Lastenfahrrad, 4 Kinder, extreme Steigung, Elektroantrieb

Kleinste zulässige Kettenübersetzung bei der Rohloff (Personen über 100 kg/Tandem):
Kette (Blatt/Ritzel) 42/17, 40/16, 38/15, 34/13 (Übersetzungsfaktor ~2,50)

Maximales Eingangsdrehmoment: 130Nm

Ist bei Rohloff.de nachzulesen.
Und was willst Du damit sagen? "Reicht"? Dann liegst Du richtig. Bei anderen Nabenschaltungen reichts halt nicht. Bei denen ist die Primärübersetzung meist auf ca. 2:1 beschränkt, die interne Untersetzung liegt etwa bei 1:2. Kommt auf +/- 1:1 als Gesamtübersetzung raus. Das reicht nicht für schwere Lasten an steilen Anstiegen. Bei der Rohloff sinds dann etwa 0,7 statt 1,0. Das ist schon spürbar besser.
 
Ich habe grad mal mit dem Kreuzotter Rechner gespielt: 200kg Sytemgewicht an 20% Steigung braucht 500W für 4.4km/h. Schneller wird es wohl nicht werden, außer @Heidi ist extrem gut trainiert.
Mit der kleinsten üblichen MTB-Übersetzung (22/34 am 26Zoll Rad) kommt man da auf eine Trittfrequenz von 56/min, was schon arg knapp ist. Allerdings bekommt man an keinen mir bekannten Tretlagermotor ein 22er Ritzel. Ich nehme also meine frühere Empfehlung zurück: Mit den gegebenen Randbedingungen kommt man da mit keinem "250W" Tretlagermotor hoch, die Schaltung geht einfach nicht weit genug runter. Höchstens wenn man eine Rohloff deutlich außerhalb der Vorgaben betreibt.

Interessanterweise beantwortet das auch die Zweirad/Dreirad Frage: Mit zwei Rädern wird balancieren bei der Geschwindigkeit langsam kritisch.

Ein S-Ped mit entsprechend stärkerem Motor (ca. 750W) würde gehen. 900W Leistung reichen schon für knapp 8km/h. Da kommt man dann mit einer Kettenblatt/Ritzel Kombi von 36/34 auf eine Trittfrequenz knapp über 60.
 
Mit der kleinsten üblichen MTB-Übersetzung (22/34 am 26Zoll Rad) kommt man da auf eine Trittfrequenz von 56/min, was schon arg knapp ist.


Ich sage nur: "Mountaingoat"!
Das ist ein 20'er Zahnrad für Vierarmkurbeln.
Geht anbeblich fast an jedem Rad zu montieren.
Ob es am Tretlagermotor geht, weil ich natürlich nicht.

Man könnte einen Cyclone nehmen und an ein viertes Kettenblatt vorne koppeln.
Den Cyclone gibt es auch mit mit deutlich mehr, als 500 Watt.

Aber fragt mich bitte nicht nach dem damit verbundenen Kettenverschleiß, wenn eine 3*8 Kettenschaltung (8 wegen breiteren Kettenlaschen, die länger halten.) am Tretlager mit 750 Watt oder mehr befeuert wird.
Mit der Legalität könnte das ganz vielleicht noch gehen, wenn man einen Controller nimmt, den die volle Leistung nur im unteren Geschwindigkeitsbereich freischaltet oder wenigstens sehr konservativ abregelt.

Und ein Cyclone mit Kopplung an ein viertes Kettenblatt ist auch sicher nicht so ganz einfach zu realisieren. Und auch sicher optisch nicht unbedingt elegant.
 
Ich habe grad mal mit dem Kreuzotter Rechner gespielt: 200kg Sytemgewicht an 20% Steigung braucht 500W für 4.4km/h.
500W Gesamtleistung sind zu wenig für eine 20% Steigung mit vollbeladenem Lastenrad. Glücklicherweise sind solche extremen Steigungen in der Realität meist sehr kurz - der gesamte Anstieg ist mit Sicherheit wesentlich weniger steil.

Ich denke wahrscheinlich sind eher so 700-800W notwendig. Sollte für ein kurzes Stück auch nicht das Problem sein, auch "250W" Motoren liefern kurzzeitig deutlich mehr als nur 250W. Bosch liefert IIRC max. ca. 500W, beim BionX fliessen auch gerne mal >1kW aus dem Akku (die aber bei niedrigen Geschwindigkeiten bei weitem nicht auf der Strasse ankommen). Und um einen ordentlichen Anteil Eigentleistung kommt man dann einfach nicht rum.

Eine 56er Kadenz halte ich bei solchen extremen Passage, übrigens für brauchbar. Nur muss man die dafür notwendige Untersetzung erstmal hinbekommen. Bei Rohloff ist das wie gesagt möglich, bei Kettenschaltung auch - aber nur, wenn der Mittelmotor die notwendigen kleinen Kettenblätter unterstützt. Mittlerweile gibts auch Ritzel bis 42 Zähne, da kann man dann schon was brauchbares basteln. Mit einer Nuvinci oder Shimano/SRAM Nabenschaltung hat man nicht den Hauch einer Chance, wenn man die Dinger nicht ganz weit ausserhalb der Spezifikation betreiben will, schafft man das nicht. Und wenn man das will, darf man sich auf Defekte einstellen.
Ein S-Ped mit entsprechend stärkerem Motor (ca. 750W) würde gehen.
S-Pedelecs dürfen max. 500W (Dauer)leistung haben. Aber solche gibts als Lastenräder gar nicht. Das einzige mir bekannte ist das Load und das hat den Bosch Motor mir nominell 350W (real ist das wohl der gleiche Motor wie die 250W Version, blos halt nicht so weit abgeregelt). Einzelzulassung praktisch unmöglich. Also wenn man meint, ein "250W" Motor schafft das nicht gibts kein legales Mittel.

Wir haben ja auch so eine Steigung bei uns vor der Haustür. Die hat punktuell noch deutlich über 20%. Die Nuvinci ist dafür nicht besonders gut geeignet. Aber viel fehlt nicht, ich denke mit passend ausgelegtem Getriebe wird das schon gehen.
 
Hallo Heidi,
also ich verstehe nicht, warum es sich die Kollegen so kompliziert machen. Wir hatten als Familie mit 4 Kindern die gleichen Anforderungen. Wenn man mal ein großes Zweirad Probe gefahren ist (z.B. Urban Arrow) merkt man schnell, dass man für unsere Anforderungen ein Dreirad braucht. Ein Zweirad kann man mit der Zuladung als normale Frau einfach kräftemäßig kaum halten beim Anfahren, Anhalten, manövrieren, Bordstein etc. Und am Berg kippt man mit einem Long-John einfach gleich um bei der geringen Geschwindigkeit. Dreirad mit Kiste vorne ist vielleicht nett in Kopenhagen, nicht aber im deutschen Mittelgebirge. Die Kiste macht was sie will bei 50km/h, lebensgefährlich!

Von allen Schaltungen außer Rohloff kann ich nur abraten, die mahlst Du mit der Zeit durch, das ist bei normalen E-Bikes schon ein Problem. Der Mittelmotor verstärkt den Effekt nur, also m.E. für Lastenräder prinzipiell ungeeignet für langjährige Nutzung. Da ist im Alltag dann einfach die Freude dahin und der tägliche Ärger groß. Und gefährlich ist es auch, wenn die Gänge nicht mehr sauber reingehen und durchdrehen. Nuvinci ist Murks aus meiner Sicht, hat Schlupf und ist für die großen Belastungen auch nicht gedacht. Mal abgesehen von der viel zu kleinen Übersetzung.

Mein Anspruch war: Vollbeladen jeden dusseligen Berg hochkommen. Und sicher wieder runter. Da blieb bei uns nur ein Modell übrig: Radkutsche Musketier mit folgenden Anpassungen:
-Rohloff mit Tandem-Option (verstärkt)
-Schlumpf Mountain-Drive (2,5 fache Untersetzung, ist laut Rohloff nicht freigegeben, aber die gehen auch davon aus, dass man in den Wiegeschritt geht beim Zweirad. Das kannst Du mit dem Dreirad gar nicht. Hab alles berechnet. Man darf halt nicht den Schlumpf einschalten und dann als 100-Kilo-Mann volle Kanne mit drauftreten. Kritische Pedalbelastung ist ca. 60 kg. Schicke Dir gerne die Berechnungen, telefonisch mit Rohloff durchgesprochen, die waren entspannt bei dem Thema.)
-Brake Force One (sehr knackige, leichtgängige Scheibenbremse)
-großer Akku; habe mir ne Isolierkiste vornedrauf gebaut, sodass es vorne mehr Gewicht hat und damit Traktion.
-bequemer, gebogener Lenker. Der Musketier-Standard ist m.E. vollkommen ungeeignet.
-mittlerweile gewechselt auf Maxxis High Roller Reifen. Die haben ordentlich Seitenwand-Stabilität und halten auch was aus. Die zuerst verbauten Schwalbe Crazy Bob haben beim erstbesten Rempler pfffft gemacht.

Wir haben mittlerweile ein paar hundert Kilometer hinter uns in allen möglichen und unmöglichen Fahrsituationen. Fazit: Es geht wunderbar. Am Berg habe ich eine Entfaltung von 0,6m, das brauch man bei 20%-Steigung. Man ist halt langsam, na und? Bergab kann ich mit bis zu 7,3m entfalten. Die Kiste fährt stabil auch mit 60 km/h bergab, ultrageil. Und wenn man sich verschätzt, geht ein Rad in die Luft, aber auf den zwei Rädern kann man immer noch einigermaßen lenken. Beim Nihola oder so bist Du da sofort mit der Nase auf der Straße.
Der Radkutsche-Nabenmotor ist untersetzt, hat also ordentlich Drehmoment und außerdem entlastet er die Schaltung statt sie zu belasten.

Was ich noch empfehlen würde:
-Riemenantrieb fragen, gibt es evtl. mittlerweile
-Differentialgetriebe. Das habe ich schon öfter brauchen können
-guten Scheinwerfer, nicht China-blimm-blimm sondern Edelux II oder so.

Kannst gerne mal zur Probefahrt vorbeikommen. Unser Modell gibt es so in der Form nicht noch einmal.

Viele Grüße
 
0,6m Entfaltung ist mal ne Ansage!
Wie ist bei der Radkutsche der Antrieb gelöst? Einseitig? Oder doppelter Freilauf?
 
Mit dem Antrieb bin ich nicht so ganz zufrieden, weil das Differential fehlt. Es wird nur das hintere linke Rad angetrieben. In der Ebene ist das egal. Am Berg ist es Mist. Ein Vorteil vom Musketier ist nämlich, dass man Dank dem Vorderradmotor kleine Serpentinen fahren kann, dadurch verlängert sich zwar der Weg aber die Steigung sinkt gleichzeitig. Aber durch den (Muskel-)Antrieb links hinten muss man bei der Linkskurve der Serpentine extrem schwer treten, bei der Rechtskurve geht es viel zu leicht. Man könnte das über die Übersetzung wieder glattziehen, indem man sich einen Wolf schaltet. Ich bin mittlerweile dazu übergegangen Z-förmig steile Anstiege hoch zu fahren. Nicht hübsch, aber funktioniert.
Wenn ich könnte, würde ich mittlerweile auf ein Differential mit Sperre versuchen zu bestehen. Ideal wäre natürlich soetwas wie eine Kardanwelle. Dann könnte man die Rohloff quer zur Fahrtrichtung verbauen in Kombination mit dem Differential, naja, nur so ne wilde Idee. Hätte aber diverse Vorteile, z.B. simplerer Aufbau und weniger Torsionskräfte an der Rohloff- bzw. -Halterung. Und die nervige Kette wäre weg und damit ein Großteil der Wartungsarbeit. Und einen teuren Riemen bräuchte man dann auch nicht.
 
Hallo Heidi, du beschreibst hier eine wahrlich anspruchsvolle Aufgabe und mir fällt spontan kein motorisiertes und zugleich legales (!) Gefährt ein, was diese Steigung mit vier Kindern macht. 10%, 12, 13% mag alles noch gehen, aber wenn´s 20 sind und tatsächlich wie im Bild gezeigt (oder vergleichbar) verläuft: oha ;-)
Die Idee des Mittelmotors, der die Untersetzung mit nutzt, ist sicherlich dienlich und ohne die Steigung wieder egal.
Da du sicher langsam da hoch fahren wirst (5-8km/h), kann der Motor die zusätzliche Untersetzung wegen der niedrigen Drehzahl gut gebrauchen. Auch ist vermutlich hier ein Dreirad nicht nur wegen der vier Kinder ausnahmsweise die bessere Wahl.

Alternativ lässt du dir z.B. einen 1000 Watt-Motor ins Hinterrad bauen - aber da verlassen wir die Legalität, kommen den Berge aber bestimmt gut hoch. Auch bei einem Zweirad könnte der Einbau vorne und hinten helfen, aber das bleibt dann auch nicht legal.

Eine Probefahrt ist auch eine Typfrage, die einen brauchen´s, andere nicht, beide haben für sich Recht.
In deinem Fall brauchst du aber eine Probefahrt vor Ort, bzw. eine identische Steigung, um die Steigung zu prüfen.
Das ist das Allerwichtigste, bevor du schaust, ob die Kinder drin sitzen können, oder nicht - das geht schon...
Was meint den BJY, kann das mit dem Butcher gehen? Ich hab da Zweifel...
Viel Glück und ich bin gespannt auf dein Ergebnis! Lars
 
Also für das Butchers kann ich berichten, dass eine gerade Steigung von 500 m und 12 - 18% Steigung (im Schnitt aber eher dann 14 - 15) kein Problem darstellt. Aber das Bubi ist an sich natürlich auch recht leicht (36 kg) und wir sprechen in diesem Fall von nur einem 1,5 jährigen in der Kiste. Ich könnte das ja mal mit dem Mittleren (5 Jahre) noch zusätzlich vorne drinnen testen. Das wird aber noch immer um Welten leichter sein als z.B. ein Christiania mit 4 Kindern und nicht als Vergleich taugen.
 
Also bei mir klappt das mit dem Musketier und Schlumpf ganz gut, auch mit allen vier Kindern drin. Und es ist legal. Mit dem Musketier hat man durch den Vorderrad-Antrieb auch die Möglichkeit beliebig viele kleine Serpentinen zu fahren. Da werden aus 20% Steigung schnell nur noch 10%. Man muss auch nicht immer an der steilsten Stelle den Berg hoch. Hätte-Hätte-Fahrradkette-ich-noch-Differential, wäre es noch einfacher.
Bei 350kg Gewicht hast Du bei 20% Steigung ca. 70kg Hangabtriebskraft. Bei Entfaltung von 0,56m in meinem kleinsten Gang und Umfang von 1,10m an den Pedalen muss man quasi die Hälfte des Gewichts aufs Pedal bringen, also 35kg . Ist ordentlich, aber ist ja auch nur für kurze Stücke. Und ohne Motor gerechnet. Der tritt ja rein wie ein Tour-de-France-Fahrer und entlastet. Klickpedale würden das natürlich auch wesentlich vereinfachen/sicherer machen. Mit einem Dreirad kein Problem, weil man ja nicht umfallen kann.
 
Der Elektromotor hat so ca. 70Nm Drehmoment, wenn ich mich recht erinnere, entlastet also bei 24"-Rad ca. 25kg Hangabtriebskraft. Entsprechend musst Du ca. ein Drittel weniger Gewicht aufs Pedal bringen, ca. 23kg. Mit Klickpedalen halbiert sich das noch, verteilt auf zwei Beine, rein rechnerisch. Nimm einfach eine Personenwaage, setz Dich auf einen Stuhl und drück mit dem Fuß auf die Waage. Das meiste übernimmt quasi die Schwerkraft von allein, wie Du sehen wirst. Sind lediglich ein paar Kilo zusätzlich, die man durch drücken aufbringen muss.
Genug der Theorie: In der Praxis klappt es, selbst wenn ich mich verrechnet hab :)
 
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