CargoBike als Lebensunterhalt, möglich?

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Hallo Forum, hoffentlich bin ich hier richtig. Bin überzeugter Rad Fahrer und fast 50 Jahre alt. Meine Frage: Wie kann ich eine Existenz aufbauen auf einem Cargo Rad? Habe keine Arbeit außer „Nachbarschaftshilfe“, möchte aber endlich ankommen im Leben und etwas erreichen. Eigene Firma, Transport, Logistik. Kann das funktionieren?
 
Theoretisch kann man da was machen.
Aber realistisch ist das schwer Regionsabhängig.
Ob man damit eine Existenz aufbauen kann als Einzelperson? Hier bei uns fahren z.B. gar keine Fahrradkuriere rum. In Dortmund gibt es eine Kurierfirma.
Also Kuriere per Pedale sind hier nicht so etabliert, in Berlin glaube ich schon eher.

Viele Edeka haben doch einen Lieferservice für Einkäufe. Vielleicht könnte man in die Kerbe schlagen.
Jetzt hab ich letztens erfahren, dass es das sogenannte HONIGFAHRRAD gibt.
Schau dich ganz genau in deiner Region um und schau für wen so ein Service per Lastenrad Vorteile bringen könnte.

Bist Du Single oder musst Du davon eine Familie ernähren?
Was für Lastenrad hat Du?
In welcher Gegend wohnst Du?
 
Guten Morgen!

Deine Idee, etwas in Deinem Leben ändern zu wollen, finde ich super! Ich selbst habe immer schon gearbeitet, phasenweise auch selbständig, aber überwiegend angestellt.

Bei der Selbständigkeit, egal ob mit oder ohne Cargobike, spielen viele Sachen hinein, um die Du Dir sonst kaum Gedanken machen brauchst: Umsatzsteuer, Steuer-Vorauszahlungen, Versicherungen für das Gewerbe, vielleicht auch eine persönliche Absicherung für Verdienstausfall etc., die eigene Krankenversicherung (kann teuer werden), Werbung ...

Die Logistikbranche boomt ja seit einigen Jahren und die Städte werden immer voller, an und für sich eine gute Voraussetzung für eine Fahrrad-gebundene Transportlogistik. Hier in Berlin ist der Markt allerdings schon von vielen großen Playern besetzt und diese Firmen haben Vorteile: zentrale Auftragsannahme und dann Weitergabe per Funk oder Mobiltelefon, viele Kuriere, die jeweils Auftrags-nahe sowieso schon unterwegs sind (oder sein könnten) - diese spart Zeit und Wege. Vielleicht auch die Verfügbarkeit etwas unterschiedlicher Transportfahrzeuge. Werbung, Bekanntheit, Kooperation. Diese Vorteile kannst Du als Ein-Mann-Unternehmen nicht ausspielen und sie dürften sich aber in der Preisfindung für die Dienstleistung und letztlich im Gewinn widerspiegeln.

Im Weiteren wäre zu überlegen, ob Du Dir die ganze steuerliche und bürokratische Seite eines solchen Unternehmens zutrauen willst oder auch kannst.

Ich würde an Deiner Stelle nach einer Anstellung als Fahrradkurier Ausschau halten und dort Erfahrungen sammeln, um dann aus der Perspektive heraus die Selbständigkeit zu planen (oder zu überdenken). Natürlich kannst Du es auch einfach versuchen und loslegen, in diesem Fall würde ich aber auf jeden Fall eine Existenzgründer-Beratung in Anspruch nehmen und ggf auch die Finanzierung des Geschäftsmodells recherchieren (stattliche Zuschüsse, Kredite?). Ein Cargobike ist leider auch schnell mal geklaut, sie Erfahrungen hier im Forum, und wenn die berufliche Existenz daran hängt, dann wäre es zumindest gut, wenn das Rad versichert wäre und/oder die Finanzierung nicht allein an eigenen, klammen Ersparnissen hängt.

Solltest Du andererseits einfach loslegen wollen, Inserate in Nachbarschaftsportalen oder Kleinanzeigen und dann, klein-klein, Aufträge abarbeiten, dann lese Dich bitte unbedingt in die steuerliche / rechtliche Materie der beruflichen Selbständigkeit ein! Das kann gut gehen, aber man sollte, insbesondere als (noch) Bezieher von Transferleistungen, die Gesetze gut kennen, innerhalb der man sich bewegt.

Wünsche gutes Gelingen und Willkommen hier im Forum!
 
Dazu würde mir unser https://www.boxbote.de/ einfallen. Die haben mit einem Omnium und ein paar Rucksäcken angefangen und haben inzwischen eigene Warenlager, eine Flotte welche sich von und zu schreibt und gerade Corona hat denen noch mal einen riesen Schwung neuer Restaurants gebracht.

Egal ob Essen aus dem Restaurent, Apotheke oder am Sonntag einen Fahrradschlauch vom lokalen Fahrradladen, die liefern eigentlich einfach alles.

Bestellung lief anfangs über SMS oder WhatsApp an die Zentrale :-D
 
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Wow, das sind bereits sehr viele, sehr gute Antworten. Habe bisher noch kein Rad, der Gebrauchtmarkt ist teuer. So wie es ausschaut habe ich noch gezwungenermaßen Zeit: Werde mich als Nächstes um die oben genannten Grundlagen kümmern.
 
Zuerst müsste eine Marktumfeldanalyse gemacht werden:
Welche anderen Transport-, Logistik- und Kurierdienste gibt es - Post, DHL & Co., Taxi, firmeneigene Liferdienste und andere Kuriedienste.
Welche Waren, Güter und Dokumente können transportiert werden - Lebensmittel, Arzneimittel, Pakete, Post und Einkäufe.
Welche Lieferpreise können erzielt werden?
Wieviel potentielle Kunden liegen im Liefergebiet?

Dann ist ein Alleinstellungsmerkmal gut:
Du muss schneller, flexiebler und / oder günstiger sein als deine Marktbegleiter oder der Einzige vor Ort sein.

Das Unternehmerische:
Du musst Bekanntheit erzeugen, Werbung machen, Leute ansprechen können, eine Webpräsens haben.
Steuern, Finanzen und Buchhaltung müssen gemacht werden, Preise kalkuliert werden.
Zuverlässigkeit muss vorhanden sein.

Das Logistische:
Wie sieht das Liefergebiet aus - mehr Sternfahrten oder Sammelfahrten, feste Liefertouren?
Wie könnte die durchschnittliche Lieferzeit sein. Wieveiel Kilometer sind am Tag drin bzw. wieviele erfolgreiche Auslieferungen am Tag wären möglich?

Das sind erstmal die groben Fragen, die die Bank oder das Jobcenter für einen Kredit oder eine Existenzförderung haben. Mit einem Vernünftigen Cargobike, Werbung und anderen Investitionen sind da schnell 5ooo,- Euro zusammen, um loszulegen zu können.

Die nächste Frage ist, ob es unbedingt eine Lastenfahrrad braucht. Das macht nur Sinn, wenn man genug Kunden mit großen Versandstücken hat oder mehrere Fahrten gebündelt werden können.

Ansonsten gilt leider der dumme Spruch: Logistik ist kein Teil der Wertschöpfungskette. Heißt im Umkehrschluss: Du musst einen echten Mehrwert bieten.

Du sparchst von Nachbarschaftshilfe: Wie siehts denn mit deinem handwerklichen Geschick aus? Eine Sache, die sich mM gut mit einem Lastenrad kombinieren lässt, ist ein "Hausmeisterservice" - Winterdienst, Rasen mähen, Gardinen aufhängen, Waschmaschine anschließen, etc. Das Passt jetzt eher zum 3-Rad als zum 2-Rad, ist aber auch eine Möglichkeit, Radfahren mit dem Beruflichen zu verbinden.
 
Abgesehen von dem bisher genannten hier noch ein paar "Impressionen" was bisher schon unterwegs ist

In Nürnberg z.B. fährt das Souvlaki-Bike, sozusagen der Bio-Foodtruck, wobei Bio auf den Antrieb bezogen ist:

vegan gegrilltes bei der Røstprinzessin in Kiel:

mobile Baristas scheinen auch nicht ganz so selten:

In Berlin gibt es mehrere mobile Fahrradmechaniker wobei man dafür wohl auch Zweiradmechanikermeister sein muss:


Vielleicht gibt es ja bei Dir in Wo wie kann ich Geld verdienen? noch eine Nische die noch nicht besetzt ist...
Auf jeden Fall herzlich willkommen und viel Erfolg!
 
Hallo, @Hartz IV to Cargo!

Als ehemalige JobCenter-Erfahrene (Mann hat fertig studiert, jetzt Mittelstand - ich werd's nicht vermissen ^^) kann ich auch so einiges beisteuern, vor allem, da ich dieses Jahr auch ein Unternehmen gegründet habe. Das hat zwar nicht geklappt, aber die Steuernummer und Gewerbeanmeldung verfallen ja nicht, ich kann mir also in Ruhe etwas neues überlegen... waren trotzdem knapp 400 € für die Katz'. Und damit liege ich eindeutig im unteren Bereich des Risikos. :cautious:

Zuerst einmal kann ich dir nur, wie die anderen auch, raten, dir eine Anstellung in dem Bereich zu suchen. So ein Bike ist für einen JC-Kunden mit all den Regeln nur sehr schwer zu finanzieren. Natürlich gäbe es die Option eines Kleindarlehens durch das JC, aber dafür braucht man eine verdammt gute Begründung. Und Fahrräder gehören leider nicht zum Grundbedarf, genau wie Spülmaschinen.

In welcher Stadt wohnst du denn? Wenn es eine Großstadt ist, stehen deine Chancen auf Anstellung in dem Bereich besser, z. B. BurgerMe, Lieferando, und wie sie alle heißen. Unsere Citypost ist auch nur noch mit motorisierten Posträdern unterwegs, besonders am Berg extrem sinnvoll.

Wie trainiert bist du? Hast du ein normales Rad? Ohne jede Fahrpraxis würde ich dir davon erst einmal abraten. Besorg dir ein Gebrauchtrad für 20 € bei einer Pfändungsauktion der Stadt und fahr damit jeden Tag mindestens 30 Minuten, bei Wind und Wetter. Dadurch bekommst du einen ersten Eindruck über die Arbeitsbedingungen.

Mein Vater hat jahrelang für die Citypost gearbeitet (damals gab es die Motorisierung noch nicht), trotz diverser gesundheitlicher Probleme und massivem Übergewicht. Solange du mit einem Fahrrad klarkommst und nicht wetterscheu bist, wäre das meine erste Empfehlung. Man kann damit nicht reich werden, aber aufstocken auf jeden Fall.

Selbst wenn du dadurch nicht aus dem JC-Bezug herauskommst, wirst du doch mehr Geld für dich haben. Du hast den Grundfreibetrag von 100 € + 10 % von allem darüber. Beim klassischen 450 €-Job wären das 135 € mehr, das macht schon einen Unterschied, alleine schon psychologisch. Wenn du trotz Minijob in die Rentenkasse einzahlen möchtest kostet das 80 € im Monat (Mindestbeitrag). Dafür steigen aber deine Rentenansprüche, und es bleiben trotzdem 55 € übrig + massig Muckis vom Gewichte schleppen. Auch nicht verkehrt. "\_;)_/"

Gerade ohne finanzielles Sicherheitsnetz rate ich dir für's erste von Selbstständigkeit ab. Meine 400 € oben waren drei Monate sparen, ohne zurückstecken zu müssen - für dich ist das aber der gesamte Grundbedarf eines Monats (432 €). Da bleibt nix mehr für Essen & Co. übrig. So kann man in kürzester Zeit massive Schulden ansammeln, deswegen rate ich zu Vorsicht.

Ich will dich nicht unnötig herunterziehen. Jeder Hartz IV-ler träumt davon, das JobCenter los zu werden. Leider ist das nicht ganz so einfach, wie man das immer hofft.
 
Nachtrag:

Selbstständigkeit bei gleichzeitigem Bezug von Sozialleistungen ist außerdem eine denkbar ungünstige Angelegenheit. Das JobCenter 'verschenkt' kein Geld, weswegen du laufend nur vorläufige Bescheide für den nächsten Monat erhalten wirst, und am Ende jedes Monats ganz genau deinen Verdienst aufdröseln musst. Das wird ein Wirr-warr aus Nach- und Rückzahlungen und wahrscheinlich extrem stressig. Mir wäre das jedenfalls zuviel.
 
Wenn du bisher nur Freizeitradler bist, finde ich Sheearas Idee gut und noch ausbaufähig. Ich arbeite seit über 20Jahren mit dem Fahrrad, Zeitungen und Post. Richtig ist, dass man damit gerade auf Mindestlohn ist und ganz sicher nicht reich wird. Auch Ansehen erntet man nicht und man kann sich auch nicht wirklich für die tolle Leistung auf die Schulter klopfen. Aber für mich ist z. B. wichtig, daß ich auch etwas verdiene und diese Nische bekommt mir gut.

Was man aber nicht leugnen kann, ist, dass Freizeitradeln und Jobradeln mit Last körperlich ein großer Unterschied sind. Wenn ich richtig fit bin, bewege ich mich in der Gleitzone bis 850 Euro. Das kann ich aber in aller Regel nicht ständig halten und muß öfter im Jahr um ein Drittel reduzieren. Was mein Orthopäde gerne hätte, steht dann noch auf einem ganz anderen Blatt....

Bevor du dich in u.U. teure Selbständigkeit begibst, würde ich das erstmal risikolos ausprobieren.
 
Was ich auch noch vergessen habe - ich kenne in meinem Freundes- und Bekanntenkreis keinen erfolgreichen Vollzeitselbständigen der zumindest in der ersten Dekade im Schnitt unter 45 Stunden die Woche gearbeitet hat. Im Normalfall ehr im Bereich 50 bis 60 Stunden. Wie gesagt im Schnitt, also in machen Wochen auch gerne mal 80 bis 100 Stunden.
Selbst diejenigen die nur nebenberuflich Selbständig sind bzw. waren investier(t)en in der Regel mehr Zeit als ein geringfügig Beschäftigter.

Ohne Angestellte hast Du in der Regel auch kein Einkommen wenn Du nicht gerade arbeitest, sei es durch Krankheit, Urlaub oder einfach dem Bedürfnis mal einen freien Tag zu haben - oder sei es nur der Zeitausfall für nötige Behördengänge. Wenn dann Deine Kunden auch noch darauf angewiesen sind auch während Deiner Abwesenheit weiterhin die von Dir angebotene Leistung zu erhalten musst Du schon ein sehr "wichtiges" Alleinstellungsmerkmal besitzen, dass die Alternative zu Dir nicht nur ein temporärer "Kundendieb" bleibt.
 
@Hartz IV to Cargo: Wenn du uns verraten wolltest, wo ungefähr du lebst und arbeiten willst, dann können wir auch spezifischere Ratschläge geben. Und was evtl auch wichtig sein kann: was hast du gelernt, hast du was auf dem Papier vorzuweisen?
 
Ach, Papiere, ja. Ein paar habe ich, manche, wo ich Praktikum macht habe, haben gar nichts ausgestellt. Teilweise wurde noch nicht einmal der Rest-Lohn bezahlt. Ich wollte nicht nachtreten - es waren gute Menschen. Landwirtschaft.
 
Moin, in unserer Kleinstadt gab es den Versuch auch. Wie ich gerade lesen musste, leider nur bis Ende letzten Jahres.
Vielleicht kannst du da ja mal Kontakt aufnehmen und hören, was gut lief und woran es dann lag, dass der Plan letztlich nicht aufging.
 
Was @oerd und @mittendrin geschrieben haben. (y)


Mit Bullit und 2x Carla? Wow. Ich bin gerade sooo neidisch. :oops:

Das Problem war wahrscheinlich einfach, dass es nicht genügend Kundschaft gab. Und da geben einem die Tilgungsraten der aufgenommenen Kredite den Rest.

Die Zielgruppe waren Unternehmen, die Preise sehen ok aus. Aber auch nur für Unternehmen, die entsprechendes Volumen haben. Ist gut für die PR, das nennt man Greenwashing. Briefe und Pakete direkt von der Post abholen zu lassen ist allerdings billiger.

Kleinere Unternehmen können sich das vielleicht ein oder zweimal die Woche leisten, da kann ebenso gut der Chef das nach der Arbeit in einen Spaziergang einbauen (oder die Azubine auf dem Weg zur Straßenbahn *hüstel*). Unser Bioladen im Umland hat zwar auch eine Gemüsekiste (also quasi ein Wochenabo direkt vor die Haustür), aber das machen sie mit einem normalen Lieferwagen. Für Kühlsachen finde ich das auch sinnvoller, aber man könnte ja mal Fragen, wie das mit nur nicht-Kühlketten-Lebensmitteln aussieht. Der Haken daran ist eben, dass die meisten Leute gemischt einkaufen. Wenn ich dorthinfahre, hole ich mir meine Standard-Kühlsachen wie Milch und -produkte, und dann noch Nudeln, Gemüse o. ä. ohne Kühlbedarf.

Als Privatkunde wüsste ich jetzt auch nicht wirklich, wofür ich so einen Lieferdienst benötigen würde...

Wie gesagt, mangelnde Kundschaft, bzw. nicht bekannt genug. Eine Lieferinitiative von Bücherlädchen, Reformhaus und Apotheke wäre wahrscheinlich während Corona gut angekommen. ;)

Das + z. B. der Rewe-Abholservice. Ich bestelle Online und lasse dann durch ihn abholen und herbringen.
 
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