Bremsscheiben am Long John -- vorne klein, hinten groß?

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Hallo zusammen,

beim Long John mit 20"-Vorder- und 26"-Hinterrad bauen alle mir bekannten Hersteller vorne große und hinten etwas kleinere Bremsscheiben ein. Ich vermute, dass dies vom normalen Fahrrad mit gleichen Radgrößen übernommen wurde, aber frage mich, warum das eigentlich sinnvoll sein sollte.

Beim Long John ist wesentlich weniger Last auf dem Vorderrad, auch beim Bremsen ist die zusätzliche Belastung nicht sonderlich hoch. Das kleine Vorderrad bietet aber einen besseren Hebelarm für das Bremsmoment, daher ist die Bremse dort prinzipiell wirkungsvoller. Das Hinterrad hingegen trägt den Fahrer fast vollständig und kann damit auch wesentlich größere Reifenkräfte übertragen, dieses Potential wird aber von der kleinen Bremsscheibe gar nicht ausgenutzt. Um abzuschätzen, wie sich die Reifenkräfte bei gleicher Handkraft verteilen, habe ich mir daher die Hebelverhältnisse angeschaut und etwas gerechnet:

Reifenkraftverteilung Vorderrad:Hinterrad
28"-Alltagsrad, Felgenbremsen: 50%:50%
28"-Alltagsrad, Scheiben 180/160: 53%:47%
26"-Mountainbike, Scheiben 180/160: 53%:47%
20"/26"-Lastenrad, Scheiben 180/160: 59%:41%
20"/26"-Lastenrad, Scheiben 160/180: 54%:46%​

Alleine aus der tatsächlich zum Bremsen benötigten Handkraft hätte ich zwar einen größeren Unterschied erwartet, aber auch so ist klar: Mit vertauschten Bremsscheiben (160mm vorne, 180mm hinten) käme man dem bekannten Verhalten ein gutes Stück näher. Hat das jemand von euch so schon aufgebaut und gefahren und kann berichten, ob der Unterschied spürbar ist?

Ich überlege derweil, unser Bullitt umzurüsten. Da sind identische Adapter IS2000 auf Postmount verbaut, die mit F180/R160 beschriftet sind, also bräuchte ich wohl sowohl hinten als auch vorne einen neuen, oder?

t.
 
Moin auch,

also beim R+M Load ist das Standart so (v160 h203) und ich komme damit gut zurecht. Habe allerdings keinen vergleich zu einem anderem Lasti umgedrehter Scheibengröße.
 
Deine Beobachtungen teile ich. Gerade wenn ein Long John leer bewegt wird ist das kleine Vorderrad schnell damit überfordert, die doch hohen Bremsmomente auf die Straße zu übertragen. Sprich: Das Rad blockiert sehr schnell und der Sturz ist fast unvermeidlich.
Daher ist aus Sicht der maximalen Bremskraft und deren Verteilung eine kleine Scheibe vorn und eine maximal große hinten (e.g. Load) sinnvoll.
Die Erfahrungen musste ich schmerzhaft am Douze und am umgebauten Load (beide vorn 203er Discs) machen, dass 4-Kolben-Bremszangen, 203er-Scheiben und kleine Laufräder eine heikle Sache sein können, vor allem, wenn man etwas unsensibel mit dem Bremsgriff umgeht, und/oder es nass und rutschig ist.
Das aber steht im Wiederspruch mit der maximalen Standfestigkeit der Bremsanlage eines Lastenrades. Geht es beladen längere Gefällestrecken hinunter, im schlimmsten Fall solche Strecken, wo man nicht laufen lassen kann (z.B. Waldwege) und die thermische Belastung enorme Ausmaße erreicht, dann ist eine große Disc vorn immer besser als eine kleine. Je mehr Wärme abgeführt werden kann, umso besser.

Zu deiner Frage: Ja, der Unterschied zwischen großer und kleiner Disc vorn ist stark spürbar, die 203er Disc bei meiner 785er und der MT5 beißen brutal zu. Die Dosierbarkeit leidet deutlich, dafür steigt die Standfestigkeit. Die kleine Disc ist deutlich gutmütiger zu fahren, besser dosierbar, kocht aber auch schneller.
Es ist wie immer ein Kompromiss und die Frage, was man will. Ich für meinen Teil brauche eine große Bremsanlage (nach dem Motto viel hilft viel), da ich oft in den Bergen und sportlich unterwegs bin, für Pendelfahrten bei gemäßigten Geschwindigkeiten ohne lange Gefälle ist sicher eine kleinere Bremsscheibe vorn die bessere Option hinsichtlich max. Bremskraft und Dosierbarkeit.
 
Beim Long John ist wesentlich weniger Last auf dem Vorderrad,
Das kann ich so nicht bestätigen. Beim beladenen Lastenrad ist ordentlich Gewicht vorne. Zum Überschlag bekommt man das sowieso nicht, also schadet es auch nix. Bei beladenem Lastenrad hab ich vorne auch noch nie das Vorderrad zum blockieren gebracht - trotz 203mm Scheiben.

Ich habe tatsächlich hinten eine kleinere Scheibe montiert, aber nur deswegen, weil da keine größere reinpasst. Das ist möglicherweise auch der Grund warum manche Hersteller das so machen.

So möglich würde ich an einem Lastenrad immer die größten Scheiben verbauen, die möglich sind - egal ob vorne oder hinten. Es geht dabei auch nicht um die Bremskraft, sondern um die Standfestigkeit.
 
Gerade wenn ein Long John leer bewegt wird ist das kleine Vorderrad schnell damit überfordert, die doch hohen Bremsmomente auf die Straße zu übertragen. Sprich: Das Rad blockiert sehr schnell und der Sturz ist fast unvermeidlich.
Bei einem leeren Lastenrad kann das VR schon mal blockieren. Das kann bei einem normalen Rad bei Glatteis oder Schotter übrigens auch passieren. Beim Normalrad wäre der Sturz dann tatsächlich unvermeidlich. Beim Long John habe ich Stürze bisher stets vermeiden können, aber bei wegrutschen des VR auf Glatteis in einer Kurve (ohne Bremse). Also von unvermeidlich kann hier nicht die Rede sein. Mit etwas Geschick kann man das aussteuern. Mit einer schlechten Bremse kann man sowas aber nicht verhindern. Da verhindert man nur, dass man ordentlich bremsen kann, wenn das Ding mal 200kg+ wiegt.
 
Moin Schmadde,

beladen ist das natürlich ein ganz anderes Thema, da blockiert weder vorn noch hinten etwas, stimmt.
Ist der Hobel leer, blockiert vorn das Rad deutlich schneller und unkontrollierter als bei meine "normalen" Rädern, da das Bremsmoment deutlich höher (große Disc, kleines Rad) ausfällt als bei großen Laufrädern. Das Verhältnis Disc zu Rad ist deutlich anders, und daher reicht ein kurzer Zug mit einem Finger an der MT5 und das Vorderrad steht still, ob das Bike nun noch in Bewegung ist oder nicht.
Mit unvermeidlich war gemeint, dass wenn das Vorderrad mal ins rutschen kommt, die Asphaltflechte kaum noch zu verhindern ist.
 
Ich denke, dass an Lastenfahrrädern generell die größten verfügbaren Bremsen gerade recht sind. Falls es dabei mit dem Dosieren der Vorderradbremse Probleme gibt, könnte man statt über eine kleinere Scheibe auch über eine größere Pumpe nachdenken. Damit steigt die Handkraft (Dosierbarkeit) und der Druckpunkt wird härter (bei der langen Leitung evtl. willkommen), ohne dass die Standfestigkeit der Bremse leidet.
Jetzt müßte man halt mal in Erfahrung bringen, welche Armatur welchen Kolbendurchmesser aufweist, um so auf sinnvolle Kombinationen zu kommen. Kombinieren läßt sich dabei nur, was auch für's gleiche Bremsmedium (Mineralöl, oder Glykol) gedacht und gemacht ist, das dann allerdings herstellerübergreifend.
 
beladen ist das natürlich ein ganz anderes Thema,
Ich geh mal davon aus, dass die meisten von uns auch mal ihr Lasti beladen fahren, sonst bräuchte man ja keins ;) Und dafür müssen die Bremsen natürlich auch ausgelegt sein.
Mit unvermeidlich war gemeint, dass wenn das Vorderrad mal ins rutschen kommt, die Asphaltflechte kaum noch zu verhindern ist.
Wie gesagt, das kann ich für Long Johns so nicht bestätigen. Oben in meinem letzten Posting sollte das "auch bei wegrutschen des VR auf Glatteis", nicht "aber" heissen. D.h. mir ist das tatsächlich schon passiert, dass das VR weggerutscht ist. Nicht beim Bremsen, aber in Kurven. Ich konnte das bisher immer aussteuern - was bei einem normalen Rad aussichtslos wäre.
 
Hallo zusammen,

herzlichen Dank für die zahlreichen Gedanken dazu. Ich will sie mal der Reihe nach durchgehen und etwas ergänzen.

Dass R+M 160/203 verbaut, finde ich sehr interessant. Die Kombination führt zu einer Reifenkraftverteilung von 51%:49%, was schon sehr ausgewogen ist. Ich habe das nicht weiter betrachtet, weil in den Bullitt-Rahmen angeblich nur 180mm passen und wir auch nur eine solche Scheibe da haben.

Das Blockieren des Vorderrades ist bei mir ein reales Problem, vor allem in den vergangenen Wochen mit Spikes auf glatten Steinoberflächen. Ich fahre einmal wöchentlich in eine schick gepflasterte Unterführung hinein, wo ich dann bremsen und schieben muss -- bei dem Bremsmanöver geht reproduzierbar das Vorderrad weg, aber weil das Lastenrad eher träge reagiert, hatte ich noch keine kritische Situation.

Die Standfestigkeit sollte eigentlich bei getauschten Scheiben nicht verändert sein -- die kinetische Energie muss irgendwie in Hitze gewandelt werden, und ob ich das nun über 180/160 oder über 160/180 mache, macht keinen Unterschied. Klar: Wer im richtig bergigen wohnt, wird ohnehin größere Scheiben haben wollen. Bei uns ist das irrelevant, die höchste Erhebung ist hier die Eisenbahnbrücke. Auch Beladung ist bei uns unkritisch, denn das ist konstant Canopy + Maxi Cosi + Kind, also insgesamt ca. 20kg.

Den Gedanken, das hydrauliche System zu verändern, finde ich noch spannend. Das ließe sich auch mit unterschiedlichen Scheiben kombinieren, um wieder Standardbremsen nutzen zu können. Beispielsweise wäre die Kombination aus Zweikolbenbremse vorne mit 203mm-Scheibe und Vierkolbenbremse hinten mit 160mm-Scheibe bei gleichen Lenkerhebeln möglich. Unter der Annahme, dass dann auch die Bremskraft an der Scheibe bei der Vierkolbenbremse die doppelte ist, hätte man eine Verteilung von 45%:55%, also umgekehrt zu Gunsten des Hinterrades. Bei 180mm hinten würde sich das sogar zu 42%:58% verschieben. Ich kann nicht einschätzen, wie das zu fahren wäre, würde aber aufgrund der weniger ladungsabhängigen Hinterradlast auf ein vorhersehbareres Bremsverhalten tippen.

t.
 
Das Blockieren des Vorderrades ist bei mir ein reales Problem, vor allem in den vergangenen Wochen mit Spikes auf glatten Steinoberflächen. Ich fahre einmal wöchentlich in eine schick gepflasterte Unterführung hinein, wo ich dann bremsen und schieben muss -- bei dem Bremsmanöver geht reproduzierbar das Vorderrad weg, aber weil das Lastenrad eher träge reagiert, hatte ich noch keine kritische Situation.
Warum lässt Du dann nicht einfach die Finger von der VR-Bremse? So mache ich das auch, wenns rutschig ist und ich die volle Bremspower nicht brauche.
Die Standfestigkeit sollte eigentlich bei getauschten Scheiben nicht verändert sein
Die Standfestigkeit ist beim Lastenrad immer ein Problem, egal wie groß Du die Scheiben machst (im Rahmen von erhältlicher Technik). Es ergibt aus meiner Sicht überhaupt keinen Sinn, vorne eine kleinere Scheibe zu montieren als möglich ist. Da braucht man auch keinen Alpenpass dazu. Ein beladenes Lastenrad kann die Wärmekapazität einer kleinen Scheibe schon bei einer Vollbremsung aus hoher Geschwindigkeit gut ausschöpfen.

Die Idee, Bremskraftbegrenzung durch Veränderung der Scheibegröße zu betreiben finde ich komplett hirnrissig. Das wird nie funktionieren. Wenn ein blockierendes Vorderrad zum Problem wird, bleiben nur zwei Alternativen:

1. Bremsen lernen (die ist zu bevorzugen), ggfs besser dosierbare Bremsen montieren
2. eine Rollenbremse mit Bremskraftbegrenzer zu montieren. Aber auch das verhindert blockieren nicht zuverlässig. Es verhindert aber, genügend Bremskraft zu haben, wenn man sie wirklich mal braucht.
 
Die Standfestigkeit ist beim Lastenrad immer ein Problem, egal wie groß Du die Scheiben machst (im Rahmen von erhältlicher Technik).
Nach der Lesart ist Standfestigkeit immer ein Problem, auch beim 12"-Kinderrad. Irgendwann ist schließlich jede Bremse runtergeschliffen.

Mir geht's hier ganz schlicht um Dosierbarkeit und eine ausgewogene Verteilung der Reifenkräfte zwischen Vorder- und Hinterrad. Ich muss mit der Hinterradbremse einfach deutlich fester zupacken als mit der Vorderradbremse, um die gleiche Bremswirkung zu erzielen, und das ist Mist. Ich wechsele aber auch fast täglich zwischen verschiedenen Fahrrädern hin und her und bin es leid, bei dem Lastenrad das Gefühl zu haben, mich daran anpassen zu müssen. Das Fahrzeug muss zum Fahrer und zur Anwendung passen, nicht umgekehrt.

Ein beladenes Lastenrad kann die Wärmekapazität einer kleinen Scheibe schon bei einer Vollbremsung aus hoher Geschwindigkeit gut ausschöpfen.
Wie ich in meinem vorherigen Beitrag schrieb (Gut, im ersten stand das noch nicht), ist die Standardlast um die 20kg, gelegentlich auch mal mehr, aber niemals 100kg. Und da ist das auf gar keinen Fall ein Problem.
Die Idee, Bremskraftbegrenzung durch Veränderung der Scheibegröße zu betreiben finde ich komplett hirnrissig. Das wird nie funktionieren. Wenn ein blockierendes Vorderrad zum Problem wird, bleiben nur zwei Alternativen:
1. Bremsen lernen (die ist zu bevorzugen), ggfs besser dosierbare Bremsen montieren
2. eine Rollenbremse mit Bremskraftbegrenzer zu montieren. Aber auch das verhindert blockieren nicht zuverlässig. Es verhindert aber, genügend Bremskraft zu haben, wenn man sie wirklich mal braucht.
Ich denke, auf persönliche Angriffe können wir hier verzichten. Danke.

t.
 
Warum lässt Du dann nicht einfach die Finger von der VR-Bremse?

DassisjamaneSuppaIdee! :cool:

Die Kombination führt zu einer Reifenkraftverteilung von 51%:49%, was schon sehr ausgewogen ist.

Du rechnest dir da irgendwas zurecht, was nix mit der Realität zu tun hat, weil nämlich die reale Radlast in deinen Überlegungen nicht vorkommt. Die ändert sich dynamisch, abhängig von der (negativen) Beschleunigung und nimmt auch beim leeren Longjohn am Vorderrad größere Werte an als hinten, wenn, ja wenn man denn Bremsen kann. Das klingt jetzt vielleicht hochnäsig, issabbaso! Es ist sogar real so, dass kein Mensch die beiden Räder mit zwei Extremitäten (Hand oder Fuß) synchron über den gesamten Bremsvorgang hinweg an der Blockiergrenze halten kann. So multitaskingfähig sind wir nicht. Das Beste was man tun kann, ist sich auf's Vorderrad zu konzentrieren und das Hinterrad im Zweifel halt ein bisschen jammern zu lassen. So macht's z.B. jeder Moppedfahrer und solange es geradeaus geht (nur dann kann man überhaupt hart bremsen) ist ein blockierendes Hinterrad ja auch kein wirkliches Problem.
Am Vorderrad darf man niemals zugrapschen, sonst blockiert es sofort. Es ist dann nämlich noch keine Radlast da. Stattdessen gefühlvoll aber entschlossen anbremsen und mit der steigenden Radlast (= steigendem Vorwärtsdrang deiner selbst auf dem Fahrrad) die Bremskraft erhöhen. Das ist eine Sache von Sekundenbruchteilen und erfordert ständige Übung. Am normalen Fahrrad mußt du dabei unbedingt nach hinten aus dem Sattel und den Körper so weit wie möglich absenken. Die theoretisch mögliche Verzögerung von 1g erreichst du dennoch nicht, zumindest nicht ohne absenkbare Sattelstütze (die 'ne dritte Hand erfordern würde). Das Hinterrad steigt bereits weit vorher hoch, im Gefälle sogar noch früher. Wenn du mal 1g erfahren willst, mach einfach mal einen Liegestütz. Das was dann auf deinen Armen lastet, das ist 1g. Auf dem Motorrad bekommt man das evtl. hin, auf dem Fahrrad nie im Leben. Beim Longjohn müßte es jedoch möglich sein. Hab keinen, hab's also noch nie probiert.
Der langen Rede kurzer Sinn: Bremsen ist ein höllisch komplexer Vorgang, der ständiger Übung bedarf, damit man besser wird, ohne je gut zu werden. Ich hab's auch nach 'ner halben Million Kilometern auf dem Motorrad immer wieder geübt, bei allen Straßenzuständen, allen Wettern und allen Schräglagen. Und auf dem Fahrrad habe ich mich sogar beim Üben schon mal überschlagen. Shit happens. Und wenn man dann mal irgendwann ein Gefühl dafür hat, sollte man trotzdem nie auf die Idee kommen, man würde in einer realen Notsituation das Gleiche leisten, was man in einer mehr oder weniger kontrollierten Übungssituation hinbekommt.
 
Nach der Lesart ist Standfestigkeit immer ein Problem, auch beim 12"-Kinderrad. Irgendwann ist schließlich jede Bremse runtergeschliffen.
Mit Standfestigkeit ist gemeint: Die Bremse darf nicht überhitzen. Beim Lastenrad ist das nunmal sehr schnell der Fall. Gängige Bremssysteme sind auf Solo-Räder, teils ohne Gepäck ausgelegt. Schon bei einem Gesamtgewicht von >100kg bekommt so manche Bremse Probleme. Beim Lastenrad ist das sehr schnell erheblich überschritten. Bei einem 12" Kinderrad eher nicht.

Haltbarkeit ist eine andere Baustelle, die hier nicht zum Theme gehört.

Mir geht's hier ganz schlicht um Dosierbarkeit und eine ausgewogene Verteilung der Reifenkräfte zwischen Vorder- und Hinterrad.
Es ist ein Trugschluss zu glauben, das könnte man mit einer Veränderung der Bremsscheibengröße in den Griff bekommen. Beladung, Untergrund und Fahrsituation spielen hier eine viel zu große Rolle, um hier zu einem Ziel zu kommen. Dein Wunsch ist nachvollziehbar, aber er ist so nicht realisierbar.

Es war auch nicht meine Intention hier jemanden persönlich anzugreifen, ich kann auch nicht erkennen wo ich das getan habe. Falls Du Dich an dem Rat "Bremsen lernen" störst: das war völlig wertneutral und durchaus ernst gemeint. Viele Dinge muss man eben erst lernen. Das Bremsen in Grenzsituationen gehört dazu. Es ist wirklich gut, das mal zu üben, vor allem wenn man auch kleine Mitfahrer hat.

Die allermeisten Radfahrer können das nicht - und wenn sie dann mal mit ihrem Rad in einer Gefahrensituation voll reinlangen gehen sie vorne über den Lenker (bei einem normalen Aufrechtrad, nicht Lastenrad). Es ist z.B. durchaus sinnvoll bei glattem Untergrund nur mit dem Hinterrad zu bremsen, weil hier ein evtl. durchrutschen leicht abzufangen ist. Bei einem Long John ist im Gegensatz zum normalen Rad hinten auch genug Gewicht um hier ausreichend Bremskraft zu übertragen.
 
Du rechnest dir da irgendwas zurecht, was nix mit der Realität zu tun hat, weil nämlich die reale Radlast in deinen Überlegungen nicht vorkommt.
Muss sie auch nicht, solange man nicht an der Reibschlussgrenze bremst. Wenn ich mit beiden Händen gleich kräftig bremse, aber das eine Rad, zudem das weniger belastete, bereits deutlich höhere Reifenkräfte überträgt, ist das unintuitiv und schwieriger zu handhaben als ein Fahrrad, das bei gleichmäßiger Handkraft auch gleichmäßig Reifenkraft aufbaut. Mit dem Standard-Setup baut man einfach unwillentlich vorne wesentlich größere Reifenkräfte auf, lässt das Potential des Hinterrads ungenutzt, und kommt dem Kamm'schen Kreis ziemlich fix nahe. Und wenn der erreicht ist, bricht eben die Seitenkraft ein, und das Vorderrad geht weg. Wenn man von vornherein gleichmäßiger bremsen würde, wäre das Fahrrad besser steuerbar, gerade in kritischen Situationen, in denen man eventuell noch gleichzeitig ausweichen muss.
Das Beste was man tun kann, ist sich auf's Vorderrad zu konzentrieren und das Hinterrad im Zweifel halt ein bisschen jammern zu lassen.
Entschuldige bitte, aber meine Erfahrung ist komplett anders. Man merkt, dass du keinen Long John besitzt und das Fahrverhalten nicht kennt. Wie gesagt: Mit eher niedriger Beladung, also keine drei Zementsäcke. Ich kann mit dem Hinterrad deutlich höhere Reifenkräfte (das sind die zwischen Fahrbahn und Reifen) übertragen, weil die Radlast deutlich höher ist. Das ändert sich natürlich mit dem Bremsen, aber so heftig wie beim Upright ist die Veränderung nicht.
Der langen Rede kurzer Sinn: Bremsen ist ein höllisch komplexer Vorgang
Eure gut gemeinten Erklärungen in Ehren -- aber hier helfen sie nicht. Ich kann bremsen, und das war hier auch niemals die Fragestellung oder gar ein Problem.

t.
 
...ich kann z.b. nicht mit beiden Händen gleich kräftig bremsen - ich bin Rechtshänder, und das ist bei unseren Rädern die Hinterradbremse. In der Praxis reicht das dann für echt kurze Bremswege - theoretisch kann man das ja sehr weit aufdröseln...
 
was bei einem normalen Rad aussichtslos wäre.
In der Tat lässt sich ein wegrutschendes Vorderrad beim Long John gut einfangen. Bei normalen Rädern nur im absoluten Ausnahmefall (schon geschehen). Aber auch Long Johns kann man nicht alle gleich behandeln wegen der unterschiedlichen Geometrie. Beim Load ist es definitiv so, dass vorn die kleinere Scheibe mehr als ausreicht, auch bei 70 kg in der "Box" habe ich eher Sorge um die Gabel als um den rechtzeitigen Stopp. Beim Douze habe ich vorn und hinten gleich große Scheiben und wünschte mir hinten (!) eine größere. Alle anderen Räder (auch früher Motorräder) bremse ich mit 70-90-Prozent-Anteil vorn. Die hintere Bremse wird eher zum Stabilisieren oder eben bewussten Driften benutzt. Beim Motorrad bin ich schon 4 Wochen mit Gipsbein (rechts) gefahren, da ist die hintere Bremse fast überflüssig. Beim Butchers (kein Long John, ist mir klar) ist die Verteilung natürlich auch so: Es ist sogar mühelos ein Stoppie möglich (ohne Konder ausprobiert ...), hinten bringt das Bremsen kaum etwas.
 
sollte man trotzdem nie auf die Idee kommen, man würde in einer realen Notsituation das Gleiche leisten,
Na ja: Der Trick ist ja, den Vorgang so zu verinnerlichen, dass man in der Notsituation eben nicht mehr bewusst und kontrolliert handelt, sondern den Bremsvorgang internalisiert hat. Bitte nicht als Posen missverstehen, ich hatte mit meiner Maschine (Triumph 955 Speed Triple) auch schon Notsituationen, in denen es mehr als brenzlig war (blockierendes Vorderrad, in der Kurve gebremst und Maschine aufgestellt usw.), aber auch solche, in denen das 1000fach Eingeübte eben "automatisch" ablief und ich rechtzeitig stand.
 
die höchste Erhebung ist hier die Eisenbahnbrücke.
warum denkt man dann über Bremsen nach?


Reifenkraftverteilung von 51%:49%,
@RAD/CAM hat wahrscheinlich alles relevante dazu gesagt, aber ich frage mich seit dem Eingangsposting, wie du diese Verhältnisse der Reifenkraft ermittelst?
ich kann kann auch den Begriff Reifenkraft nicht mit Inhalt füllen... was ist das?

Aber das ist rein akademisches Interesse, meine 203er Disc vorn bleibt schön wo sie ist!
 
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