elektrische Grundlagen: Kontaktspray

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Kontaktspray ist ein häufig umgangssprachlich benutzter Begriff, unter dem verschiedene Mittelchen mit stark differierenden Eigenschaften verstanden werden. Kontaktspray zählt laut Klassifizierung zu den Kontaktfetten.

Zunächst noch der Hinweis auf den Unterschied zwischen Kontaktfett und Säureschutzfett, den wikipedia hier recht gut erklärt. Daraus ergibt sich, dass am Bike Säureschutzfett fehl am Platz ist, da wir keine säurehaltigen Batterien verwenden.

Bei den Kontaktfetten unterscheidet man zwischen den schonenden und vorbeugend imprägnierenden Mitteln, die auch auf neuen Kontakten angewendet werden können. Sie sorgen für einen mehr oder weniger langlebigen Microgleitfilm, der nachhaltig die Kontakte konserviert und nicht nachbehandelt werden muss.
Beispiele hierfür sind Kontakt_61 von der Firma Kontakt Chemie - die "blaue Dose", oder auch Teslanol T6 OSZILLIN

Demgegenüber gibt es härtere Kontaktfette, die für korrodierte Kontakte gedacht sind und eine Dreck- und Oxidreinigende Wirkung haben. Häufig sind diese Mittel säurehaltig/bzw basisch und müssen nachbehandelt (gereinigt) werden, da sie sonst negative Langzeitwirkungen haben. Leider fehlt auf den Sprays oft der Hinweis auf die Notwendigkeit der Nachbehandlung (oder wird überlesen), was dann nur vorrübergehend Abhilfe des eigendlichen Problems verschafft.
Bei diesen Mitteln ist der direkte Weg (einsprühen) nicht zu empfehlen, da sie zum Einen sehr kriechfähig sind, zum Anderen das Sprühen zuviel von dem Mittel aufträgt, was dann gerne auf die Elektronik/Platinen gelang und hier zB Kupfer/Bauteile angreift. Diese Mittel sind besser auf ein Wattestäbchen zu sprühen, mit dem man dann sehr zielgerichtet und sparsam aufgetragen den Kontakt reinigt. Danach unbedingt die säurehaltigen Reste mit einem geeignetem Mittel abwaschen!
Beispiel hierfür Kontakt_60 von Kontakt Chemie - die "rote Dose" (Aus-/Nachspülen mit WL od. T600)
 
Die Kontakt-Sprays von Kontakt Chemie kenne ich. Was ist "WL" bzw. "T600"?
 
Alles derselbe Anbieter: WL ist der offizielle Nachreiniger, T600 ist ein Kontaktreiniger.
ich wollte aber keine Werbung machen...ist nur beispielhaft zu verstehen.
 
@Arkadi Danke für die Erläuterung. Dieser Thread sollte mal "sticky" gemacht werden!
 
Erinnert an Zeiten wo ich mit einem Streifen Wasserschleifpapier 600 durch die Kontakte gezogen bin ;-) Das ist wohl beim (E-)Bike gänzlich unangebracht....
Leider verstehen ja viele Menschen auch WD40 als Schmiermittel für alles.

Jedenfalls ein wichtiger Hinweis von @Arkadi den sich die Menschen erinnern sollen wenn sich z.B. Batteriekontakte korrodiert zeigen.... Das ist wohl der häufigste Anwendungsfall für den unbedarften User nicht nur beim Fahrrad.
 
Zur Kontaktreinigung nehme ich auch gern einen Glasfaserradierer. Also bei korrodierten oder angelaufenen Kontakten.
WD 40 kann ein paar Sachen und ist ein bissl wie ein Multitool: kann nix richtig, aber wenn man nur das hat, einiges ein bisschen.
 
Streifen Wasserschleifpapier 600 durch die Kontakte gezogen
Das hat schon seine Berechtigung bei Kontakten, die unter Last geschaltet werden und wo sich durch Abbrand eine überstehende/nichtleitende Schlackeperle bildet. Aber wie du richtig bemerkst ist das bei modernen Kontakten nicht mehr so relevant bzw empfehlenswert.

Ein weiterer Unterschied ist durch die aufkommende Wegwerfmentalität verursacht, was Anfang/Mitte der 2000er Jahre zur Änderung der Giftstoffverordnung geführt hat: seitdem sind einige der bis dahin üblichen Kontaktzusatzstoffe (zB Cadmium) verboten, weil die schiere Menge weggeworfenem Zeugs zu einer schleichenden Vergiftung der Umwelt zu werden drohte. Neue Kontakte weisen deutlich weniger mechanische Härte auf und besitzen erheblich weniger Temperaturfestigkeit.
Will sagen; bei alten Kontakten ist Abschleifen bzw mechanisch bearbeiten durchaus zielführend (häufig sind diese Kontakte auch so gestaltet, dass sie sich umdrehen lassen, da das Kontaktmaterial nur in eine Richtung wandert...Unterbrecherkontakte bei Oldtimern zB).
 
ist gut zum Lösen von Rost und Verdrängen von Feuchtigkeit, aber neigt auf lange Sicht zum Verharzen...
Ich würde es als klassisches Negativbeispiel bezeichnen, da der Hersteller seine Rezeptur geheim hält, was es schwierig macht, den richtigen Umgang zu finden.

Richtig schlecht finde ich es aber auch nicht - einigen wir uns auf "nur mäßig geeignet"?
 
Dieser Link eines Händlers listet recht übersichtlich nach Einsatzzweck die Sprays der Hersteller CRC und Kontakt-Chemie auf.
...ist ein Händler der nur verkaufen will - zuviel würde ich also nicht drauf geben, aber ganz nett übersichtlich.
 
ich würde es als klassisches Negativbeispiel bezeichnen, da der Hersteller seine Rezeptur geheim hält
WD 40 ist doch auf Petroleumbasis, oder?
Richtig, siehe auch Sicherheitsdatenblatt.

Deshalb:
Leider verstehen ja viele Menschen auch WD40 als Schmiermittel für alles.
Als Schmiermittel mit Langzeitwirkung ungeeignet, weil es mit der Zeit verdampft.

aber neigt auf lange Sicht zum Verharzen...
Da verharzt nix, wird daher auch für Schließzylinder empfohlen.
 
Da verharzt nix, wird daher auch für Schließzylinder empfohlen.
sorry - ich hab diesbezüglich andere Erfahrungen gemacht.
Nebenbei: WD40 hat Länderspezifisch leicht unterschiedliche Inhaltstoffe lt. Deklaration.
weil es mit der Zeit verdampft.
jo verdampfen wird das Petroleum - was übrig bleibt...
vll ist verharzen auch das falsche Wort und besser formuliert wäre die Rückstände verkleben (Schmutz o.Ä.)... :unsure:
 
ich will mal noch ne kleine edit anfügen...

Elektriker werden hier beim Thema den Kopf schütteln und sagen "hab ich ja noch nie erlebt, ich setze Kontaktspray häufig ein - was erzählt der Tüp da fürn Quatsch..."

Ja ist richtig - bei Kontaktproblemen in der Hauselektrik (Steckdose oder Schalter zB) habe ich auch keine Bedenken und würde auch nix Nachwaschen...


Aber in der Elektronik hat das Thema eine andere Bedeutung einfach weil andere Bedingungen herrschen.

In der Elektrik hats viel massivere Leiter - in der Elektronik sind die Leiter zB auf Platinen nur in Dicken von 35-120µm ausgeführt, das ist natürlich deutlich schneller weggeätzt.

Weiters sind Kabel in der Elektrik nur mit einem massiven Leiter ausgeführt - in der Elektronik werden Bündel aus feinen Litzen eingesetzt, bei denen Kapillarwirkung deutlich massiver auftritt...Flüssigkeiten werden also deutlich tiefer eingezogen.

Kontaktprobleme sind spannungsabhängig - je höher die Spannung, desto durchschlagsfähiger ist sie.
Kleinere Kontaktproblemchen werden also von hoher Spannung schneller 'selbst repariert' bzw sind sie auf Grund der höheren Spannung weniger bedeutsam. Wenn am Übergangswiderstand eines Kontakts 1V verloren geht, sind das bei 100V nur 1% Verlust - an 10V bedeuten 1V Verlust hingegen 10%.

Der Einsatz eines säurehaltigen Kontaktsprays wird auch in der Elektronik nicht zum Sofortausfall führen, was allerdings mit dem Nachteil behaftet ist, dass sich das säurehaltige Zeugs mit der Zeit immer tiefer vorarbeitet.
Wenn es zum nächsten Ausfall infolge der Ätzung kommt, ist dann meist nichts mehr zu retten und es bleibt nur noch wegwerfen. Es ist also ein Nachhaltigkeitsproblem, was für den user beim Neukaufen endet...
 
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