Kann man so prakmatisch sehen, ja. Aber mit dem Verhalten trägt man dann halt auch zum "Die scheiß Radfahrer halten sich sowieso nie an Regel"-Klischee bei.
Das Klischee was dann gern wieder als Ausrede benutzt wird warum man die Bedingungen für Radfahrer nicht verbessern muss/sollte.
An dieser Stelle wird das vermutlich niemand denken. Ich bin von solchen Stellen auch regelmäßig genervt, weil es ins Gesamtbild passt, dass der Radverkehr oft immer nur das abbekommt, was übrig bleibt, wenn Autospuren, Parkplätze, Mülltonnen, Gastronomie usw. bedient sind.
In Köln gibt's z.B. ne Ecke (Weinsbergstraße / Gürtel), da wurde vor über einem Jahr neu gebaut, der Fußweg ist einfach schwarz asphaltiert ohne jegliche Markierung, es steht aber ein Schild geteilter Rad-Fußweg. Aber es gibt keine Markierung, schon seit deutlich über einem Jahr. Einem laufen da also potentiell ständig die Leute vor das Rad.
Wenn man alle 500m eine Stelle hat, an der man nur mit Regelbruch weiterkommt, oder beim Abbiegen keine Ahnung hat, wo man sich eigentlich hinstellen soll an der Ampel, oder auf gruseligen Wegen gegen die Fahrtrichtung fahren darf, dann haste halt keinen Bock mehr, das immer pragmatisch zu sehen.
Eine andere Stelle ist eine Radroute, die auf einer unbeleuchteten 70er-Strecke die Landstraße quert (Militärring) mit schlechter Sicht durch Alleebäume und ohne Mittelinsel. Ich traue mir das zu, auch bei Dunkelheit. Aber Familien, Kinder, ältere Menschen? Die müssen 400m weiter zur Ampel fahren, dort zwei Ampelphasen warten (laaaaange) und dann die 400m wieder zurückfahren. 500m weiter quert man die nächste Straße auf einer sehr steilen Fußgängerbrücke mit Drängelgitter auf beiden Seiten. Nach StVO muss man dort absteigen, die steile Rampe hochschieben, die Steile Rampe runterschieben, durchs Drängelgitter und dann wieder weiterfahren. Mit dem eLasti komme ich da halbwegs lang und missachte die StVO. Aber der ältere Herr, der eigentlich nur mit seinem Hund im Hänger mal Gassi fahren will, für den ist das fast unüberwindbar. Und es gibt an dieser Stelle keine Alternative.
Der Ordnungshüter der das ahndet ist noch nicht geboren und wenn der dann doch irgendwann existiert
bekommt der Richter Lachanfälle wenn er das durchsetzen soll.
Das denke ich auch, im konkreten Fall, isoliert betrachtet.
Es ist ein Dilemma. Wenn man solche Mängel anprangert, die erstmal eher wie eine Lapalie wirken und die man einfach umfahren kann, dann wirkt man schnell wie ein Prinzipienreiter. Macht man es nicht, bleibt's so.
Und in der Gesamtheit ist es dann doch keine Lapalie. 90% der Stellen, die mich in Köln und Bonn nerven (fehlende Wegplatten, Widersprüche in der Beschilderung, fehlende Aufstellflächen an Ampeln, gefährliche Querungen) sind, isoliert betrachtet, eine Lapalie. Da fährt man entweder aussendrum, oder steigt ab, oder nimmt eine andere Strecke oder einen Umweg in Kauf...
Zum Gesamtbild gefügt sind sie nervig, gefährlich und bestimmt ein Faktor, warum Menschen entweder gar nicht Rad fahren, oder einen eher entspannten Umgang mit der StVO pflegen.
Ganz zu schweigen davon, dass so was ja nicht nur für uns "Nerds" geplant werden darf, die sehr bewusst unterwegs sind, sondern für Kinder, alte Menschen und jeden/jede, die einfach nur Rad fahren möchte. Als Kriterium setze ich halt immer an: Würden Sie ihr 12-jähriges Kind hier fahren lassen? Macht sich als Betreff einer Mail an die örtlichen Radverkehrsbeauftragten ganz gut, mit solchen Bildern im Anhang.