseren Erwartungen an die Optik eines Fahrrads passt ?
 
Könnte es sein, dass man einfach das genommen hat (26"), was bei Montainbikes lange Zeit Standard war und wofür es deshalb massenhaft stabiles Material gab?
 
20/26 vereint das Maximum an Vorteilen bei einem Minimum an Nachteilen. Punkt.

( Geometrie – Funktionalität – Komponenten – Marktsituation – Preis )
 
26 ist laut Radindustrie und Marketing TOT! ;)
27.5 ist die neue Sau, die durch das Dorf getrieben wird
 
26 ist laut Radindustrie und Marketing TOT! ;)
27.5 ist die neue Sau, die durch das Dorf getrieben wird
Wobei "neu" ja sehr relativ ist - Wiederentdeckt trifft es eher, oder?

Aber BTT: ICh finde die Kombi 20/26 aus den schon genannten Gründen auch den besten Kompromiss. Es gibt in beiden Größen ganz vernünftiges, stabiles Material und eine breite Auswahl an Reifen. Geometrisch passt es auch ganz gut und die Optik "passt".
 
Ja 20/26 find ich auch sehr optimal.
Die 20" hinten wären mir vom Komfort zu wenig und die genannte Freiheit für Kettenschaltung zu wenig. Bin kein Fan von Nabenschaltungen.
Habe aber auch noch keine Rohloff gefahren ...
 
Die Rohloff zählt nicht zu den Nabenschaltungen.
Fangen wir jetzt eine Sammlung von Rohloff-Fakten (in Anlehnung an die Chuck-Norris-facts) an ;)? "Du schaltest die Rohloff nicht, die Rohloff erlaubt es dir zu schalten." "Gänge die die Rohloff nicht hat, brauchst du nicht."

Aber BTT - bei normalsterblichen Nabenschaltungen (nach der Definition von @Farbkasten einfach Nabenschaltungen, da die Rohloff ja keine ist) in Verbindung mit einem Mittelmotor könnte ein kleines Hinterrad noch einen wirklichen Vorteil haben: Da man für die gleiche Entfaltung die Primärübersetzung länger wählen kann, kommt bei der Nabenschaltung dann ein geringeres Eingangsdrehmoment an. Manche Motoren sind ja, wenn ich mich richtig erinnere, begrenzt, um die Nabenschaltung nicht zu zerlegen, die das volle Drehmoment nicht verkraftet. Und genau aus dem Grund hat Shimano ja wohl auch die Nexus 5 entwickelt, die mit einem höheren Eingangsdrehmoment klarkommen soll (die Rohloff kann das ja sowieso ab :p). Das Problem wäre dann mit einem kleineren Hinterrad deutlich geringer, wenn ich mir hier nicht gerade die Mechanik im Kopf völlig verdreht zusammengereimt habe. Natürlich gilt das dann nur solange wie die Primärübersetzung für zügiges Vorankommen in eher flachem Terrain gewählt ist, wenn man sie leichter auslegt um die Bergtauglichkeit zu erhöhen, dann kommt man eventuell mit dem Eingangsdrehmoment wieder in kritischere Bereiche.
 
Bei 5 Gängen fällt mir noch die olle P5 ein, die es als Cargo gab und auch sonst meines Wissens für Tandem und Lastenrad zugelassen war. Die Rücktrittbremse kann man stillegen.
Ich würde die Variante mit Clickbox wählen, weil noch neue Schalthebel als Nachbau von Sunrace zu haben sind.
Die Naben sind oft günstig und vertragen glaube ich gut hohe Drehmomente.
 
Kann man nicht einfach ein 20 Zoll Laufrad in Long John für 26 Zoll einbauen? Zumindest zum testen... Oder Berühren die Pedale dann schon die Straße?
 
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