Bremsen und Achsen Christiania

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Moin, zusammen! Ich wohne in Berlin Kreuzberg und habe mir vor ca 14 Tagen ein gebrauchtes Christiania mit 7 Gängen und mechanischen Scheibenbremsen gekauft. Ich versuche aktuell, es auf Vordermann zu bringen. Leider habe ich Null Ahnung vom Einstellen der Scheibenbremsen. Als ich es bekam, hat es nach 200m angefangen zu quietschen. Ich habe die Backen weiter auseinandergeschoben, aber nun bremst das Bike nicht gut. Die Bremsen sind rot, was für ein Hersteller ist das denn und wie justiert man sie?

Außerdem habe ich festgestellt, dass die Steckachsen nicht ganz gerade sind. Ist das Absicht, um den sturz zu generieren oder muss man da was machen?

Ach, ja: kann man den Lenkungsdämpfer auch härter einstellen?

Danke für die Hilfe schon mal. :).

Viele Grüsse!. Nico
 
Hallo Nico,
1) Das wichtigste - besonders bei Lastenrädern - ist eine gute Verlegung und Zustand der Bremszüge. Schon beim Bau wird ein Kompromiss eingegangen: möglichst kurze Wege mit möglichst wenigen Umlenkungen des Zuges und Komfort bzw Sicherheit dass man nicht am Bremsenzug hängenbleibt (Lenken/Aufsteigen bei Dreirädern). Christiania geizen nicht mit Umlenkungen und Länge, also schon einmal eine ungünstige Startposition. Besonders ist auf Knicke im Bowdenzug zu achten, meist knapp nebem dem Bremshebel, aber vielleicht ist auch mal jemand ordentlich beim Durchstieg drübergestolpert, das sieht man nicht (gleich).
Korrosion in den Zügen kommt dann durch das Alter noch dazu.


2) Erst wenn diese Basis passt, soll/kann man sich den Scheibenbremsen zuwenden.
Die Besonderheit bei fast allen mech Scheibenbremsen ist, dass nur ein Bremsbelag bewegt wird, während der andere/innere starr bleibt. Beim Bremsen drückt also der bewegliche Belag auf die Bremsscheibe, diese wird leicht verbogen und berührt erst dann den starren Belag der somit etwas weniger zur Verzögerung beiträgt (auch langsamer verschleisst).
a) Aber man kann diesen Bremsbelag nachstellen, meist mit einem 5mm Inbus auf einer kreisrunden Fläche mit Ø=20...25mm umständlich durch die Speichen des Laufrades durch. Achtung bei manchen Modellen ist dieser 'Kolben' seitlich, unscheinbar unten durch eine kleine Madenschraube gesichert - diese also vorher lösen - und danach wieder leicht anschrauben!
b) Den Seilzug soll man so nachziehen dass bei Vollbremsung ein günstiges Hebelverhältnis wirkt, also ca 90° zum Bremsseil --> max langer Hebel!
c) Der 3te Parameter ist wie bei hydr Scheibenbremsen das Ausrichten des Bremssattels an sich, 2 Stück 5mm-Inbusschrauben.

Meine optimierte Vorgangsweise ist:
c) lösen
a) nachstellen bis guter/sinnvoller Druckpunkt. zu knapp geht nicht weil sonst ein Belag dauernd schleift.
c) prüfen/optimieren
c) parallel ausrichten und festschrauben. Zum erkennen des spalts unten taschenlampe oder weisses Papier hinhalten.
a) und c) wiederholen bzw feintunen. Besonders beim ersten Mal wirst du diese Schleife ein paar Mal durchlaufen bis die Bremse optimal eingestellt ist.


3) Jetzt hast du höchstwahrscheinlich gar nichts am Quitschen verbessert. Das liegt meist an öl-/fett-/gammel-belegten Belägen bzw der Bremsscheiben. Da die Beläge vermutlich noch nicht abgefahren sind (Stärke >0,5mm) , ausbauen mit Bremsenreiniger ein paar Mal reinigen (einwirken lassen), mit sehr sauberem Fetzen/Lappen/Küchenrolle abwischen.
Auf glatte Fläche ein grobes, ebenes Schleifpapier ~ Körnung 120 auflegen und Beläge in Achterbewegung anschleifen. sollten danach grau-messingfarben aussehen. schleifpapier mit -Staub entsorgen.
Bremsscheibe auch mit Bremsenreiniger reinigen und Küchenrolle abwischen. Mind 2x wiederholen, du siehst wieviel Dreck im Papier bleibt. Mit einem Stück Schleifpapier 80er Körnung richtig grob und fest die Bremsscheiben bearbeiten, das ist richtig anstrengend! Das Papier nachher stumpf und zu entsorgen.



Also am Besten beim Sanieren mit 3) beginnen, danach Probefahrt machen ob sich das Quitschen verbessert hat. Ein Tipp ist noch mit HeissluftPistole die Bremsbeläge und Scheibe vor der Probefahrt ordentlich erwärmen, bei Stadträdern bzw zarten BremserInnen kann man die Beläge so endlich einmal richtig 'freibremsen' wie ich das nenne. Bei E-Antrieb kann man sich dabei vom Motor helfen lassen, sonst heisst es 0,5...1,5km kräftig gegen pulsierenden/steten Bremswiderstand treten. Man merkt dann bald dass sich die Bremswirkung und das -geräusch ändern wenn die Dinger endlich einmal warm sind!
Quitschen die Bremsen imer noch sind die Beläge zu versifft und müssen getauscht werden. Bei abgenudelten Scheiben (also man 'polierte' schon länger die Bremsscheiben statt damit zu bremsen) sind auch die Bremsscheiben zu tauschen damit die Quitscherei ein Ende hat.


In diesem Video wird auch Aufmerksamkeit dem inneren 'starren' Belag geschenkt. Deine Bremsen werden einfacher aufgebaut sein, aber für das Verständnis (auch meines Textes :) ) hilft es vielleicht.
(ich habs nur überflogen, aber ich glaube es passt ganz gut).



Meines Wissens sind die Achsen beim Christiania parallel, ob eine frühere Überladung der Grund für den 'Sturz' ist? wenn die Bremsen nicht schleifen bzw die Achse kein seitliches Spiel hat sollte der Sturz anders begründet sein.



Der Lenkungsdämpfer ist nicht einstellbar, nur tauschbar. Aber das Torkeln gehört zum Christiania dazu, es ist für lange Strecken nicht (gut) geeignet, aber du wirst dich daran gewöhnen (müssen). :)


Gutes Gelingen!

lg
»Horst
 
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