Die Werkstattabenteuer der Kaffeetanne

Ich hab mal gelesen daß, ausrangierte Posträder nicht mehr in Umlauf kommen und zerstört werden müßen . Weisst du was darüber?
Auf Postverwertungsseiten werden Fahrräder nicht angeboten.
Bezogen auf die Deutsche Post ist das korrekt. Die verkauft generell keine ihrer Fahrräder. Bei Ausmusterung werden die Rahmen zerflext, um die Räder unbrauchbar zu machen.
Allerdings halten sich nicht alle Verwerter an diese Vorgabe, deshalb finden sich immer mal wieder gelbe Posträder auf ebay Kleinanzeigen, die da halblegal verscherbelt werden.

Bei anderen Briefunternehmen variiert das stark. Manche verkaufen ihre alten Räder, andere nicht.
 
sonderlich Nachhaltig ist das ja eher nicht :-(
Ich habe dank Google nur das hier gefunden:

 
Aus welchem Grund wird das so gehandhabt?
In erster Linie versicherungstechnische Gründe.
Als gewerbetreibender muss man auch auf gebrauchte Räder mindestens ein Jahr Gewährleistung geben.

Eine Rolle dürfte zudem sicherlich auch die Außenwirkung spielen. Der Fuhrpark von Brief- und Paketunternehmen ist ja auch oft ein Teil der corporate identity. Jeder weiß: Gelbes Postradl = Deutsche Post.
Da will man eher nicht das jeder Hans und Franz mit so einem Teil rumfährt.

Aus diesem Grund wird man übrigens auch nie einen der berühmten braunen UPS-Laster mit Schiebetür in privater Hand vorfinden.
 
Die Vario Ups bekommt man schon ab und an. Ich kenne mich aber nicht genau aus was die alles fahren.
 
OK, ich habe die halt öfter gesehen. Das kommt mir, gerade bei Kfz, etwas viel vor.
Aber wer weiß das schon.
 
Genau! Wo bleiben die Abenteuer? :giggle:
Mit diesem Kommentar von @Rasende Badewanne spanne ich mal wieder den Bogen zu neuen Gschichten aus dem Paulanergarten der Bastelstube!

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Die abgenommene Kette von "Opa". Die Kettenmesslehre fällt komplett durch. Da kann keiner behaupten, hier wurde nicht äußerst ökonomisch mit dem Material umgegangen. :p

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Nach einem Kriechölbad machten die Kurbelschrauben Bekanntschaft mit der langen 1/2-Knarre. Die Kurbeln selbst ließen sich dann relativ einfach abnehmen.

(Ohne Foto)
Zum Vorschein kam dann der Level 9000 Endgegner jedes Fahrradmechanikers. Ein FAG-Lager mit Plastik-Lagerschalen.
Diese Dinger wurden insbesondere von Anfang bis Mitte der 00er Jahre sehr gerne verbaut. Insbesondere bei günstigen Rädern aus der Discounter- und Baumarkt-Preisklasse.

Diese zu entfernen wenn sie verschlissen sind, stellt eine rechte Herausforderung dar.
Nicht nur das die Lager praktisch immer trocken eingeschraubt wurden, weil man zur damaligen Zeit offenbar der Meinung war, das eine Schmierung nicht nötig sei. Der Verwendete Kunststoff der Lagerschalen ist obendrein auch noch äußerst Weich.
Gleichzeitig verfügten die Lagerschalen nicht über die heute bei 4-Kant Lagern üblichen Vielzahl-Innenverzahnungen, sondern haben lediglich 6 Nuten außen am Rad der Lagerschale.

Wenn ein Rad mit so einem Teil erstmal ein paar Jahre unterwegs war, und womöglich noch oft im freien stand, ist es oft unmöglich diese FAG-Lager zerstörungsfrei wieder zu entfernen.
Sobald man mit dem entsprechenden Montagewerkzeug mehr Drehmoment aufbringt schert man die Nuten an der Plaste-Lagerschale ab.


Wenn dies geschehen ist gibt es verschiedene "Eskalationsstufen":
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Eine davon besteht darin, das Lagergehäuse an zwei parallel gegenüber liegenden Seiten abzusägen, um dieses dann mit einer Zange, oder einem Rollgabelschlüssel zu packen, und so zu drehen.

In meinem Falle hat das leider nicht geklappt, da sich zum festgefressenen Plastelager auch noch ordentlich Rost dazu gesellte.

Die nächste Stufe war daher das Ausbohren der Lagerschalen. Dazu entfernt man den außen Sichtbaren Teil des Lager, und macht mit einem feinen 3-4mm Bohrer zahlreiche Löcher möglichst nah beieinander auf beiden Seiten.
Im Anschluss kann man versuchen dieses mit einem Hammer auszutreiben.
Wenn das nicht funktioniert, kann man noch mit einem Dremel, und einem Fräsaufsatz die Stege zwischen den Bohrungen entfernen.

Bei mir war das Lager nach dieser Therapie draußen:
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Gut zu sehen sind noch die Reste des mit der Lagerschale verbundenen Kunststoffgewinde auf der rechten Seite.

IMG_2888.JPG

Ein Blick in das innere offenbart starken Rost, und leider auch einige Schäden durch das ausbohren. Das Gewinde wäre aber auch so hin gewesen.
Nachdem der Rost entfernt und das innere ordentlich gefettet wurde, kam ein Reparaturlager rein.
 
Eine Rolle dürfte zudem sicherlich auch die Außenwirkung spielen. Der Fuhrpark von Brief- und Paketunternehmen ist ja auch oft ein Teil der corporate identity. Jeder weiß: Gelbes Postradl = Deutsche Post.
In allererster Linie geht es dabei um Kosten: Polizeifahrzeuge werden auch VOR dem Verkauf wieder "zivilisiert", das könnte DHL natürlich auch tun, aber bei den ollen Rädern ist entsorgen güstiger als aufbereiten...
 
Ein Reparaturlager kommt dann zum Einsatz, wenn die Gewinde in einem Rahmen zerstört sind.
Im Gegensatz zu normalen Lagern, die in das Gewinde im Rahmen eingeschraubt werden, verschraubt man die beiden hälften der Reparaturlager miteinander so das diese sich quasi im Rahmen festklemmen. Funktioniert sehr gut, man muss nur darauf achten das man es ordentlich angezogen hat.

Und danke für deine Storys aus der Werkstatt, die finde ich Klasse!
Dankeschön! Es freut mich, das meine Geschichten hier auf so großes Interesse stoßen!

In allererster Linie geht es dabei um Kosten: Polizeifahrzeuge werden auch VOR dem Verkauf wieder "zivilisiert", das könnte DHL natürlich auch tun, aber bei den ollen Rädern ist entsorgen güstiger als aufbereiten...
Deswegen habe ich ja geschrieben das es in erster Linie um versicherungstechnische Gründe geht.
Wollte die Post die alten Räder weiter verkaufen, müsste Sie diese erstmal in einen verkehrssicheren Zustand bringen. Das lohnt nicht bzw. dann könnten Sie die dinger auch einfach selbst weiter fahren.
 
Endgegner jedes Fahrradmechanikers. Ein FAG-Lager mit Plastik-Lagerschalen
Hallo miteinander

Bei meinem Freundlichen machen sie immer, wenn der Versuch im Guten mit dem FAG Werkzeug gescheitert ist.
Eine der Kunststoff Lagerschaden so heiß bis sie Matschig ist, dann kloppen sie das Tretlager durch.
Zweite Seite genau so, anschließend kann man die Reste mit einer Spitzzange rauspolcken zur Not halt nochmal erhitzen.
Anschließend mit Drahtbürste reinigen und im schlimmsten Fall Gewinde nachschneiden, Fertig.

Gruß Fripon
 
Ich habe sowas ja auch gerade hinter mir. Alst Tip noch, es ist manchmal hilfreich die Achse abzuschneiden. Dann lässt sich mit einem 3mm Bohrer am Lager entlang bohren. Ich habe zawr nachgeschnitten, war aber nicht unbedingt nötig, glaube ich jedenfalls ;)
 
Nach kein Bock mehr (wegen oben beschriebener Zerstörung der Kunststoff Nocken) kam bei mir der dicke Hammer.
Einfach Rahmen abstützen und rausgeklopft.
Ich habe allerdings auch ein ordentliches Werkzeug für FAG Lager gekauft, das die Patrone ganz umfasst.
 
Die abgenommene Kette von "Opa". Die Kettenmesslehre fällt komplett durch. Da kann keiner behaupten, hier wurde nicht äußerst ökonomisch mit dem Material umgegangen. :p
Ökonomisch verwertet ist sie erst, wenn Du Dir von der Kette samt Panade im Kaminofen noch einen warmen Abend gemacht hast - die sieht heizwertig aus!:giggle:

Die Beschreibung der Entfernung des eingerosteten Lagers ist prima, so ein Rad wird sonst unnötig als Totalschaden verbucht obwohl im Rest noch Leben gesteckt hat.

Das war ein Vorteil der alten billigen Schlagschalenlager: Sie hielten nie so lange, dass sie zwischen zwei Wechselintervallen nennenswert Rost hätten ansetzen können...
 
Lager Kaputtbohren ist aber eine gängige Praxis. Hab ich bei unseren Autos auch schon alles durch. Hinterachsbuchsen, erst den Kragen der Buchse wegsägen und dann schön 5mm Bohrer.. Alles was geht Kaputtbohren. Und dann mit dem speziell angefertigten Abzieher rausziehen.
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Ich habe ein Werkzeug für FAG Lager, das lässt sich mit der Kurbelbefestigungsschraube an der Tretlagerwelle festschrauben, dann rutscht es wenigstens nicht ständig ab und vermurkst die Verzahnung nicht so. Ansonsten stimme ich überein, dass die dinger scheiße sind…
 
Ich habe ein Werkzeug für FAG Lager, das lässt sich mit der Kurbelbefestigungsschraube an der Tretlagerwelle festschrauben, dann rutscht es wenigstens nicht ständig ab und vermurkst die Verzahnung nicht so. Ansonsten stimme ich überein, dass die dinger scheiße sind…
Genau so eins hab ich auch. Da erhöht die Quote der ausbaubaren Lager, aber Mist sind sie trotzdem.
 
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