Bakfiets long altes Modell umrüsten mit Mittelmotor möglich?

Nein, aber Überhitzung am Berg ist ein beliebtes Argument gegen Nabenmotoren. Diese laufen bei niedrigen Geschwindigkeiten (<10km/h) in einen sehr ungünstigen Arbeitspunkt mit niedriger Drehzahl. Mit modernen Motoren und Controllern mit Temperatursensor ist das eigentlich vorbei, aber selbst ohne läuft der Nabenmotor im 20"Rad fast 30% schneller bei gleicher Fahrgeschwindigkeit und entwickelt dadurch weniger Wärme und mehr Vortrieb.
Leuchtet ein. Wir haben jetzt einen Bafang BBS01b bestellt und uns gegen einen Frontmotor entschieden, obwohl wir das vordere Rad ja sogar neu einspeichen und damit leicht hätten einen Motor mit einbauen können...
 
Hier ein kleiner Bericht zum Umbau unseres Bakfiets Cargo long:

- Federgabel RST Capa
- Neues Vorderrad
- Hydraulische Scheibenbremse
- Mittelmotor Bafang BBS01B

Einbau der Federgabel RST Capa 20“:
- Separat gekauften Gabelschaft (1“ 160mm) auf ca. 140mm gekürzt (Gewinde ist lang genug)
- Schaft zusammen mit der mitgelieferten Buchse eingepresst
Wir haben das mithilfe einer entsprechend langen M12-Schraube, einem Rohr >140mm Länge und > 1“ Innendurchmesser, das über den Schaft passt, großen Unterlegscheiben und einer M12-Mutter gemacht.
- Schrauben der Klemmung angezogen

Einbau der stärkeren Federn (200mm, K=1.40) in die Gabel:
- Einstellschraube oben links herausgedreht
- Stopfen oben rechts herausgezogen (hier ist ab Werk keine Feder vorhanden)
- Links die Feder gegen die gewünschte Feder getauscht
- Rechts die zweite Feder mit zusätzlich benötigter „Einstellschraube für Vorspannung 23,5mm“ und „Kunststoffführung für Stahlfeder“ eingesetzt

Den Anlenkhebel für die Lenkstange haben wir aus dem Alu-Klemmteil eines alten Lenkervorbaus gebaut. Abgeschnitten, abgerundet und ein M8-Gewinde für den Kugelkopf-Bolzen hineingeschnitten (soll noch lackiert werden)

Anbau des Anlenkhebels an die Gabel:
- Federn entnommen
- Je Seite die innenliegende Inbusschraube z.B. mit mehreren aufeinander gesteckten ¼“-Verlängerungen und Inbusbit gegengehalten und die untere Inbusschraube herausgedreht
- Gabelschäfte aus dem Unterteil herausgezogen
- Anlenkhebel von unten aufgeschoben
- Gabel wieder zusammengebaut
- Den Anlenkhebel so hingedreht/geklemmt, dass die Position des Kugelkopfes zur Lenkachse ungefähr wie vorher bei der alten Gabel ist (der Hebel zeigt dann schräge nach hinten außen).

Nach dem Umbau auf die Federgabel passt der Lenkanschlag nicht mehr (Die Lenkung kann deutlich weiter eingeschlagen werden) und der Ständer hängt im ausgefederten Zustand in der Luft.

Bau des Laufrads:
- Felge „Andra 40 25-406 36-Loch“ in Nabe „Shimano HB-M6000 Center Lock“ mit Speichen „Sapim Strong 2,3mm – 2,0mm“ 180mm und 182mm eingespeicht
- Felgenband, Bremsscheibe „SM-RT54M 180mm Center Lock“, Schlauch und Mantel montiert

Einbau der Scheibenbremse:
- Bremssattel „BR-M395“ mit Adapter „SM-MA-F180P/S“ an Gabel montiert
- Bremsgriff „BL-M396“ am Lenker montiert
- Längere Bremsleitung „BH59/63“ mit ca. 2,5m Länge mit neuen Quetschdichtungen (Oliven) und Stützhülsen und den Überwurfverschraubungen der alten Leitung eingebaut und entlüftet (Shimano Entlüftungsset)

Einbau des Mittelmotors Bafang BBS01B 250W
- Kettenschutz abgebaut
- Alte Kette abgebaut
- Tretkurbeln mit Kurbelabzieher abgebaut
- Tretlager mithilfe eines Innenlager-Schlüssels (für Shimano BB und andere, 20 Zapfen) ausgebaut. Erst links den Schraubring(Rechtsgewinde), dann rechts das gesamte Lager (Linksgewinde) herausgeschraubt
- Motor von rechts in das Tretlagergehäuse geschoben.

Bei uns kollidierte der Teil des Motorgehäuses, in dem sich das große auf der Tretachse laufende Zahnrad befindet, am rechten, nach hinten laufenden Rahmenrohr. Es fehlten ca. 5mm. Wir haben daraufhin in diesem Bereich eine „Mulde“ in das Motorgehäuse eingeschliffen (Mit Dremel, Fräser und Schleifaufsatz). Unseres Erachtens muss das Gehäuse an dieser Stelle keine Kräfte aufnehmen.

- Von links die mitgelieferte Halteplatte aufgesetzt, Schraubring aufgeschraubt (haben wir vorsichtig mit einer Rohrzange gemacht) und Sicherungsring aufgeschraubt (mit Innenlagerschlüssel für Hollowtech II)
- Neue, längere Kette „CN-NX10 1/2' x 1/8'“ für das 46er Antriebsritzel angebaut
- Pedale auf die beim Motor mitgelieferten Kurbeln umgebaut (links Linksgewinde, rechts Rechtsgewinde) und Kurbeln an die Tretachse gebaut
- Display „C963“ und Geschwindigkeitssensor angebaut, alles mit dem Kabelbaum (kurze Version, 76cm) per Steckverbindungen verbunden und mit Kabelbindern fixiert.
- Der Einbau von Bafang-Magnet-Bremssensoren zum Aufkleben, der Wechsel auf ein Eggrider-Display und eine Optimierung der Motorparameter sind noch geplant

Einbau des Akkus 36V, 17,5Ah mit Gepäckträgerhalterung:
- Alten Gepäckträger abgebaut. Um an die vorderen Schrauben zu kommen haben wir das Schloss abgebaut.
- Akkuhalterung am neuen Gepäckträger verschraubt
- Neuen Gepäckträger angebaut. Dafür haben wir die vorderen Befestigungsstangen, die eigentlich zur Montage an seitlichen Gewinden am Rahmen vorgesehen sind, gekürzt und so gebogen, dass sie sich an den vorhandenen Befestigungslöchern montieren ließen
- Anschlusskabel mit denen vom Motor verlötet (kann auch mit den vorhandenen Steckern gesteckt werden)

Das Vorderlicht versorgen wir über einen Spannungswandler (36V auf 6V, einstellbar), der im vorderen Teil der Akkuhalterung untergebracht und über einen am Lenker befindlichen Schalter unterbrechbar an der Akkuspannung angeschlossen ist. Das Rücklicht ist im Akku integriert.

Wir sind mit dem Umbau bis jetzt sehr zufrieden. Die Federung funktioniert sehr gut und schlägt auch bei 80kg im Kasten und größeren Schlaglöchern noch nicht durch, die Federn könnten also eher schwächer gewählt werden.
Die Bremse hat trotz der langen Leitung einen guten Druckpunkt und hat auch bei voller Beladung ausreichende Kraftreserven (Wie das bei längerer Belastung z.B. bei Bergabfahrten aussieht, haben wir nicht getestet).

Der Antrieb setzt harmonisch ein, läuft angenehm leise und ist durch die Mitnutzung der Schaltung erstaunlich drehmomentstark. Beim Schalten (Shimano Nexus 8-Gang Premium) darf nicht zu viel Last auf dem Antriebsstrang sein, es muss also jeweils kurz aufgehört werden, zu treten.
Die Reichweite haben wir noch nicht getestet.

Gruß, Anika und Martin
 

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Hallo zusammen!
Danke für die tolle Dokumentation.
Das ist ungefähr auch mein Plan, schön, daß ich jetzt hier Hoffnung für´s Projekt schöpfe udn meine Zweifel ausgeräumt sind.
Schöne Idee mit dem Vorbau als Anlenkhebel - Da hätte ich drauf kommen können... Ich habe beim Babboe Alu-Frästeile aus dem Motorrad Zubehör (Scheinwerfer Halter für 1" Rohre) genommen udn für das Bakfiets den Hebel von Riese und Müller bestellt - Das empfehle ich aber nicht, der kostet als E-Teil 54,90 Euro. Ohne die 4 Inbusschrauben, wohlgemerkt.
 
Ich suche noch nach einer guten Lösung für den "schwebenden" Ständer nach dem Einbau der Federgabel. Wenn ich ihn einfach weiter nach unten setze passt die Fixierung nicht mehr. Wenn ich ihn verlängere würde er hinten über die Kiste überstehen.

Das könnte man durch ein Versetzen nach vorne beheben, aber ich bin kein Fan von Acht zusätzlichen Löchern im Boden der schönen neuen Kiste....
 
Wenn Du den alten, gelbverzinkten hast, kannst Du den aktuellen bestellen, der ist etwas länger.
Bevor ich das nach Installation der Ballonreifen gemacht habe, hatte ich je eine M 8 Mutter zwischen Kiste und Ständer Aufnahme.
Sonst fiele mir nur noch ein, einen Kunststoff Stopfen unten rein zu klopfen und dann den Gummifuss wieder aufzusetzen. Sind auch noch mal 3-5 mm.
 
Einbau der stärkeren Federn (200mm, K=1.40) in die Gabel:
Hallo @Bjarki,

hast du anstatt der 1x eingebauten "Feder K=0,79" nun 2x harte "Federn K=1,4" eingebaut? Wie sind die Erfahrungen mit Beladung?

Ich habe mir einmal den optimalen Federdruck durchgerechnet. Die neue RST Capa federt im Auslieferungszustand bei 40kg Last und leichter Federeinstellung voll ein. Es sollte links die Feder K=0,79 "normal" eingebaut sein, die rechte Seite ist leer, ohne Feder.

Nun habe ich das Vorderrad unter Last auf 60kg gewogen. Geht man davon aus, dass eine Federgabel unter Last im Stand 30% des Federweges einfedern sollte (Negativfederweg), so bräuchte man die 5-fache Federstärke, also 5 Federn á K=0,79 : ) Glücklicherweise gibt es ja härtere Federn mit K=1,40. Wobei zwei dieser harten Federn zusammen einen K-Wert von 2,8 haben und dann sind wir erst bei der 3,5-fachen Federstärke.

Daher nehme ich an, dass selbst mit den harten K=1,4 Federn unter Last die Federung noch zu weich sein dürfte?
 
Hallo @Bjarki,

hast du anstatt der 1x eingebauten "Feder K=0,79" nun 2x harte "Federn K=1,4" eingebaut? Wie sind die Erfahrungen mit Beladung?
[...]
Daher nehme ich an, dass selbst mit den harten K=1,4 Federn unter Last die Federung noch zu weich sein dürfte?
Ich möchte ebenfalls die Gabel ein- und umbauen, daher danke @Bjarki für die Beschreibung des Umbaus! Die Frage von dir @MSradler wurde oben glaube ich in Post#22 von Bjarki schon beantwortet, oder?

"Die Federung funktioniert sehr gut und schlägt auch bei 80kg im Kasten und größeren Schlaglöchern noch nicht durch, die Federn könnten also eher schwächer gewählt werden."
 
Ich habe teilweise noch Umrüstmaterial hier. Bei Interesse gern fragen.
Zum Beispiel eine Capa in 20", aber mit festem 1 1/8" Schaft, Spinner Grind, Federn, Stopfen....
 
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